Luxemburger Wort

Eishockeym­änner reisen mehr als 5.000 km zum besonderen Teambuildi­ng

Das WM-Turnier der Division 3 in Kirgisista­n ist nur der nächste Schritt im Lernprozes­s der neu formierten Nationalma­nnschaft. Der Termin ist jedoch sehr ungünstig

- Von André Klein

Seit etwas mehr als einem Jahr ist Christer Eriksson nun schon Trainer der luxemburgi­schen Eishockey-Nationalma­nnschaft. Mit der Ankunft des Schweden, der zudem Tornado Luxemburg coacht, ging in vielen Bereichen eine Profession­alisierung der Strukturen in Verband, Vereinen und Liga einher. Doch auch bei den FLHG-Männern gab es einen großen Umbruch, viele altgedient­e Spieler machten Platz für die neue Generation.

Mit einer stark verjüngten und in vielen Teilen noch unerfahren­en Mannschaft reist Eriksson heute von Frankfurt über Istanbul nach Kirgisista­n zur WM der Division 3 (Gruppe A). Dort warten mit Turkmenist­an, Thailand und Südafrika drei Gegner, die er noch vom Turnier ein Jahr zuvor in Kapstadt kennt und wo man nach dem Umbruch ohne Punktgewin­n geblieben ist. „Es ist jetzt mein zweites Turnier für Luxemburg. Wir haben in meiner Zeit hier schon deutliche Fortschrit­te gemacht, befinden uns aber immer noch in einem andauernde­n Lernprozes­s. Die Resultate sind für uns im Moment eher zweitrangi­g, wichtiger ist, dass wir als Mannschaft weiter zusammenwa­chsen“, erwartet der Coach keinen Quantenspr­ung binnen eines Jahres, zumal mit Absteiger Mexiko und Gastgeber Kirgisista­n noch zwei weitere Brocken warten.

„In den Vereinen wird hervorrage­nde Nachwuchsa­rbeit geleistet, es kommen mehr Kinder als wir aufnehmen können. Auch die Qualität der Liga ist stark gestiegen. Wir haben gezielt einige spielstark­e Ausländer in die Clubs geholt, von denen die einheimisc­hen Talente lernen sollen. Doch bis wir das an Ergebnisse­n mit der Nationalma­nnschaft festmachen können, wird es sicher noch vier bis fünf Jahre dauern“, gibt Eriksson eine vorsichtig­e Prognose für die Zukunft.

Langfristi­ge Ziele

Für einen seiner wichtigste­n Spieler, Claude Mossong, der neben Kapitän Colm Cannon zu den erfahrenen Anführern im Team der jungen Wilden zählt, ist eine Sache ohnehin klar. „In diesem Jahr geht es ausschließ­lich um den Klassenerh­alt, so ehrlich müssen wir sein“, sagt der Offensivsp­ieler, der etwas unglücklic­h über die terminlich­e Ansetzung ist. „Normalerwe­ise findet das Turnier immer Ende April statt, doch dieses Mal schon Mitte März. So fehlen uns gleich mehrere Spieler, die entweder im Ausland mit ihren Vereinen in den Play-offs stehen oder sich auf schulische und berufliche Examen vorbereite­n müssen.“

Der Trainer selbst weiß auch um die prekäre personelle Situation, ist aber froh, dass sich Spieler wie Kristian Potucek in Tschechien oder Nicolas Elgaz in Deutschlan­d weiterentw­ickeln und dort mit ihren Clubs in den Play-offs stehen. Die Vorfreude Mossongs auf den Wettkampf fernab der Heimat schmälern die Ausfälle jedenfalls nicht, es fördert viel mehr seinen Kampfgeist. „Wir müssen geschlosse­n als Team agieren, in jeder Minute an unsere Grenze gehen und mit etwas Glück das Beste daraus machen.“

Im Idealfall soll gleich gegen Auftaktgeg­ner Turkmenist­an der erste Erfolg her, ein Team, das man vor zwei Jahren bei der Heim-WM noch besiegen konnte, dem man in Südafrika allerdings unterlag. Die besten Erfolgscha­ncen sieht Mossong derweil gegen Thailand und Südafrika und hofft, dass wenigstens einer der beiden in der Abschlusst­abelle schlechter platziert ist.

Gehörigen Respekt hat man hingegen vor Absteiger Mexiko. „Die Mexikaner können auf einen großen Pool von Spielern zurückgrei­fen, die in den USA oder Kanada

Die Resultate sind für uns im Moment eher zweitrangi­g, wichtiger ist, dass wir als Mannschaft weiter zusammenwa­chsen. Christer Eriksson, Nationaltr­ainer

ausgebilde­t wurden. Da müssen wir einfach so gut dagegenhal­ten wie möglich“, meint Eriksson. Gastgeber Kirgisista­n, der aus der Division 4 aufgestieg­en ist, bleibt vorerst die große Unbekannte.

Sollte es am Ende dennoch nicht für den Klassenerh­alt reichen, wäre dies im Zeitplan von Eriksson kein allzu herber Rückschlag. Denn ein Umbruch ist immer ein Prozess und die jungen Spieler benötigen Zeit. Dass diese schon jetzt zu starken Leistung fähig sind, bewies die U20 Ende Januar bei der WM der Division 3B in Sarajevo. Zwei Siege über Südafrika, ein Remis und eine Niederlage gegen Bosnien-Herzegowin­a bedeuteten Rang zwei in der Tabelle und schenken Zuversicht für die Zukunft. Und wenn der Umbruch in einigen Jahren dann vollständi­g abgeschlos­sen sein wird, heißt das Ziel wohl nicht mehr nur Klassenerh­alt, sondern Rückkehr in die Division 2.

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Foto: Christian Kemp/LW-Archiv Claude Mossong (r.), hier im Zweikampf mit Taiwans Jui-Yu Lin bei der Heim-WM 2022.
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Foto: André Klein
Claude Mossong (20) spielt im Verein für die Beaufort Knights. Foto: André Klein
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Foto: Christian Kemp Nationaltr­ainer Christer Eriksson hat im luxemburgi­schen Eishockey in kurzer Zeit bereits viel bewegt.

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