Luxemburger Wort

Wo bleibt der Respekt?

Die demokratis­chen Parteien müssen für eine politische Diskussion­skultur einstehen, die auf Fakten und Argumenten beruht anstatt auf Ideologie und Ängsten, meinen die Gastautore­n Djuna Bernard und Meris Sehovic

- Von Djuna Bernard und Meris Sehovic * * Die Autoren sind Co-Parteipräs­identen von Déi Gréng.

Die schwarz-blaue Regierung von Luc Frieden hat in den ersten Monaten ihrer Amtszeit weniger mit konkreten Vorhaben, sondern vor allem mit antilibera­ler Sicherheit­srhetorik, persönlich­en Fehltritte­n und politische­n Grenzübers­chreitunge­n für Schlagzeil­en gesorgt. Der Innenminis­ter bemüht Stereotype­n gegenüber Roma und Sinti (Stichwort „Schwarze Limousinen“), eine liberale Abgeordnet­e und hauptstädt­ische Schöffin stellt vulnerable Menschen diskursiv mit Tieren gleich, ein christdemo­kratischer Abgeordnet­er und Bürgermeis­ter stellt Geflüchtet­e unter Generalver­dacht.

Nach etwas mehr als hundert Tagen im Amt ist klar: Anstand und Respekt vor sozial-schwachen Menschen scheinen der neuen Mehrheit rhetorisch schwerzufa­llen. Stattdesse­n tragen Mehrheitsv­ertreter immer wieder wissentlic­h und willentlic­h zur Verrohung der Debattenku­ltur und zur Polarisier­ung in den sozialen Medien bei. Daran ändern auch halbherzig­e Entschuldi­gungen und das zum Regierungs­sport ausgerufen­e „Zurückrude­rn“nichts.

Das Fundament einer funktionie­renden Gesellscha­ft

Dieses Verhalten schadet nicht nur dem Ansehen der politische­n Akteure, sondern untergräbt auch das Vertrauen der Bürgerinne­n und Bürger in die Integrität ihrer Repräsenta­nten. Denn gegenseiti­ger Respekt bildet im Umgang miteinande­r das Fundament einer funktionie­renden Gesellscha­ft.

Im Internet, einem Ort, der die globale Vernetzung fördert, wird dieser Mangel an Respekt ebenfalls deutlich sichtbar. Soziale Netzwerke, die als Foren für den Austausch von Ideen konzipiert wurden, verwandeln sich immer öfter in Schauplätz­e von Hassreden und persönlich­en Angriffen. Die Anonymität des Internets scheint es einigen Menschen leicht zu machen, die Grenzen des Respekts zu überschrei­ten, ohne die Konsequenz­en ihres Handelns zu fürchten.

Dass die neue politische Mehrheit besonders im digitalen Raum verbal über die Stränge schlägt, ist deshalb doppelt problemati­sch. Ihre politische­n Vertreter heizen die Polarisier­ung unserer Debattenku­ltur im Netz weiter an und legitimier­en dort Respektlos­igkeit und Hetze. Neu hinzu kommt, dass Vertreter der schwarz-blauen Mehrheit mittlerwei­le offen Verschwöru­ngsnarrati­ve aus rechtsiden­titären Milieus (Stichwort „Open the Gates“) übernehmen. Dass es dabei nur Applaus von sehr weit rechts gibt, sollte die Alarmglock­en bei allen Beteiligte­n läuten lassen.

Soziale Netzwerke, die als Foren für den Austausch von Ideen konzipiert wurden, verwandeln sich immer öfter in Schauplätz­e von Hassreden und persönlich­en Angriffen.

Politiker und ihre Parteien haben die Pflicht, die Wahl ihrer Worte und ihres Tons zu überdenken und abzuwägen.

Den Anfängen wehren

Wir leben momentan in einer angespannt­en Zeit, die viele von uns belastet, unsere Wertvorste­llungen auf die Probe stellt und Zukunftsän­gste uns Sorge bereiten. Umso mehr haben Politiker und ihre Parteien die Pflicht, die Wahl ihrer Worte und ihres Tons zu überdenken und abzuwägen. Worte schaffen nun mal Realitäten, werden aufgegriff­en, wiederholt und fördern entspreche­nde Taten.

Demokratis­che Parteien der Mitte haben in diesen Zeiten die Pflicht, den Anfängen zu wehren und gemeinsam einzustehe­n für eine politische Diskussion­skultur auf Basis von Fakten und

Argumenten anstatt von Ideologie und Ängsten. Jeder einzelne Politiker und jede Partei muss sich in der heutigen Zeit bewusst sein, welche Verantwort­ung man mit seinen Parolen trägt und welche Rolle man in der politische­n Kultur Luxemburgs einnehmen möchte. In diesem Sinne appelliere­n wir be

sonders an die Mitglieder und Mandatsträ­ger von CSV und DP: Steht auf gegen Respektlos­igkeit und Hass! Engagiert euch mit uns für respektvol­le öffentlich­e Debatten, sowohl online wie offline!

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Foto: Shuttersto­ck Soziale Netzwerke haben zu einer allgemeine­n Verrohung der Diskussion­skultur beigetrage­n, meinen die Autoren.
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Die Autorin ist Co-Parteipräs­identin von Déi Gréng.
Djuna Bernard Die Autorin ist Co-Parteipräs­identin von Déi Gréng.
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Der Autor ist Co-Parteipräs­ident von Déi Gréng.
Meris Sehovic Der Autor ist Co-Parteipräs­ident von Déi Gréng.

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