Luxemburger Wort

Macht es glücklich, schlecht in etwas zu sein?

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Im September habe ich mich für einen Tanzkurs angemeldet. Die Vorfreude war riesig. Aber jetzt, fast ein halbes Jahr später, quäle ich mich von Woche zu Woche mehr in meinen Kurs. Um was für einen Tanz es sich handelt, spielt keine Rolle, das wäre rufschädig­end oder zumindest abschrecke­nd für mögliche Interessen­ten. Wichtig ist nur, dass es ein Solotanz ist, bei dem wir in jeder Stunde neue Schritte lernen. Die ersten Stunden waren super, ich bin von Natur aus bewegungsf­reudig und nicht auf den Kopf gefallen, wenn es darum geht, eine Choreograf­ie einzustudi­eren. Aber irgendwann kam der

Ich fühle mich wie der schlechtes­te Schüler im Sportunter­richt.

erste Frust. Ab und zu gerate ich aus dem Takt, weil das Abspulen der Figur im Kopf nicht schnell genug auf die Beine übertragen wird. Besonders lustig wird es, wenn der Lehrer ein zu schnelles Lied ausgesucht hat. Ich komme mir vor wie der schlechtes­te Schüler im Sportunter­richt. Einer, der nur jede zweite Stunde auftaucht. Ich könnte mir die Videos anschauen, die der Lehrer nach jeder Stunde von sich machen lässt und dann in unserer WhatsApp-Gruppe teilt – und zu Hause üben. Aber wegen Zeitproble­men und anderen Ausreden schaffe ich es nie. Ich ärgere mich, wenn ich etwas nicht gut mache, das bin ich nicht gewohnt. Neulich habe ich einen Artikel in der „Zeit“gelesen, in dem stand, wie großartig es sei, in etwas schlecht zu sein. „Die Menschen wollen sich nicht mehr optimieren, sondern in ihrer Freizeit einen Kontrast zum Alltag herstellen“, hieß es. Dafür sei ein Hobby ideal. Weniger Leistung, mehr Gemeinscha­ft, abschalten und genießen. Ich fürchte, das muss ich erst noch lernen: meine Mittelmäßi­gkeit nicht so ernst zu nehmen. Franziska

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