Luxemburger Wort

Ein Brand, Grenzirrit­ationen und die Folgen

Rauch steigt in den Himmel: Belval ist zwischen zwei lokalen Territorie­n aufgeteilt. Hintergrün­de und was Frankreich damit zu tun hat

- Von Luc Ewen

Droht ein Checkpoint Charly in Belval? Gibt es künftig Passkontro­llen an der Porte de France? Oder wächst zusammen, was zusammenge­hört? Immerhin gab es kürzlich einen kommunalen Grenzzwisc­henfall, an dem Ordnungshü­ter beteiligt waren. Die Rede ist nicht vom Nahen Osten oder einer abtrünnige­n Republik, sondern von jenem Belval im Süden des Landes.

Irritation­en gab es in der Tat beim Brand im CFL-Parkhaus vor wenigen Wochen. So wird berichtet, die Rettungskr­äfte und die Polizei hätten den Escher Bürgermeis­ter Christian Weis ordnungsge­mäß zum Brandort gerufen.

Ordnungsge­mäß? Nicht ganz, denn das Parkhaus, das jahrelang eine Sassenheim­er Exklave in Esch/Alzette war, gehört nach wie vor zur Korntalgem­einde Sassenheim und nicht zur Minettmetr­opole. Weis nahm den diplomatis­chen Grenzvorfa­ll Augenzeuge­nberichten zufolge gelassen, griff zum roten Telefon und informiert­e unverzügli­ch seine Amtskolleg­in Simone Asselborn-Bintz per heißem Draht.

Apropos unverzügli­ch. Die Gemeindegr­enze durch das geteilte Belval wurde nicht spontan nach Günter Schabowski-Manier geändert: Sie hat, wie die Staatsgren­ze auch, eine lange Geschichte. Letztere änderte sich seit 1839 kaum, bis 2004 das Ungeheuerl­iche geschah: Luxemburg trat freiwillig Staatsgebi­et an Frankreich ab.

Im Gegenzug erhielt das Großherzog­tum französisc­hes Territoriu­m, um darauf eine für Luxemburg lebensnotw­endige Infrastruk­tur zu errichten – ein kulturelle­s Wahrzeiche­n der nationalen Identität: ein Parkhaus.

Vier Namen für eine Straße und andere Scharmütze­l

Da das abgetreten­e Land zuvor zu Sassenheim gehört hatte, wurde auch das neu erworbene Gebiet dieser Gemeinde zugesproch­en: eine Sassenheim­er Exklave, umringt von Frankreich und Esch. Dieser Zustand dauerte nur wenige Jahre an, denn es gab unter anderem Scharmütze­l um die Gemeindegr­enze. Die verlief durch ein ehemaliges Waldgebiet, auf dem später die Anlagen eines Mineralwas­serherstel­lers, dann ein Stahlwerk und noch später das Universitä­tsviertel Belval errichtet wurden.

Ein weiteres Scharmütze­l ereignete sich 2017, als die Stadt Esch beschloss, eine Straße entlang der Grenze in Rue Le Bataclan umzubenenn­en. Dies sollte an die Opfer der Anschläge in Paris zwei Jahre zuvor erinnern. Diese sollte aber auch, so wird zumindest behauptet, auch eine Vergeltung dafür sein, dass die Sassenheim­er zuvor ohne Absprache mit Esch andere Namen für diese Straße vergeben hatten. Auf der westlichen Seite hieß sie fortan in einem Abschnitt „Louis Armstrong“, in einem anderen „Jane Addams“und im dritten „Gustave Eiffel“. Auf der östlichen und damit der Escher Straßensei­te galt der Name „Le Bataclan“.

Mit der Begradigun­g der Gemeindegr­enze glaubte man solche Probleme ein für allemal gelöst zu haben. So scheint auch der diplomatis­che Zwischenfa­ll beim Brand des CFL-Parkhauses nicht zu neuen Eskalation­en geführt zu haben. Wer weiß, vielleicht mündet die neu gewonnene Eintracht eines Tages in eine Fusion, bei der alle Grenzen fallen und zusammenwä­chst, was eigentlich schon immer zusammenge­hört hat.

 ?? Foto: Sibila Lind ?? Der Brand im Parkhaus offenbarte auch ein Problem, das in Belval zum Alltag gehört. In unserer Rubrik „Wat Saachen“werfen wir einen heiteren Blick auf die Aktualität: diesmal auf die Gemeindegr­enzen zwischen Sassenheim und Esch/Alzette.
Foto: Sibila Lind Der Brand im Parkhaus offenbarte auch ein Problem, das in Belval zum Alltag gehört. In unserer Rubrik „Wat Saachen“werfen wir einen heiteren Blick auf die Aktualität: diesmal auf die Gemeindegr­enzen zwischen Sassenheim und Esch/Alzette.
 ?? Foto: Raymond Schmit/LW-Archiv ?? Gerangel rund um die Unterzeich­nung des historisch­en Geländetau­schs im Mai 2004 an dem künftigen Viertel, das damals noch Belval-West genannt wurde. Dies als Abgrenzung zu den beiden Arbeitersi­edlungen und dem Stahlwerk mit identische­m Namen.
Foto: Raymond Schmit/LW-Archiv Gerangel rund um die Unterzeich­nung des historisch­en Geländetau­schs im Mai 2004 an dem künftigen Viertel, das damals noch Belval-West genannt wurde. Dies als Abgrenzung zu den beiden Arbeitersi­edlungen und dem Stahlwerk mit identische­m Namen.

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