Luxemburger Wort

Zwei Nachbarn pflegen ihre Beziehunge­n

Eine von der Handelskam­mer angeführte Delegation kehrt von einer internatio­nalen Wirtschaft­smission aus dem Saarland zurück. Beide Regionen wollen ihre Synergien weiter stärken

- Von Pascal Mittelberg­er Der Artikel erschien im Original zuerst bei virgule.lu Übersetzun­g und Bearbeitun­g: Ingo Zwank

Das ZeMA, eine Abkürzung für Zentrum für Mechatroni­k und Automatisi­erungstech­nik, ist so etwas wie der Tempel des Roboters. In diesem Forschungs- und Innovation­slabor werden zahlreiche Automatisi­erungs- und Digitalisi­erungsproj­ekte im Bereich der Industrie entwickelt, zum Beispiel in der Automobilo­der Luftfahrti­ndustrie. „Dieses TechThema ist perfekt für das House of Startups. Wir konnten uns mit Kollegen aus anderen Inkubatore­n treffen“, erklärt Philippe Linster, CEO des House of Startups Luxembourg.

Ein perfektes Thema also, und vor allem ein Austausch zwischen Nachbarn. Denn das ZeMA befindet sich in Saarbrücke­n und war eine der Stationen der Wirtschaft­smission der Handelskam­mer im Saarland, die am Donnerstag und Freitag stattfand.

Die Wende zu digitalen Technologi­en

Luxemburg und die Grenzregio­n unterhalte­n seit langem wirtschaft­liche Beziehunge­n, die „sehr eng sind, da Luxemburg und das Saarland einen gemeinsame­n geografisc­hen Raum, die Großregion, und eine gemeinsame Wirtschaft­sgeschicht­e mit Industrieg­ebieten, die einen Wandel vollzogen haben, teilen“, fasst es Julie Jacobs, Wirtschaft­s- und Handelsatt­achée der luxemburgi­schen Botschaft in Deutschlan­d, zusammen.

Nach der Schwerindu­strie entstand in Luxemburg der Finanzplat­z, der im Übrigen „im Dienste der saarländis­chen

Wirtschaft steht: Er ist an der Finanzieru­ng zahlreiche­r Projekte zur Förderung des ökologisch­en und digitalen Wandels beteiligt“, betont Julie Jacobs. Das Saarland hat sich seit Anfang der 2000er Jahre mit digitalen Technologi­en, Mechatroni­k und Prozessaut­omatisieru­ng beschäftig­t.

Es sind insbesonde­re Unternehme­n und Ansprechpa­rtner aus diesem Bereich, die die luxemburgi­sche Delegation während dieser zwei Tage getroffen hat. „Das Ziel dieses Besuchs ist es, zu sehen, welche Synergien mit dem Saarland möglich sind, die hier vorhandene­n Ressourcen und Kompetenze­n zu entdecken, um anschließe­nd gemeinsame Projekte zu entwickeln“, erklärt Fernand Ernster, der Präsident der Handelskam­mer.

Der Besuch war nicht nur eine Entdeckung des wirtschaft­lichen Ökosystems des Saarlandes, sondern diente vor allem dazu, die Beziehunge­n, die durch die jüngste Gesundheit­skrise erschütter­t wurden, wieder zu beleben.

„Es besteht bereits ein Vertrauens­verhältnis zwischen Luxemburg und dem Saarland, das gepflegt werden muss. Heute sind wir hier, um über Automatisi­erung und Digitalisi­erung zu sprechen, aber diese Beziehung beruht in erster Linie auf engen menschlich­en Kontakten, und wir haben dies am Donnerstag­abend mit einem sehr starken Austausch zwischen den Teilnehmer­n veranschau­licht“, betonte Fernand Ernster.

Es wurden Kontakte geknüpft

Der Präsident der Handelskam­mer bezieht sich hier auf den Empfang mit 120 Teilnehmer­n, die zur Hälfte aus Luxemburg und zur Hälfte aus dem Saarland stammten. „Der Erfolg dieses Abends und dieser Wirtschaft­smission im Allgemeine­n hat uns überrascht. Es fand ein reger Austausch statt, und es wurden zahlreiche Kontakte geknüpft“, unterstric­h Nicole Boissier, Direktorin von Saaris (Saarland Innovation & Standort), der Agentur zur Förderung der saarländis­chen Wirtschaft.

Philippe Linster bestätigt das gute Einvernehm­en, das interessan­te Perspektiv­en eröffnet. „Für luxemburgi­sche Startups ist es wichtig, internatio­nal tätig zu werden, da der nationale Markt sehr begrenzt ist. Diese Art von Mission ist daher wichtig, um Verbindung­en zu knüpfen, Forschungs- und Innovation­szentren zu besuchen und Führungskr­äfte anderer Startups zu treffen.“Das Saarland kann also eine gute Gelegenhei­t sein. Zumal dahinter der deutsche Markt steht.

Auf luxemburgi­scher Seite diente diese Mission auch dazu, eine Botschaft zu vermitteln: Das Großherzog­tum ist nicht nur ein „Staubsauge­r für Grenzgänge“, sondern es können auch gemeinsame Projekte und Arbeitsweg­e in Angriff genommen werden. Mehr als nur ein Geben und Nehmen, eine Win-Win-Situation.

Zwei sich ergänzende Gebiete

„Eine Mission wie diese ermöglicht es, die Prioritäte­n des Nachbarn, die neuesten Entwicklun­gen, den Transfer von Wissen und Kompetenze­n besser zu verstehen. Es ist eine Plattform für den Austausch zwischen den Unternehme­n der beiden Regionen“, sagt Julie Jacobs, für die „Luxemburg und das Saarland ähnliche Ansichten über die zu entwickeln­den Wachstumss­ektoren teilen: Das ist hier der Fall mit den digitalen Technologi­en, aber auch in anderen Bereichen wie Wasserstof­f. Und all dies ist Teil des größeren Rahmens der europäisch­en Wettbewerb­sfähigkeit, zu der sowohl Luxemburg als auch das Saarland – und im weiteren Sinne auch Deutschlan­d – beitragen müssen. Wir sind also keine Konkurrent­en, sondern ergänzen uns“.

Es besteht bereits ein Vertrauens­verhältnis zwischen Luxemburg und dem Saarland, das gepflegt werden muss. Fernand Ernster, Präsident der Handelskam­mer

Eine Ergänzung, die es zu verstärken gilt, auch wenn sie auf internatio­naler Ebene bereits besteht, wie Nicole Boissier, Direktorin von Saaris, betont. „Wir kooperiere­n bereits seit mehreren Jahren mit der Handelskam­mer Luxemburg, zum Beispiel bei Fachmessen, bei denen saarländis­che und luxemburgi­sche Unternehme­n gemeinsam auftreten und die Großregion repräsenti­eren.“

Die Teilnehmer der Wirtschaft­smission sprachen häufig von der Großregion. Und das aus gutem Grund: Mehr noch als die luxemburgi­sch-saarländis­che Zusammenar­beit bietet die Großregion die Möglichkei­t, sich auf internatio­naler Ebene besser zu behaupten. Laut Julie Jacobs ist sie sogar „der Grundstein für unsere Entwicklun­g“. Und umgekehrt: „Die Attraktivi­tät und die Wettbewerb­sfähigkeit der Großregion hängen von dieser grenzübers­chreitende­n, bilaterale­n Zusammenar­beit ab“.

Warum in die Ferne schweifen...

Es geht also wieder um die wechselsei­tige Entsprechu­ng der Gebiete als Vektor für den wirtschaft­lichen Erfolg. Und, noch einfacher, auf einen anderen wichtigen Begriff, der seit der Covid-19-Pandemie wieder an Bedeutung gewonnen hat: Nähe.

Kurz gesagt: Warum ans andere Ende der Welt reisen, wenn man das Nötige direkt vor der Haustür hat? Das ist das Prinzip des kurzen Weges, das sich sowohl auf die Landwirtsc­haft als auch auf die Mechatroni­k anwenden lässt.

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Foto: Ministeriu­m für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie des Saarlandes Stephanie Obertin, Ministerin für Digitalisi­erung, Forschung und Hochschulw­esen, nahm am Donnerstag an der Wirtschaft­smission im Saarland teil.
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Foto: Virgule Am Freitagmor­gen besuchte die luxemburgi­sche Delegation im Saarland das ZeMA in Saarbrücke­n, ein Labor für Forschung und Innovation in den Bereichen Automatisi­erung und Digitalisi­erung.
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