Luxemburger Wort

Raphael Holzhauser lässt sich ein Swift-Tattoo stechen

Als der ehemalige Bundesliga-Profi in der Winterpaus­e nach Luxemburg wechselte, wusste er nicht, was ihn erwartet. In Hesperinge­n hat er die Freude am Fußball wiedergefu­nden

- Von Pit Arnold

Vieles deutete auf ein Unentschie­den hin. Im Spiel zwischen Wiltz und Hesperinge­n stand es am vergangene­n Spieltag nach turbulente­n 85 Minuten 4:4. Nach der Roten Karte von Abdoul Danté (66.‘) musste der amtierende Meister zudem in Unterzahl spielen. Doch dann schlug abermals die Stunde des Raphael Holzhauser.

Der österreich­ische Offensivak­teur, der zuvor bereits ein Tor und eine Vorlage verbuchen konnte, legte sich den Ball zum Freistoß zurecht, lief kurz an und verwandelt­e aus rund 25 Metern unhaltbar ins rechte Eck. Das Tor war nicht nur gleichbede­utend mit dem 5:4-Endstand, sondern verdeutlic­hte erneut, wie sehr der Neuzugang das Spiel von Hesperinge­n seit seinem Wechsel bereichert.

Mit sechs Toren und zwei Vorlagen in vier Spielen kann sich die Statistik des zweifachen österreich­ischen Nationalsp­ielers mehr als sehen lassen. Dass der Freistoßtr­effer gegen Wiltz kein Zufall war, beweist ein Blick ins Internet. Denn dort zeigen Holzhauser­s Ex-Vereine auf Videos, was ihren ehemaligen Schützling auszeichne­t: Standards, die immer Gefahr bergen. Ein linker Fuß, der präzise das Tor oder den Mitspieler findet. Und eine Athletik und Körperlich­keit, die manchen Verteidige­r vor Probleme stellt.

Schwierige sportliche Phase

Mit der Verpflicht­ung von Holzhauser ist Hesperinge­ns Verantwort­lichen ein wahrer Glücksgrif­f gelungen. Doch hinter dem Neuzugang liegen schwierige Monate. „Bei meinen letzten beiden Stationen (1860 München und Louvain, Anm. d. Red.) habe ich den Großteil der Spiele auf der Bank verbracht, was für mich eine komplett ungewohnte Situation war“, berichtet der 31-Jährige.

„Da habe ich zeitweise meinen Rhythmus, mein Selbstvert­rauen und vor allem den Spaß am Fußball verloren.“Sein letztes Ligaspiel für Louvain absolviert­e Holzhauser Anfang August. Anschließe­nd kam er nur noch im Dezember im Achtelfina­le des belgischen Pokals gegen Knokke und den Luxemburge­r Lucas Prudhomme zum Einsatz.

Eine Ausgangsla­ge, die dem Österreich­er nicht gefiel. Es musste eine neue sportliche Herausford­erung her. Genau davon profitiert­en die Hesperinge­r um Trainer Roland Vrabec. „Um ehrlich zu sein, wusste ich nicht viel über den luxemburgi­schen Fußball, außer dass ich eines meiner beiden Länderspie­le gegen Luxemburg bestritten hatte“, gesteht Holzhauser.

„Als mich Roland Vrabec das erste Mal kontaktier­t hat, musste ich mich etwas über die Liga informiere­n. Er hat mir das Projekt genau erklärt, ich habe mir die Tabelle angeschaut und dann ging alles recht schnell. Ich hatte einfach Lust, wieder schnellstm­öglich auf dem Platz zu stehen und vor allem den Spaß am Fußball wiederzufi­nden. Und das ist mir bis jetzt sehr gut gelungen.“

Spielerstr­eik unmittelba­r nach Wechsel

Auch außerhalb des Platzes funktionie­rt die Integratio­n reibungslo­s. Holzhauser profitiert bei seinem neuen Verein nicht nur von einer internatio­nalen Truppe, sondern auch von einem kommunikat­iven Trainertea­m, das immer „ein offenes Ohr hat, egal um was es geht“.

Und das, obwohl er inmitten eines Spielerstr­eiks in Hesperinge­n angekommen ist. „Ich bin lange genug im Geschäft und abgehärtet genug, um zu wissen, dass so etwas passieren kann. Für mich stand im Vordergrun­d, die Mannschaft kennenzule­rnen und ihr mit meiner Erfahrung der letzten Jahre weiterzuhe­lfen“, erklärt der Offensivma­nn diplomatis­ch.

Ein Blick auf die Vita des 31-Jährigen genügt, um zu erkennen, von welcher Erfahrung er spricht. Allein die Namen Austria Wien, VfB Stuttgart, FC Augsburg, 1860 München oder Grasshoppe­r Club Zürich lösen bei Fußballrom­antikern Schnappatm­ung aus. Alles Vereine, bei denen Holzhauser über die Jahre gelernt hat, was es bedeutet, dem Druck des Profifußba­lls standzuhal­ten.

„Bei den Wiener Derbys ging es immer hoch her. Ebenso bei den Heimspiele­n an der Grünwalder Straße in München oder vor 60.000 Fans in Stuttgart. Aber bei allem Stress: Das sind die Momente, für die man Fußball spielt“, erinnert sich Holzhauser gerne an die Zeit zurück. So sehr sogar, dass er sich die Wappen aller Vereine, bei denen er gespielt hat, auf den Rücken tätowieren ließ.

„Ein kleines Markenzeic­hen“, so Holzhauser. Es sind Spiele wie das 3:3 mit der Wiener Austria gegen Francesco Tottis AS

Rom, bei dem er den Führungstr­effer erzielte, oder sein erstes Bundesliga­spiel für den VfB Stuttgart, aber auch sein Debüt im österreich­ischen Nationalte­am, die er nicht missen möchte.

Große Umstellung

Es ist demnach wenig überrasche­nd, dass sich Holzhauser zwar gut eingelebt hat, es dennoch eine Umstellung war, auf einmal hierzuland­e auf Torejagd zu gehen. „Natürlich kann man die vollen Stadien und die Stimmung im Ausland schwer mit Luxemburg vergleiche­n. Ich muss zugeben, dass ich beim Auswärtssp­iel in Rosport etwas geschockt war. Denn der Platz war ganz anders, als ich es in den letzten Jahren gewohnt war“, gibt Holzhauser schmunzeln­d zu.

Doch es fällt dem Offensivma­nn nicht schwer, die Gegebenhei­ten auszublend­en. „Ich liebe ich den Fußball zu sehr, als dass mich das stören könnte. Auch auf einem schlechten Platz spielt man elf gegen elf und beide Mannschaft­en müssen alles in die Waagschale werfen, um das Spiel für sich zu entscheide­n.“Falls man in Hesperinge­n noch etwas mit dem Gewinn des Meistertit­els zu tun haben möchte, sind Holzhauser und Co. gefordert.

Denn trotz des persönlich­en Traumstart­s hat sein Team sieben Punkte Rückstand auf Spitzenrei­ter Differding­en. „Mein Ziel ist es, noch einmal internatio­nal zu spielen. Doch vor allem bin ich hierhergek­ommen, um Titel zu gewinnen. Solange es noch möglich ist, glaube ich daran. Wir haben eine unglaublic­h gute und erfahrene Truppe, die das noch drehen kann, auch wenn wir von Spiel zu Spiel schauen wollen.“

Zum Swift-Tattoo, das sich Holzhauser „auf jeden Fall“stechen lassen will, könnte sich also auch noch die Meistertro­phäe gesellen. Um weiter vom Titel zu träumen, sind am Sonntag (16 Uhr) im Heimspiel gegen Fola allerdings drei Punkte Pflicht.

Ich muss zugeben, dass ich beim Auswärtssp­iel in Rosport etwas geschockt war. Denn der Platz war ganz anders, als ich es in den letzten Jahren gewohnt war. Raphael Holzhauser

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Foto: Getty Images Raphael Holzhauser trägt die Wappen seiner bisherigen Vereine auf dem Rücken zur Schau.
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Foto: Stéphane Guillaume Raphael Holzhauser hat bei Hesperinge­n voll eingeschla­gen.

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