Luxemburger Wort

Die Basketball-Community hilft einem jungen Ukrainer

Aleksander Senchenko musste nach der Flucht aus seiner Heimat zuletzt den Tod von zwei Freunden verkraften, die in Deutschlan­d erstochen wurden. Jetzt benötigt er Unterstütz­ung

- Von Bob Hemmen

Aleksander Senchenko muss bald umziehen. Am 15. März läuft der Mietvertra­g für seine Wohnung in Angelsberg aus. Bis nächsten Freitag benötigt der junge Ukrainer eine andere Unterkunft. Bei der Suche nach einer neuen Bleibe kann er auf die Unterstütz­ung seines Vereins und der luxemburgi­schen Basketball-Community zählen.

Der vor dem Krieg geflohene Senchenko spielt seit 2022 für Arantia. Um dem 19Jährigen zu helfen, starteten die Felser einen Aufruf, der allein auf Facebook über 400 Mal geteilt wurde. „Ich war extrem überrascht“, sagt der Basketball­er, der noch nicht weiß, wie viele Rückmeldun­gen es gegeben hat. „Der Verein sammelt alles, wir reden am Wochenende.“Sollte er kurzfristi­g keine neue Wohnung finden, kann Senchenko zwar vorübergeh­end bei Mannschaft­skollegen unterkomme­n, dies sei jedoch keine Dauerlösun­g.

Dass er heute nicht weiß, wo er in einer Woche wohnen wird, findet Senchenko nur „etwas stressig“. Obwohl er erst 19 Jahre alt ist, hat der Basketball­spieler schon ganz andere Hürden genommen. Schließlic­h floh er nach Kriegsbegi­nn über die Republik Moldau und Deutschlan­d nach Luxemburg. „Am Anfang musste ich mich an die Umstellung gewöhnen, denn ich komme ich aus Kiew, einer großen Stadt.“

Seine Familie blieb in der Ukraine und lebt bis heute dort. „Ich habe regelmäßig­en Kontakt zu meinen Verwandten und Freunden. Leider hat sich die Situation nicht verbessert. Es ist kein gutes Zeichen, dass sich die Menschen an den Krieg gewöhnt haben. Alle sind erschöpft und hoffen, dass es irgendwann vorbei ist.“

Messeratta­cke in Oberhausen

Wie Senchenko verließen auch Volodymir Yermakov und Artem Kozachenko die Ukraine nach der russischen Invasion. Die beiden Talente spielten zusammen mit ihm für das BC Five Team. Im vergangene­n Monat starben Senchenkos Freunde in Oberhausen nach einer Messeratta­cke. Wenige Tage nach Yermakovs Tod erlag Kozachenko seinen Verletzung­en auf der Intensivst­ation. „Ich wollte ihn im Krankenhau­s besuchen, doch es war schon zu spät“, erzählt Senchenko. „Das ist schrecklic­h.“

Viele seiner Landsleute hätten in Deutschlan­d mit Anfeindung­en zu kämp

Ich wollte ihn im Krankenhau­s besuchen, doch es war schon zu spät. Aleksander Senchenko über den Tod seines Kumpels

fen. „In Luxemburg sind die meisten freundlich“, sagt er. Trotzdem möchte der 19-Jährige das Land bald verlassen. „Ich habe vor, Profi zu werden. Dafür werde ich alles tun. Ich will an ein College in den USA, weil das der beste Weg ist.“

Englisch ist für ihn kein Problem mehr. „Ich habe die Sprache zwar in der Schule gelernt, doch mir fehlte die Praxis. Nach meiner Ankunft in Luxemburg musste ich nicht wirklich lernen, sondern habe mich einfach durch die täglichen Gespräche verbessert.“Die Verständig­ung mit einigen Mitspieler­n sei allerdings nicht immer leicht. „Manchmal verstehe ich die USAmerikan­er wegen ihres Slangs kaum.“

Senchenko trainiert mehrmals täglich mit den Profis, studiert aber auch Wirtschaft­swissensch­aften an einer Fernuniver­sität in Kiew. Sollte er nach der Saison nicht in die USA ziehen, könnte er sich vorstellen, in Luxemburg weiterzuma­chen.

Um seine Chancen auf einen Platz in einem College-Team zu erhöhen, muss er in den Play-offs der LBBL auf dem Feld stehen. Bei den Espoirs glänzt Senchenko Woche für Woche, im Männerteam kommt er bisher nur zu Kurzeinsät­zen – wenn überhaupt. Am Mittwoch blieb er bei Arantias 88:97-Niederlage gegen Sparta ganz auf der Bank.

„Ich würde gerne mehr spielen, aber ich akzeptiere das.“Die nächste Chance könnte sich am heutigen Samstag bieten, wenn Fels am letzten Spieltag der regulären Saison ab 20 Uhr auswärts auf die Musel Pikes trifft. Für ein perfektes Wochenende wünscht sich Aleksander Senchenko nicht nur einen Sieg, sondern auch eine neue Wohnung.

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Aleksander Senchenko (l.) hat schon viele Schicksals­schläge erlebt, doch der 19-Jährige bleibt positiv.
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Fotos: Christian Palmisano Aleksander Senchenko will in die USA.
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