Kleinparteien wollen bei Europawahlen mitmischen
Während die etablierten politischen Mächte bereits ihre Kandidaten präsentieren, bangen die „Kleinen“um einen Platz auf dem Wahlzettel. Wer sie sind und was ihnen noch fehlt
Nicht alle, die es wollen, werden es im Juni auf den Wahlzettel schaffen. Das liegt daran, dass Parteien bestimmte Bedingungen erfüllen müssen, um überhaupt bei den Europawahlen zu kandidieren. Nicht nur, dass sie sechs willige Kandidaten finden müssen, die für sie antreten wollen – sie benötigen auch noch 250 Unterschriften oder die Unterstützung eines in Luxemburg wählbaren Abgeordneten. Für die etablierten Parteien also eher kein Problem. Denn DP, LSAP, Déi Gréng und CSV können von ihren Europaabgeordneten unterstützt werden. Bedeutet: Sie können sich die Unterschriften sparen.
Für ADR, Piraten und Déi Lénk gestaltet sich die Unterschriftensammlung leicht. Sie verfügen alle über weitaus mehr als 250 Parteimitglieder. 2024 lag die Anzahl der Parteimitglieder der ADR bei 2.000, der Piraten bei 806 und von Déi Lénk bei 509. So die aktuellen Zahlen auf Nachfrage des „Luxemburger Wort“bei den Parteien. Der Aufwand, auf die Straße zu gehen und Nicht-Parteimitglieder von einer Unterschrift zu überzeugen, entfällt somit. Die Parteimitglieder können die Unterschriften problemlos ohne größeren organisatorischen Aufwand liefern.
Von den Parteien, die nicht im Parlament vertreten sind und nicht über die gleiche mediale Reichweite verfügen, gibt es eigentlich nur eine, die ohne Probleme auf der Wahlliste am 9. Juni zu finden sein wird: die 2022 gegründete Partei Fokus. Diese sicherte sich die Kandidatur der Europaabgeordneten Monica Semedo. Sie kann also auf Unterschriften verzichten.
Bei den anderen „Kleinen“gibt es jedoch keinen Weg drumherum. Die Unterschriftensammlung ist ein mühsamer Prozess für jene Parteien mit wenigen Mitgliedern, der mit großem Aufwand verbunden ist. Ob es für sie bis zum Stichtag der Listenabgaben noch gelingt, ist unklar. Das „Luxemburger Wort“hat bei sechs politischen Bewegungen nachgefragt, wie sie mit der Vorbereitung ihrer Kandidatur für die Europawahlen vorankommen.
KPL: Kommunisten sichern sich Europaabgeordneten
Die Kommunistische Partei Luxemburgs (KPL) gibt auf Nachfrage des „Luxemburger Wort“an, bei den Europawahlen kandidieren zu wollen. Parteichef Ali Ruckert bestätigt sogar, dass sich die Kommunisten die Unterstützung eines Europaabgeordneten gesichert haben. Wer für die Kommunisten gebürgt hat, dürfe jedoch nicht bekannt gemacht werden. Auf Unterschriften zu verzichten ist für die KPL demnach eine Erleichterung, sagt Ruckert dem „Wort“gegenüber. Dass kleinere Parteien darauf angewiesen seien, finde er „diskriminierend“.
„Man sollte den Parteien die Hürde endlich nehmen und alle zur Wahl zulassen, die eine Kandidatenliste aufgestellt haben“, kritisiert er. Die Kandidaten für die Wahl haben die Kommunisten bereits gefunden. Die Liste werde Ende März verabschiedet, das Wahlprogramm sollte im April fertig sein, so der KPL-Chef.
Déi Konservativ: Europa-Kandidatur schon vor Chamberwahlen fix
Dass Déi Konservativ bei den Europawahlen kandidieren werden, stand laut Angaben von Parteipräsident Joe Thein bereits vor den Chamberwahlen fest. So habe es das Nationalkomitee damals beschlossen. Der Kandidatur sollte nichts mehr im Weg stehen: Déi Konservativ haben laut Thein bereits 350 Unterschriften gesammelt. 100 mehr als die 250 notwendigen. Die Partei habe bereits einen Termin beim Präsidenten des Wahlbüros angefragt, um die Unterschriften bestätigen zu lassen. Einen Monat hätte die Unterschriftensammlung gedauert, gibt Thein gegenüber dem „Wort“an.
Die Partei habe Mitte Januar frühzeitig damit angefangen. Ob Thein wieder als Spitzenkandidat ins Rennen ziehen wird, will er nicht bestätigen, da die Kandidatenliste von der Partei noch nicht abgesegnet worden sei. Sechs Kandidaten für die Wahl zu finden, sei jedoch recht einfach gewesen, sagt er. „Der Partei geht es so gut wie noch nie. Unsere Mitgliederzahl liegt im dreistelligen Bereich.“Das unter anderem aufgrund des Zulaufs von Mitgliedern der Bewegung Liberté-Fräiheet. Die Mitgliederzahlen von Déi Konservativ seien jedoch „confidentiel“, sagt Thein, der die genaue Zahl somit auf Nachfrage nicht bestätigen wollte.
Liberté-Fräiheet: Ein stiller Tod nach dem Abgang von Roy Reding
Wie es heute um Liberté-Fräiheet, die von Roy Reding gegründete politische Bewegung, steht, ist aktuell noch unklar. Nach den Chamberwahlen hatte das Nationalkonvent entschieden, die Bewegung als Partei fortzuführen, heißt es in einem Facebook-Posting auf der offiziellen Seite von Liberté-Fraiheet. Das Posting stammt vom 12. November 2023. Seitdem herrscht auf den offiziellen Kanälen Funkstille. Eine Anfrage an Parteigründer Roy Reding beantwortet der ehemalige ADR-Politiker damit, dass er sich „total aus der Politik zurückgezogen“hat.
Weitere Anfragen an rund zehn ehemalige Mitglieder von Liberté-Fräiheet konnten den Zustand der Partei ebenso wenig klären. Einer der ehemaligen Kandidaten verwies das „Wort“auf Roy Reding, eine andere antwortete, es sei „alles sauber unter den Teppich gekehrt worden und das lässt man auch am liebsten so“. Weitere ehemalige Mitglieder geben an, die Partei sei von internen Streitereien dermaßen geplagt gewesen. Andere kritisieren die Führung des ehemaligen Spitzenkandidaten und monieren „eine persönliche Racheaktion Redings gegen die ADR“, die Kandidaten ihrem Parteichef übel genommen hätten.
Die Idee sei zwar gewesen, bei den EUWahlen zu kandidieren, erklärt ein anderes ehemaliges Mitglied, doch niemand habe die Partei weitergeführt. Eine Anfrage vom „Luxemburger Wort“an Liberté-Fräiheet blieb unbeantwortet. Dass die Partei aktuell noch besteht und Pläne hegt, bei den Europawahlen zu kandidieren, lässt sich also aktuell nicht handfest ermitteln.
„Oppositionsbewegung“Mir d‘Vollek: Jean-Marie Jacoby als Spitzenkandidat
Bereits bei den Gemeindewahlen 2023 hatte Mir d‘Vollek kandidiert, und zwar in Luxemburg Stadt. Bei den Chamberwahlen war die Kandidaten-Suche nicht gelungen und so war die selbst ernannte Oppositionsbewegung nicht mit von der Partie. Jacoby gibt hierbei Roy Reding und seiner Bewegung LibertéFräiheet die Schuld, weil potenzielle Kandidaten übergelaufen seien. Auf Nachfrage vom „Wort“erklärt der Parteimitbegründer und langjähriges Mitglied der KPL Jean-Marie Jacoby, seine Partei wolle bei den Europawahlen auf dem Wahlzettel stehen. Die Bewegung habe bisher rund ein Drittel der Unterschriften sammeln können, so Jacoby.
Die Kandidaten-Liste stehe ebenso. Jacoby selber soll die Liste anführen. Das Wahlprogramm für die Europawahlen deckt sich mit dem der Nationalwahlen, sagt Jacoby, der unter anderem während der Pandemie aufgrund problematischer Aussagen und Kritiken gegenüber der Corona-Politik der Regierung bekannt geworden war. Seine Bewegung setze sich ein für „Frieden und Freundschaft mit Russland“, einen Austritt Luxemburgs aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und eine „Gefängnisstrafe für Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen“aufgrund der Beschaffung von Impfstoffen während der Pandemie.
Volt: Erste Kandidatur 2019 brachte rund zwei Prozent der Stimmen
Dass die paneuropäische Partei Volt bei den Europawahlen kandidieren würde, ist wohl kaum eine Überraschung. 2019 bei ihrer ersten Kandidatur in Luxemburg sammelte Volt damals rund zwei Prozent der Stimmen. Ein ordentliches Resultat für eine nicht etablierte Partei. Damit landete Volt sogar vor der KPL und Déi Konservativ. Auf Nachfrage vom „Luxemburger Wort“bestätigt Volt, auch dieses Jahr wieder mit dabei sein zu wollen. Man habe bisher rund die Hälfte der Unterschriften sammeln können. „Es stehen aber noch Unterredungen mit Abgeordneten aus der Chamber aus, die neben Europaabgeordneten auch unterschreiben dürfen“, gibt Volt an.
Die sechs Kandidaten, die antreten sollen, wurden bereits von der Partei bestimmt. Volt werde Ende März eine paritätische Liste präsentieren. Die Veröffentlichung des Wahlprogramms geht einher mit der Bekanntgabe der Kandidatenlisten. Volt plant in mehreren europäischen Ländern mit dem gleichen Parteiprogramm anzutreten, weswegen aktuell die Übersetzungen des Programms laufen würden.
D‘PARTEI: Zum ersten Mal wird in Luxemburg eine Satirepartei antreten
D‘PARTEI ist eigentlich nicht der vollständige Name der Partei, sondern ein Akronym: Es steht für „Partei fir Aarbecht, Rechtsstaat, Trucmachin, Elitefërderung a basisdemokratesch Initiativ“. Es ist angelehnt an ihr deutsches Pendant „Die PARTEI“, gegründet vom deutschen Satiriker Martin Sonneborn. Sie ist an sich das, was man eine Satirepartei nennen würde. Auch, wenn sich die Partei selbst als „Partei der extremen Mitte“bezeichnet.
Die Bewegung existiert in Luxemburg seit Dezember 2019. Parteichef und Gründer ist Jeff Cigrand, „euer zukünftiger Großkönig und Alleinherrscher über das Großkönigreich Luxemburg“, wie es in einer Antwort der Partei auf eine Nachfrage des „Luxemburger Wort“heißt. Darin bekundet d‘PARTEI ihr Interesse daran, bei den Europawahlen anzutreten. Drei Kandidaten seien für die Liste bereits gefunden worden, würden noch drei fehlen. Bedingung für potenzielle Anwärter auf eine Kandidatur: „Mitgliedsbeitrag zahlen. Rechte oder Schwurbler sind von der Mitgliedschaft ausgeschlossen.“
Allerdings würden aktuell noch die 250 Unterschriften fehlen. Eigentlich wollte d‘PARTEI mit der Unterschriftensammlung voriges Wochenende beginnen und an den darauffolgenden Samstagen am Markt in Luxemburg Stadt damit weitermachen. So zumindest der Plan. Cigrand bestätigte dem „Wort“am Wochenende jedoch, dass die Stadt Luxemburg den von der Partei beantragten Stand nicht genehmigt habe, da politische Parteien erst ab Mai Stände beantragen dürfen. Weshalb d‘PARTEI am Wochenende vor dem Rathaus am Knuedler einen „Proteststand“organisierte. Eine Kandidatur ist für das satirische Projekt demnach noch nicht gesichert.