Zeit für Nägel mit Köpfen
Die offene Drogenszene im hauptstädtischen Bahnhofsviertel zerrt an den Nerven der Anwohner und der Geschäftsinhaber. Sie wollen sich die unschönen Anblicke am helllichten Tage und das diffuse Gefühl der Unsicherheit nicht mehr bieten lassen. Während gerade eine Kokainwelle über Westeuropa schwappt, ist für Regierung und Verwaltungen jetzt die Zeit gekommen, Luxemburgs Drogenproblem von Grund auf anzugehen – und zwar sowohl von der Nachfrage- als auch von der Angebotsseite.
Es ist eine Zahl, die aufhorchen lässt: Jeden Morgen ab fünf Uhr, wenn die meisten Bürger noch schlafen, klappert ein zweiköpfiges Reinigungsteam des hauptstädtischen Hygienedienstes die Drogen-Hotspots im Bahnhofsviertel und benachbarten Stadtteilen ab und sammelt dabei täglich etwa 250 weggeworfene Spritzen auf. Wenn man dann noch den wachsenden Anteil der Abhängigen dazurechnet, die harte Drogen inhalieren, hat man eine Vorstellung von der Bedeutung des Problems. Anwohner aus dem Bahnhofsviertel wollen die Beeinträchtigungen nicht mehr hinnehmen. Im Februar haben sie einen Demonstrationsmarsch organisiert, bei dem sie für mehr Sicherheit plädierten. Ihre Sorgen sind vielfältig: Die herumliegenden Spritzen in Hauseingängen, auf Spielplätzen und im Umfeld der Grundschule stellen nicht nur ein Risiko für Kinder dar, auch Hotelgäste und Kunden von Restaurants und Geschäften werden dadurch abgeschreckt. Hinzu kommt die Angst, dass Abhängige im Rausch ein unberechenbares Verhalten an den Tag legen könnten. Nicht zuletzt leiden die Anwohner auch unter der Beschaffungskriminalität der Drogennutzer.
In vorher ungekanntem Ausmaß erreicht Kokain tonnenweise den Hafen Antwerpen und überflutet die europäischen Märkte. Die Polizei und die Drogenhilfe laufen dem Phänomen hinterher. Innenminister Léon Gloden (CSV) hat zumindest die Dringlichkeit erkannt und beabsichtigt, Daten effektiver mit den Nachbarländern auszutauschen. Im Inland sollen die schwerfälligen Prozeduren zwischen Polizei, Zoll und Staatsanwaltschaft beschleunigt werden. Das ist sicherlich richtig, ändert aber nichts daran, dass Drogenhändler ihre Ware immer noch weitgehend unbehelligt in das Großherzogtum einführen können.
Der wichtigste und zugleich schwierigste Ansatzpunkt wäre es, die Nachfrage nach harten Drogen zu reduzieren. Laut dem jüngsten Drogenbericht besteht die Szene in Luxemburg aus rund 2.100 Abhängigen, ihre Zahl hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Was sich verändert hat, ist jedoch das Bild in der Öffentlichkeit. Anwohner des Bahnhofsviertels berichten, dass sich Drogenabhängige ohne Scheu tagsüber und vor den Augen der Passanten ihren Schuss setzen. Die Abhängigen weg von Heroin, Kokain und synthetischen Drogen zu bekommen, ist eine Herkulesaufgabe, nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für ihre Betreuer. Das Abrigado in Bonneweg hat gute Erfahrungen mit Substitution durch Methadon gemacht. Dadurch enden dann auch die Begleiterscheinungen der Sucht – nämlich Diebstahl, kleine Einbrüche und Prostitution.
Der wichtigste Ansatzpunkt wäre es, die Nachfrage nach harten Drogen zu reduzieren.