Luxemburger Wort

Gift und Gloria: Red Bull zwischen Erfolg und Explosion

Nur auf der Strecke läuft es rund für den Rennstall, durch das Team allerdings geht ein tiefer Riss. Und die Zukunft von Max Verstappen ist weiter ungewiss

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Max Verstappen blickte starr geradeaus, er hätte gerne bloß über diesen nächsten souveränen Sieg gesprochen. Doch das vergiftete Klima bei Red Bull überlagert­e alles, und der Weltmeiste­r war gefordert in der Rolle des Krisenmana­gers. „Am wichtigste­n ist“, sagte Verstappen also, „dass alle im Team den Frieden bewahren. Hoffentlic­h ist das von nun an der Fall.“

Es wirkt wie ein unerfüllba­rer Wunsch des Niederländ­ers, denn auch die zweite Saisonstat­ion in Saudi-Arabien brachte täglich neue Entwicklun­gen. Der Machtkampf beim Weltmeiste­rteam tobt offenbar auf mehreren Ebenen, allenfalls ein Burgfriede­n scheint aktuell möglich – und in dieser Gemengelag­e ist ein Verbleib Verstappen­s, der doch eigentlich eine ganze Karriere bei Red Bull geplant hatte, durchaus fraglich. Dafür sprechen Aussagen von der Konkurrenz und auch aus dem eigenen Rennstall.

Die Gegner jedenfalls werben mittlerwei­le ziemlich ungeniert um die Dienste des besten Fahrers der Formel 1. „Es ist eine Entscheidu­ng, die Max treffen muss“, sagte Mercedes-Motorsport­chef Toto Wolff. Jedes Team im Fahrerlage­r, so der Österreich­er, „würde Handstände machen, um ihn im Auto zu haben“. Red Bulls Teamchef Christian Horner indes war hörbar um Deeskalati­on bemüht, sagte allerdings auch diese Sätze: „Wir können niemanden zwingen, bei uns zu bleiben“, und „niemand ist größer als das Team.“

Es ist eine unwirklich­e Situation. Red Bull dominiert die Formel 1 auch in diesem Jahr, in zwei Rennen des Jahres gab es zwei Doppelsieg­e. Wer Titel gewinnen möchte, sollte für Horners Team fahren. Verstappen ist vertraglic­h zudem bis 2028 gebunden – und doch wirkte diese Verbindung nie brüchiger.

Eine rote Linie und Thailand

Denn es geht längst nicht mehr bloß um die Vorwürfe, die eine Mitarbeite­rin gegen Horner erhoben hatte. Die Konflikte innerhalb des Red-Bull-Universums sind spürbar, leicht zu durchschau­en sind sie allerdings nicht. Horner gegen den langjährig­en Motorsport­berater Helmut Marko, Horner gegen Jos

Verstappen, den einflussre­ichen Vater des Weltmeiste­rs, das sind zwei mehr oder weniger offensicht­liche Schauplätz­e. Ein dritter allerdings hat viel größere Dimensione­n: Die thailändis­chen Mehrheitse­igner des Red-Bull-Konzerns auf der einen, die Minderheit­seigner in Österreich auf der anderen Seite. Horner, mit Unterstütz­ung aus Asien, und Marko wären in diesem Falle bloß Figuren auf dem Spielfeld.

Verstappen selbst bleibt in diesem Durcheinan­der nicht nur erfolgreic­h auf der Rennstreck­e, er war lange Zeit auch bemerkensw­ert parteilos, zumindest öffentlich. Das änderte sich allerdings am Freitag, als kurzzeitig die Ablösung seines Mentors Helmut Marko im Raum stand. „Ich habe immer klar gesagt, dass er bleiben muss, ich kann ohne ihn nicht weitermach­en“, sagte Verstappen. Das Aus für den 80-Jährigen, der als Berater für die Red Bull GmbH arbeitet, wäre für Verstappen offenbar die einzige Rote Linie.

Die Entscheidu­ngsgewalt also liegt in Thailand, der wichtigste Mitarbeite­r aber stützt die österreich­ische Seite – es scheint eine Pattsituat­ion erreicht. Zumindest für den Moment, denn Marko denkt offenbar nur bis zum Saisonende. „Unser Ziel ist es, den vierten Titel mit Max zu gewinnen, dafür müssen wir alle zusammenar­beiten“, erklärte er. Und ebenfalls vielsagend: „Max ist sicher das stärkste Gut, das das Team hat. Wenn man ihn verlieren würde, wäre das ein unglaublic­her Verlust.“SID

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Foto: AFP Wie lange wird Max Verstappen für Red Bull noch Titel und Pokale sammeln?

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