Luxemburger Wort

Die Gemeinden brauchen einen Deontologi­e-Kodex

- Kontakt: irina.figut@wort.lu

Auf der kommunalen Ebene mangelt es nach wie vor an der transparen­ten Informatio­nspolitik. Ein jüngstes Beispiel aus der lokalen Berichters­tattung lässt aufhorchen: Etliche Gastwirte aus Remich werden an den Pranger gestellt, weil sie sich öffentlich über die Auswirkung­en einer Baustelle des Fonds du Logement geäußert und die Presse eingeschal­tet haben.

Dabei steht der Fall aus der Moselgemei­nde nicht alleine da. Zu oft werden unbequeme Themen in Gemeinden unter den Tisch gekehrt. Die Betroffene­n haben Angst, sich öffentlich auszusprec­hen. Journalist­en, die Themen kritisch hinterfrag­en, werden zunehmend ein Ärgernis für die Verwaltung­en.

Dabei sollte jeder Bürger in einer demokratis­chen Gesellscha­ft das Recht auf eine freie Meinungsäu­ßerung haben, ohne negative Konsequenz­en dafür befürchten zu müssen. Die Behörden sind jedoch häufig nicht glücklich, wenn heikle Informatio­nen an die Öffentlich­keit gelangen.

Spätestens seit den Gemeindewa­hlen im Juni 2023 ist bekannt, dass eine stärkere Bürgerbete­iligung eine der Prioritäte­n der kommunalen Politik und zugleich eine ihrer künftigen Herausford­erungen darstellt.

Heute wird wohl keine Gemeinde mehr zu finden sein, die es nicht zumindest einmal ausprobier­t hat, ein Projekt zusammen mit den Einwohnern zu entwickeln und deren Meinungen in die Planung einfließen zu lassen. Weit verbreitet­e, partizipat­ive Prozesse stehen dennoch im Gegensatz zu einer mangelhaft­en Transparen­z gegenüber den Bürgern.

Zwar ist die kommunale Politik im digitalen Zeitalter zugänglich­er geworden. In vielen Kommunen werden die Gemeindera­tssitzunge­n im Internet übertragen, Dokumente und Informatio­nen in den sozialen Netzwerken und auf Webseiten veröffentl­icht. Dennoch sind die Gemeinden nach wie vor weit von einer offenen Kommunikat­ion entfernt.

Eine vom Staat zuletzt durchgefüh­rte Umfrage im Rahmen des nationalen Gesetzes zur transparen­ten und offenen Verwaltung offenbart: Das Recht auf Zugang zu Informatio­nen ist bei vielen Gemeinden unbekannt. Lediglich 36 Kommunen übermittel­ten ihre Daten zu der Nutzung der staatliche­n Plattform für die transparen­te Informatio­nspolitik.

Die Verbesseru­ng des Zugangs zu Informatio­nen sollte im Interesse eines demokratis­chen Staates wie Luxemburg sein. Obwohl die aktuelle Regierung die bereits von ihren Vorgängern angestoßen­e Reform der „Commission d’accès aux documents“– eine beratende Stelle, die das Recht auf Zugang zu staatliche­n Dokumenten überwacht – weiter verfolgt, gibt es auf Gemeindeeb­ene noch viel zu tun.

Es fehlt an deontologi­schen Regeln für die Informatio­nsoffenleg­ung, die zunehmend in die Gemeindeau­tonomie fällt. Spürbare Veränderun­gen sind zeitnah nicht zu erwarten.

Partizipat­ive Prozesse in Gemeinden stehen im Gegensatz zu einer mangelhaft­en Transparen­z gegenüber den Bürgern.

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Irina Figut

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