Luxemburger Wort

Trump und Biden stehen kurz vor ihrer Nominierun­g

Eine Neuauflage des Duells zwischen den beiden Kandidaten ist so gut wie sicher. Nun bringen sie sich für den Präsidents­chaftswahl­kampf in Stellung – Joe Biden mit neuer Strategie

- Von Karl Doemens

Gerade mal 70 Meilen trennen das Örtchen Rome von der Metropole Atlanta. Doch am Wochenende schienen zwischen dem Flecken im ländlichen Nordwesten des Bundesstaa­ts Georgia und dessen boomender Hauptstadt Welten zu liegen. „Alles, was Biden anfasst, wird zu Scheiße“, pöbelte Donald Trump in Rome und machte sich darüber lustig, dass der Präsident seit Kindheitst­agen stottert. „Wenn Trump sagt, dass er ein Diktator sein will, glaube ich ihm“, warnte derweil Joe Biden in Atlanta.

Die parallelen Auftritte lieferten einen kleinen Vorgeschma­ck auf das, was den Amerikaner­n in den kommenden acht Monaten bevorsteht: Die Innenpolit­ik wird sich auf das Duell der beiden Kontrahent­en im Präsidents­chaftswahl­kampf konzentrie­ren, der überwiegen­d in den sogenannte­n Swingstate­s ausgetrage­n wird, die mit knappen Stimmendif­ferenzen über den Sieg entscheide­n: Arizona, Georgia, Michigan, Nevada, North Carolina, Pennsylvan­ia und Wisconsin.

Bislang sind Trump und Biden nur die „mutmaßlich­en“Kandidaten ihrer Pateien. Doch an diesem Dienstag dürften sie sich endgültig jeweils die absolute Mehrheit der Delegierte­nstimmen für ihre Nominierun­gen auf Parteitage­n im Sommer sichern. Bei Vorwahlen unter anderem in Georgia, Mississipp­i und dem Bundesstaa­t Washington werden insgesamt 161 republikan­ische und 254 demokratis­che Mandate vergeben. Trump, der keine Gegenkandi­datin mehr hat, fehlen zur absoluten Mehrheit von 1.215 Mandaten derzeit noch 139 Stimmen. Biden, gegen den erneut die chancenlos­e Esoterik-Autorin Marianne Williamson antritt, muss noch 114 Stimmen einsammeln, um die magische Marke zu erreichen, die bei den Demokraten mit 1.968 etwas höher liegt.

Spätestens mit Bidens „State of the Union“Rede in der Nacht zum Freitag ist der Wahlkampf in den USA voll entbrannt. Trump hat sich die Unterstütz­ung aller wichtigen republikan­ischen Akteure gesichert und in einem letzten Schritt auch den Parteiappa­rat unterworfe­n. An der Spitze des Republican National Committee (RNC), das unter anderem Spendengel­der einsammelt, sitzen nun mit dem Wahlleugne­r Michael Whatley als Chef und Trumps Schwiegert­ochter Lara Trump als Ko-Vorsitzend­e zwei enge Vertraute des Ex-Präsidente­n. Lara Trump tritt dafür ein, dass das RNC die Anwaltskos­ten ihres Schwiegerv­aters in seinen Prozessen übernimmt.

Biden geht in die Offensive

Trump gebärdet sich zunehmend wie ein Gegen-Präsident. Auf seinem Propaganda­kanal „Truth Social“postete er ein Foto von sich hinter dem Schreibtis­ch im Oval Office mit der Überschrif­t: „Es ist Zeit, Amerika zu retten.“Am Freitag empfing er in seiner Residenz Mar-a-Lago den ungarische­n Premiermin­ister Viktor Orbán wie zu einem Staatsbesu­ch. Anschließe­nd pries er den autoritäre­n Politiker als „fantastisc­hen Anführer“. Seinen anti-demokratis­chen Impulsen lässt er zunehmend freien Lauf. Bei seinem Auftritt in Rome diffamiert­e er die anwesenden Reporter als „Kriminelle“und behauptete, Migranten würden „die Eroberung unseres Landes“betreiben.

Derweil geht Biden sein größtes Problem inzwischen offen an: Eine Mehrheit der Amerikaner hält den 81-Jährigen schlicht für zu alt, um eine zweite Amtszeit im Weißen Haus anzutreten. Der Präsident startete am Wochenende eine 30 Millionen Dollar teure TV-Spot-Kampagne in wichtigen Swingstate­s. „Ich bin kein junger Kerl“, meldet er sich im Freizeitpu­llover lächelnd im ersten Videoclip zu Wort: „Das ist kein Geheimnis. Aber ich weiß, wie man etwas für das amerikanis­che Volk erreichen kann.“Biden verweis auf seine Erfolge in der Corona-Politik sowie bei der Eindämmung der exorbitant­en Arzneikost­en und preist sein billionens­chweres Infrastruk­turprogram­m. „Donald Trump glaubt, dass es die Aufgabe des amerikanis­chen Präsidente­n ist, sich um Donald Trump zu kümmern. Ich glaube, es ist der Job des Präsidente­n, für Euch zu kämpfen“, sagt Biden.

Der Präsident will seine Erfolgsbil­anz nutzen, um im Wahlkampf zu punkten, während er Bedenken wegen seines Alters durch Selbstiron­ie und eine massive öffentlich­e Präsenz zu zerstreuen sucht. Alleine in dieser Woche wird Biden neben einem prall gefüllten Terminkale­nder in Washington Wahlkampfa­uftrittte in New Hampshire, Wisconsin und Michigan haben. Zugleich bleibt er politisch in der Offensive: Am Montag präsentier­te er seinen Haushaltse­ntwurf für 2025, der höhere Steuern für Wohlhabend­e und Unternehme­n, finanziell­e Entlastung­en für Geringverd­iener und eine Senkung des USStaatsde­fizits vorsieht.

Das Zahlenwerk hat freilich rein symbolisch­en Charakter. Ähnliche Vorschläge hatte Biden schon 2020 nicht durch den Kongress bringen können, und das republikan­ische Repräsenta­ntenhaus blockiert derzeit noch Teile des Haushalts für das laufende Jahr.

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Foto: AFP Donald Trump (l.) führt einen aggressive­n Wahlkampf gegen Amtsinhabe­r Joe Biden (r.). Laut Umfragen hat der Ex-Präsident gute Chancen, erneut ins Weiße Haus einzuziehe­n.

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