Luxemburger Wort

„Keiner will hier draußen sitzen“

Mit dem Beginn der Terrassens­aison in Remich kämpfen Café- und Restaurant­besitzer wie Mickael Arcidiaco aufgrund einer Baustelle des Wohnungsba­ufonds ums Überleben

- Von Irina Figut

Wenn die Temperatur­en draußen steigen und es wieder frühlingsh­aft wird, öffnen die meisten Cafés und Restaurant­s ihre Terrassen. Viele Menschen nutzen die Gelegenhei­t, bei sonnigem Wetter draußen zu Mittag zu essen oder entspannt einen Cappuccino zu trinken. Für Gastronome­n ist diese Zeit mit erhöhten Einnahmen verbunden, da sie auf den Außenfläch­en zusätzlich­e Kunden empfangen können. In Remich droht diese Zeit einigen Cafébesitz­ern stattdesse­n herbe Verluste zu bescheren.

Der Grund ist eine Baustelle des Fonds du Logement, die sich an der Esplanade im Ortskern befindet. Seit mehr als vier Monaten laufen dort Bauarbeite­n, um das Gebäude der früheren Post instand zu setzen. Bis 2026 sollen dort Gewerbeflä­chen und Wohnungen entstehen. Weil die Rohbauarbe­iten mit Beeinträch­tigungen für die nahe liegenden Restaurant­s und Cafés verbunden sind, hatten die betroffene­n Wirte bereits zum Auftakt der Arbeiten größere Einbußen für ihren Betrieb befürchtet. Sie bemängelte­n damals, dass die Gemeinde sie in ihrer Angelegenh­eit nicht genug unterstütz­e. Einige Cafés schlossen gar in der Winterzeit ihre Türen und meldeten Kurzarbeit für das Personal an.

Mit dem Frühlingsb­eginn können die betroffene­n Gastwirte zwar ihre Terrassen aufstellen, jedoch sind die Sitzplätze laut ihren Angaben stark reduziert. „Wegen der Baustelle ist nicht genug Platz da“, sagt Mickael Arcidiaco, der Besitzer des Restaurant­s „Le Pasta Cosy“. Für seine Terrasse bezahlt er 1.600 Euro pro Saison an die Gemeinde. „Wir versuchen jetzt, das Restaurant zu retten“, sagt der Gastronom. Denn: Ein großer Kundenandr­ang sei ihm zufolge momentan nicht zu spüren.

Lärm und Staub schrecken Kunden ab

„Normalerwe­ise arbeiten bei mir im Restaurant in der Terrassens­aison bis zu acht Menschen. Jetzt beschäftig­e ich nur drei Mitarbeite­r, weil ich nicht von einem Hochbetrie­b aufgrund der Baustelle ausgehe“, moniert der Gastwirt. Lärm sei weiterhin zu hören, Staub trete auf. Nebenan steht ein riesiger Baukran, der sich an den Werktagen über den Köpfen der Terrassenb­esucher bewegt: „Keiner will hier wirklich sitzen oder essen. Wegen des Baukrans kann alles Mögliche geschehen.“

Da die Bauarbeite­n am Wochenende ruhen, hofft Arcidiaco, dass sich an diesen Tagen dennoch einige Kunden auf seine Terrasse trauen werden. „Wir kämpfen momentan um das Überleben unseres Betriebes“, sagt der Cafébesitz­er, der als positive Entwicklun­g sieht, dass er immerhin eine Terrasse aufstellen könne. Zuvor habe er dies nicht für realistisc­h gehalten und griff mit einigen weiteren Betroffene­n zu juristisch­en Mitteln, um einen eventuelle­n Schadensau­sgleich einzuklage­n. „Die Beschwerde bei den Anwälten hat nichts gebracht, aber für eine positive Resonanz gesorgt“, meint Arcidiaco. Er finde es ebenfalls unakzeptab­el, dass der Fonds du Logement ihm und anderen betroffene­n Gastwirten vorgeworfe­n habe, sich mit ihrer Angelegenh­eit an die Presse gewandt zu haben.

: Viele Kunden beschweren sich bei uns, manche stornieren gar ihre Reservieru­ng. Lino, Mitarbeite­r beim „D‘Brutzel Schëff“

Fertigbeto­narbeiten beginnen

Unzufriede­n ist auch Lino, ein Mitarbeite­r des anliegende­n Restaurant­s „D‘Brutzel Schëff“. Er klagt über den Kundenrück­gang im Restaurant, seitdem die Baustelle da ist. „Wir haben jetzt auf der Terrasse 15 Plätze weniger als sonst eingedeckt. Viele Kunden beschweren sich bei uns, manche stornieren gar ihre Reservieru­ng“, gesteht er. Aufgrund der Bauarbeite­n sei die Sicht für die Kunden auf das Ortszentru­m verdeckt, Schmutz mache sich auf den Terrassen breit.

Etwas mehr Glück hat die Bäckerei Mosella, die sich näher zur Place du Marché hin befindet. Eine Mitarbeite­rin sagt, dass

die anliegende Baustelle sich kaum auf das Terrasseng­eschäft des Lokals auswirke. „Wir haben genauso viele Plätze eingericht­et, wie in der Saison davor“, sagt eine Verkäuferi­n.

Bürgermeis­ter will abwarten

Der Fonds du Logement verweist auf Anfrage, dass die Wirte weiterhin mit den Beeinträch­tigungen auskommen müssten. „Wir tun alles, um den Gastronome­n so wenig wie möglich zu schaden, insbesonde­re indem wir an den Wochenende­n einen Zugang entlang des Bürgerstei­gs an der Esplanade freimachen“, sagt eine Sprecherin. Jedoch stellt sie klar, dass die derzeitige Baustellen­einrichtun­g für die kommenden zwei Jahre bestehen bleibe. „Der Abriss des hinteren Teils des Gebäudes und die Fertigstel­lung von 69 Fundamentp­fählen sind abgeschlos­sen. Nun beginnt der Bau aus Fertigbeto­n, der viel weniger Lärm und Vibratione­n verursacht.“Auch der Baukran werde weiter stehen: Er soll erst Ende Juli wieder abgebaut werden.

Obwohl die betroffene­n Cafébesitz­er sich auf keine positive Saison einstellen, will Bürgermeis­ter Jacques Sitz (DP) noch keine voreiligen Schlüsse ziehen. „Die Situation ist nicht dramatisch, auf der Baustelle sieht alles ordentlich aus. Der Fonds du Logement hat die Maßnahmen umgesetzt, die er versproche­n hatte“, sagt Sitz auf LW-Anfrage. Diese Woche will er nun im Gemeindera­t entscheide­n, ob den betroffene­n Gastwirten die Terrasseng­ebühren erlassen werden können.

„Wir möchten die erste Zeit abwarten und schauen, wie sich die Lage entwickelt. Ich kann mich momentan nicht so weit aus dem Fenster lehnen.“Die Gemeinde überlegt sich, den betroffene­n Wirten zusätzlich­e Optionen in Aussicht zu stellen, damit sie ihre Verluste vom Restaurant­geschäft für die Zeit der Baustelle auffangen können. Wie diese konkret aussehen, müsse laut Sitz noch mit den Wirten selbst besprochen werden.

 ?? ??
 ?? ?? Etliche Restaurant­s entlang der Esplanade spüren Auswirkung­en auf ihr Geschäft durch die Baustelle des Fonds du Logement.
Etliche Restaurant­s entlang der Esplanade spüren Auswirkung­en auf ihr Geschäft durch die Baustelle des Fonds du Logement.
 ?? Fotos: Chris Karaba ?? Die Baustelle des Wohnungsba­ufonds bestimmt seit mehreren Monaten den Ortskern von Remich.
Fotos: Chris Karaba Die Baustelle des Wohnungsba­ufonds bestimmt seit mehreren Monaten den Ortskern von Remich.
 ?? ?? Lino vom „D‘Brutzel Schëff“beschwert sich über den Schmutz auf der Terrasse, der von der Baustelle ausgehe.
Lino vom „D‘Brutzel Schëff“beschwert sich über den Schmutz auf der Terrasse, der von der Baustelle ausgehe.
 ?? ?? Mickael Arcidiaco, der Besitzer des Lokals „Le Pasta Cosy“: „Wir versuchen jetzt, das Restaurant zu retten.“
Mickael Arcidiaco, der Besitzer des Lokals „Le Pasta Cosy“: „Wir versuchen jetzt, das Restaurant zu retten.“

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg