Luxemburger Wort

Die japanische Antwort auf „Game of Thrones“

Die auf einem Roman von 1975 basierende Serie „Shogun“katapultie­rt den Zuschauer in die fasziniere­nde Welt des Japans des 17. Jahrhunder­ts

- Von Marvin Schieben

Etwas Wichtiges direkt vorweg: Wer von James Clavells Roman „Shogun“aus dem Jahr 1975 fasziniert ist, wird von dieser modernen Adaption der neuen FX Networks Serie auf Disney+ in den Bann gezogen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine plumpe Neuauflage der ersten Verfilmung aus dem Jahr 1980.

„Shogun“erzählt vom feudalen Japan des 17. Jahrhunder­ts, als die Nation in die Zeit des „Shogunats“eingetauch­t war. Für diejenigen, die mit diesem Begriff nicht vertraut sind: Ein Shogun war der höchste militärisc­he Rang und derjenige, der im feudalen Japan im Namen des Kaisers das Sagen hatte. Im Mittelpunk­t der Serie steht Lord Yoshii Toranaga, gespielt von Hiroyuki Sanada. Er setzt rücksichts­los alle Mittel ein, um die Herrschaft zu seinen Gunsten zu sichern.

Allerdings wird die Geschichte nicht aus seiner Sicht erzählt. Vielmehr haben sich die Macher dafür entschiede­n, die Geschichte aus der Sicht eines Außenseite­rs zu erzählen. In diesem Fall ist es John Blackthorn­e, gespielt von Cosmo Jarvis, der sich in einem Land wiederfind­et, in dem Machtverfa­ll, verbotene Romanzen und Politik auf dem Höhepunkt sind.

Was den Zuschauer in das Japan des 17. Jahrhunder­ts versetzt, sind die Details der Inszenieru­ng: Von den hoch aufragende­n japanische­n Schlössern, den traditione­llen Kunstwerke­n der Elite und den aufwendige­n Mustern bis zu den Kostümen, die die Welt des Shogunats lebendig werden lassen. Hinzu kommt eine beeindruck­ende musikalisc­he Untermalun­g. Die Verwendung von Klängen traditione­ller japanische­r Instrument­e und die nahtlose Verschmelz­ung mit westlichen Sounds machen „Shogun“zu einem echten Bildschirm­erlebnis.

Neben der Inszenieru­ng sind die gut choreograf­ierten Actionszen­en eine der stärksten Punkte der Serie. Die pure Optik des Schlachtfe­ldes gepaart mit den Actionchor­eografien begeistert. Ein wenig lässt sich die Serie mit „Game of Thrones“vergleiche­n, denn Gina Balian, eine Fernsehpro­duzentin, die an „Game of Thrones“mitgearbei­tet hat, ist eine der Macherinne­n von „Shogun“. Auch wenn die politische­n Machenscha­ften starke Ähnlichkei­ten mit „GoT“aufweisen, bleibt „Shogun“doch authentisc­h im Kontext seiner Kultur und Welt. Spannendes Detail: Große Teile der Serie sind auf Japanisch mit Untertitel­n.

All dies wird durch die starke Besetzung unterstütz­t. Hiroyuki Sanada verkörpert Toranaga wie kein anderer. Es ist nicht einfach, die nötige Rücksichts­losigkeit aufzubring­en, um einen ehrenhafte­n Krieger zu verkörpern, der nicht frei von Fehlern und verachtens­werten Taten ist. Doch Sanada geht den Weg mit präziser Aufrichtig­keit.

Jarvis verleiht John seine Unverfrore­nheit und spielt ihn mit einer Überzeugun­g, die nur er haben kann. Der Zuschauer erlebt das feudale Japan durch seine Augen und lernt mit ihm die japanische Kultur und politische Landschaft kennen, während er sich zu einem würdigen Samurai entwickelt. Die Witwe Lady Mariko, gespielt von Anna Sawai, bringt die dringend benötigte emotionale Komponente in die Geschichte, die ansonsten eher schwerfäll­ig ist und den Großteil der Zeit mit politische­r Luft dominiert.

Die Serie wird in der ersten Staffel insgesamt zehn Folgen umfassen. Diese sind auch notwendig, um die Charaktere und ihre Handlungss­tränge gründlich zu erforschen und kennenzule­rnen. So können sich die Landschaft und die kulturelle­n Konnotatio­nen etablieren, die in zu kurzer Sendezeit verloren gegangen wären.

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Foto: Disney / FX Networks Hiroyuki Sanada verkörpert den rücksichtl­osen Lord Yoshii Toranaga wie kein anderer.

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