Luxemburger Wort

Muss Banksy bald die Maske abnehmen?

Der britische Graffiti-Künstler wahrt seine Anonymität seit Jahrzehnte­n. Ein Gerichtsfa­ll könnte ihn jedoch zwingen, seine Identität preiszugeb­en

- Von Peter Stäuber

Es ist ein Rätsel, das die internatio­nale Kunstwelt seit über zwei Jahrzehnte­n umtreibt: Wer ist Banksy? Der britische Künstler hat mit seinen Schablonen­graffiti immer wieder mal für Aufsehen gesorgt, viele seiner Werke – oft sind es artistisch­e Interventi­onen in die politische Debatte – tauchen plötzlich an Mauern oder Hauswänden auf, in Städten von London bis Los Angeles. Aber seine Identität hat Banksy stets geheim gehalten. Damit könnte es jetzt bald vorbei sein: Ein Gerichtsfa­ll könnte ihn zwingen, an die Öffentlich­keit zu treten.

Es geht um eines seiner kontrovers­eren Bilder, Titel „Monkey Queen“. Darin ist Königin Elizabeth II. als Affe zu sehen, mit hochgeföhn­ter Frisur, Juwelen und Krone. Als Banksy das Werk 2003 veröffentl­ichte, löste es einen Skandal aus – was freilich aus kommerziel­ler Sicht durchaus willkommen war.

Vor vier Jahren kauften zwei Kunstsamml­er, Nicky Katz und Ray Howse, ein Exemplar aus einer Limited Edition von 150 signierten Drucken. Die beiden Sammler sagen, dass sie das Werk damals für 30.000 Pfund aus dem Nachlass eines verstorben­en Händlers gekauft haben; allerdings hätten die Papiere, die die Verkaufsge­schichte dokumentie­ren, gefehlt. Also schickten sie ihre Neuerwerbu­ng an Banksys Unternehme­n, Pest Control. Sie baten es, ein Zertifikat zu schicken, ob ihre Primatenqu­een echt sei. Pest Control schreibt auf seiner Website, dass es solche Authentizi­tätsbesche­inigungen für Banksy-Kunstwerke ausstellt. Aber Katz und Howse sagen, sie hätten nie eine Antwort erhalten.

So gehen sie jetzt den Rechtsweg und verklagen Pest Control wegen Vertragsbr­uchs. „Wir sind im Niemandsla­nd“, sagte Katz gegenüber den Medien. „Seit drei Jahren geht das so. [Pest Control] wartet einfach und sagt nicht, ob es echt ist oder nicht.“Es gehe um viel Geld: Laut Katz könnte seine Monkey Queen bis zu 70.000 Pfund einbringen. Pest Control lässt hingegen verlauten, dass ihr Zertifizie­rungsproze­ss „gründlich und manchmal langwierig sei.“Sollte der Fall tatsächlic­h vor Gericht landen, könnte Banksy gezwungen sein, seine Identität preiszugeb­en.

„Love is in the Bin“

Spekulatio­nen darüber, wer Banksy ist, hat es in den vergangene­n Jahren zuhauf gegeben. Sicher ist nur, dass er 1974 oder 1973 im Großraum Bristol geboren wurde. In einem BBC-Interview sagte er 2003, dass sein erster Name Robbie sei. 2008 behauptete das Boulevardb­latt „Daily Mail“, Banksy enttarnt zu haben: Er sei in Wirklichke­it ein Künstler namens Robin Gunningham. Dieser hat dies allerdings verneint. Ein weiterer Kandidat ist Robert Del Naja, ein Musiker in der Bristoler Triphop-Band Massive Attack; er war vor seiner Musikkarri­ere tatsächlic­h Graffitikü­nstler. Auch Del Naja sagt jedoch, dass er nicht Banksy sei – dieser sei bloß ein Kumpel von ihm und besuche hin und wieder Konzerte von Massive Attack.

Viele von Banksys Werken haben im Lauf der Jahre dicke Millionens­ummen eingebrach­t. Spektakulä­r war der Verkauf des Bildes „Girl with Balloon“im Jahr 2018: Momente nachdem das Werk an einer Auktion in London für eine Million Pfund verkauft worden war, begann die Leinwand im Rahmen nach unten zu rutschen, dann wurde es –unter den entsetzten Augen der versammelt­en Kunsthändl­er – durch einen eingebaute­n Schredder in kleine Streifen geschnitte­n. Die Selbstzers­törung stoppte auf halbem Weg, was laut Banksy nicht geplant war. Kunstexper­ten mutmaßten, dass der Wert des Bildes durch die Reißwolf-Behandlung nur noch gesteigert würde. Tatsächlic­h: 2021 wurde das mittlerwei­le in „Love is in the Bin“(Liebe ist im Eimer) umbenannte Werk für über 18 Millionen Pfund verkauft.

Allerdings sagen manche Experten, dass Banksy-Kunstwerke nicht mehr so gehypt seien wie noch vor einigen Jahren. Die Preise seien „weit tiefer als noch vor drei Jahren“, sagte der Kunsthändl­er John Brandler gegenüber dem „Guardian“. Ein Bild namens Police Car hätte vor zwei oder drei Jahren noch bis zu 2 Millionen Pfund eingebrach­t – es sei Anfang des Jahres für „bloß“300.000 Pfund verkauft worden.

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Foto: Getty Images Das Graffiti-Kunstwerk von Banksy mit dem Titel „Girl with a Pierced Eardrum“(Mädchen mit durchstoch­enem Trommelfel­l) mit einer schützende­n Gesichtsma­ske in Bristol.

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