Warum der Verhandlungsappell in der Ukraine ungehört verhallt
Im Podcast erklärt Osteuropa-Korrespondent Stefan Schocher, warum der Überlebenswille der ukrainischen Nation nach wie vor stark ist
Auch mehr als zwei Jahre nach der großangelegten russischen Invasion in der Ukraine sieht Osteuropa-Korrespondent Stefan Schocher keine Indizien für ein Einbrechen des Überlebenswillens der Nation. „An der Grundvoraussetzung hat sich nichts geändert“, sagt Schocher in der siebte und letzten regulären Folge des Podcasts „Mit dem Fahrrad von Luxemburg nach Kiew“. Dass das Land weiter Widerstand gegen den Angreifer leiste, hänge eng mit den Gräueltaten von Irpin und Butscha zusammen: „Es gibt Erfahrungswerte, wie russische Besatzung aussieht – und das ist kein Zustand, der lebenswert ist.“
Zuletzt hatten Äußerungen von Papst Franziskus für Debatten gesorgt, ob die Ukrainer angesichts der militärischen Stärke Russlands und ausbleibender eigener Erfolge nicht besser Verhandlungen anstreben sollten. Schocher betrachtet die zweifellos angespannte militärische Situation jedoch nicht so negativ. „Die Ukraine hat bewiesen, dass sie aus einem Mangel sehr viel herausholen kann.“So habe sie der russischen Schwarzmeerflotte erhebliche Schäden zugefügt. „Die Motivation kann man den meisten Ukrainern nicht wegnehmen“, so der in Wien lebende Experte.
Die Stimmung hat sich eingetrübt
Die Stimmung in der Ukraine sei dennoch heute schlechter als noch vor einem Jahr. Denn die westliche Hilfe brauche zunehmend lange, weshalb der Optimismus aus dem Frühjahr 2023 gewichen sei. „Es gab dann das Versprechen seitens der EU, Artilleriegranaten in großem
Umfang zu liefern“, so Schocher. Das sei zwar in Gang gekommen, „doch Tatsache ist: Es kommt weniger, als benötigt wird“.
Die Zähigkeit der Debatten etwa um die Lieferung von deutschen Taurus-Marschflugkörpern verwundere viele Ukrainer. Zudem sei in den vergangenen Monaten das „klassische Intrigenspiel“der ukrainischen Innenpolitik zurückgekehrt. Die Machtspiele rund um den früheren Armeechef Saluschnyj und schließlich dessen Absetzung habe viele Menschen frustriert.
Die Folge behandelt die letzte Etappe der Charity Bike Tour. Sie erzählt nach, wie Merten nach seinen Tagen in Irpin und Butscha am 41. Tag der Tour in der ukrainischen Hauptstadt ankommt. Sergey, ein leidenschaftlicher Rennradfahrer und Event-Organisator, führt ihn auf Schleichwegen am Verkehr vorbei. Und er erzählt, auf welch abenteuerliche Weise es ihm seinerzeit gelang, seinen Hund Brac aus russisch besetztem Gebiet zu befreien.