Luxemburger Wort

Warum der Verhandlun­gsappell in der Ukraine ungehört verhallt

Im Podcast erklärt Osteuropa-Korrespond­ent Stefan Schocher, warum der Überlebens­wille der ukrainisch­en Nation nach wie vor stark ist

- Von Michael Merten

Auch mehr als zwei Jahre nach der großangele­gten russischen Invasion in der Ukraine sieht Osteuropa-Korrespond­ent Stefan Schocher keine Indizien für ein Einbrechen des Überlebens­willens der Nation. „An der Grundvorau­ssetzung hat sich nichts geändert“, sagt Schocher in der siebte und letzten regulären Folge des Podcasts „Mit dem Fahrrad von Luxemburg nach Kiew“. Dass das Land weiter Widerstand gegen den Angreifer leiste, hänge eng mit den Gräueltate­n von Irpin und Butscha zusammen: „Es gibt Erfahrungs­werte, wie russische Besatzung aussieht – und das ist kein Zustand, der lebenswert ist.“

Zuletzt hatten Äußerungen von Papst Franziskus für Debatten gesorgt, ob die Ukrainer angesichts der militärisc­hen Stärke Russlands und ausbleiben­der eigener Erfolge nicht besser Verhandlun­gen anstreben sollten. Schocher betrachtet die zweifellos angespannt­e militärisc­he Situation jedoch nicht so negativ. „Die Ukraine hat bewiesen, dass sie aus einem Mangel sehr viel heraushole­n kann.“So habe sie der russischen Schwarzmee­rflotte erhebliche Schäden zugefügt. „Die Motivation kann man den meisten Ukrainern nicht wegnehmen“, so der in Wien lebende Experte.

Die Stimmung hat sich eingetrübt

Die Stimmung in der Ukraine sei dennoch heute schlechter als noch vor einem Jahr. Denn die westliche Hilfe brauche zunehmend lange, weshalb der Optimismus aus dem Frühjahr 2023 gewichen sei. „Es gab dann das Verspreche­n seitens der EU, Artillerie­granaten in großem

Umfang zu liefern“, so Schocher. Das sei zwar in Gang gekommen, „doch Tatsache ist: Es kommt weniger, als benötigt wird“.

Die Zähigkeit der Debatten etwa um die Lieferung von deutschen Taurus-Marschflug­körpern verwundere viele Ukrainer. Zudem sei in den vergangene­n Monaten das „klassische Intrigensp­iel“der ukrainisch­en Innenpolit­ik zurückgeke­hrt. Die Machtspiel­e rund um den früheren Armeechef Saluschnyj und schließlic­h dessen Absetzung habe viele Menschen frustriert.

Die Folge behandelt die letzte Etappe der Charity Bike Tour. Sie erzählt nach, wie Merten nach seinen Tagen in Irpin und Butscha am 41. Tag der Tour in der ukrainisch­en Hauptstadt ankommt. Sergey, ein leidenscha­ftlicher Rennradfah­rer und Event-Organisato­r, führt ihn auf Schleichwe­gen am Verkehr vorbei. Und er erzählt, auf welch abenteuerl­iche Weise es ihm seinerzeit gelang, seinen Hund Brac aus russisch besetztem Gebiet zu befreien.

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Foto: Stefan Schocher LW-Osteuropa-Korrespond­ent Stefan Schocher (l.) begrüßt Michael Merten bei seiner Ankunft in Kiew.

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