Der Norden soll mobiler werden
Bauprojekte sollen für Entlastung im Straßenverkehr sorgen. Die Fahrt mit Bus und Bahn möchte das Ministerium attraktiv gestalten
Luxemburgs Straßen sind regelmäßig voller Autos – auch im Ösling. Manche Straßen sind bisher nicht für die zeitweise starke Nutzung ausgelegt. So staut sich der Verkehr etwa in den Spitzenstunden entlang der gesamten N7. Insgesamt sei das Auto allerdings für viele Haushalte das einzige individuelle Verkehrsmittel mit durchgehender Infrastruktur, stellt das Mobilitätsministerium im Nationalen Mobilitätsplan 2035 (PNM), der unter dem ehemaligen Mobilitätsminister François Bausch (Déi Gréng) aufgestellt wurde, fest.
Projekte sollen öffentlichen Transport attraktiver machen
Dem setzt das Mobilitätsministerium mit Bauschs Nachfolgerin Yuriko Backes (DP) mehrere aktuelle Projekte entgegen. Verbindungsstraßen, Ortsumgehungen, Straßenausbau und -sicherung sollen den Automobilverkehr in den Nordgemeinden entspannen. Aber auch der öffentliche Transport soll attraktiver werden: Künftig sollen Anschlüsse mit digitaler Hilfe im Nahverkehr garantiert sein. Zudem ist in der Nordstad ein Pilotprojekt zur Nutzung von QR-Codes geplant, die Abfahrtszeiten in Echtzeit anzeigen sollen.
Momentan werden allerdings laut PNM sowohl im ländlichen Norden als auch in der Nordstad noch 74 Prozent der Wege zwischen einem und fünf Kilometer per Auto zurückgelegt. Dabei bringt das Automobil als primäres Fortbewegungsmittel zahlreiche Nachteile wie Staus, Lärm und Verschlechterung der Luftqualität mit sich – und ist zudem teurer als der kostenlose öffentliche Nahverkehr. Letzterer soll denn auch eine qualitativ hochwertige und dementsprechend genutzte Alternative darstellen.
Überall hin mit nur zwei Umstiegen?
So sollen auch bei selten frequentierten Verbindungen, etwa aus dem ländlichen Raum in ein weiter entferntes Ballungsgebiet, maximal zwei Umstiege erforderlich sein. Das werde, heißt es, aber nur dann von den Nutzern akzeptiert, wenn der Anschluss auf der Rückfahrt gewährleistet sei. Diese Ziele aus dem PNM bewertet das Mobilitätsministerium auf Nachfrage des LW weiterhin als realistisch.
Auch im Netz der regionalen Buslinien (RGTR) werde man sicherlich Verbindungen finden, die drei Umstiege benötigen, heißt es weiter. Die Nachfrage sei in diesen Fällen allerdings zu gering, um die Kosten einer zusätzlichen Buslinie zu rechtfertigen. Wichtiger sei es, die Anschlüsse zwischen den bereits bestehenden Bus- und Zuglinien zu verbessern.
Anschluss soll gewährleistet sein
Das RGTR-Netz sei zwar bereits das europaweit dichteste für den ländlichen Raum, betont die Pressesprecherin in der Antwort des Ministeriums. Derzeit überprüfe man aber dennoch, wie Anschlüsse zwischen Bussen und zwischen Bus und Zug optimiert und weitestmöglich auch garantiert werden können. Die Sprecherin weist in diesem Zusammenhang auf ein Projekt zur Anschlusssicherung hin, das sich momentan in der Testphase befinde.
„Dabei wird dem am Bahnhof wartenden Busfahrer automatisch mitgeteilt, ob und wie viele Minuten ein Zug voraussichtlich Verspätung haben wird“, erläutert die Sprecherin. Seien es weniger als fünf Minuten, so habe der Busfahrer die Anweisung, auf den leicht verspäteten Zug zu warten. Nach Beendigung der Testphase werde dieser Service progressiv umgesetzt und kommuniziert.
Der Mangel an Kommunikation ist offenbar einer der Gründe für die häufige Bevorzugung des Autos. So gab laut dem Mobilitätsministerium in einer Umfrage aus dem vergangenen Jahr landesweit jeder zweite Einwohner an, nicht umfassend über die Verbindungen des RGTR von seinem Wohnort aus Bescheid zu wissen. Im Norden sei diese Zahl mit 47 Prozent der Einwohner nur unwesentlich geringer gewesen. Diesem Informationsmangel möchte das Ministerium nun entgegenwirken.
Zukünftig solle etwa – in Zusammenarbeit mit den für die Bushaltestellen zuständigen Gemeinden – an jedem Bushäuschen eine leicht verständliche Karte der regionalen Buslinien aushängen. Die nationale Karte des RGTR-Netzes können Interessierte gratis auf der Webseite des RGTR bestellen. An jeder der knapp 4.000 Haltestellen des Landes eine bereits in der Anschaffung 20.000 Euro teure elektronische Anzeigetafel zu errichten, sei allerdings unmöglich.
Anzeigentafel per QR-Code online abrufen
Eine kostengünstige Alternative könnte das Anbringen von haltestellenspezifischen QR-Codes sein. Mittels eines kurzen Scans per Mobiltelefon soll der Inhalt einer entsprechenden Anzeigetafel online und in Echtzeit abrufbar sein. Das Ministerium plant ein entsprechendes Pilotprojekt in der Nordstad, das demnächst anlaufen soll.
Künftig sollen sämtliche Busse mit Zählern ausgestattet werden, die automatisch die Auslastung der Buslinien erfassen. Zusammen mit repräsentativen Haushaltsbefragungen sollen die Daten ermöglichen, das Busnetz ständig an die realen Bedürfnisse der Bevölkerung anzupassen, so das erklärte Ziel des Ministeriums. „Es gilt, dem Steuerzahler für sein Geld einen möglichst effizienten öffentlichen Transport anzubieten. Daher sind die Ansprüche an den öffentlichen Transport auch nicht mit denen an einen Taxiservice zu verwechseln.“
Entlastung durch Bauprojekte erhofft
Zu den Projekten zählen auch Baumaßnahmen wie die Verbindungsstraße bei Clerf (Transversale de Clervaux) zwischen den Nationalstraßen N7 und N18, die Umgehungsstraße von Hosingen und die umfangreiche Sicherung der N7 zwischen dem Kreisverkehr Fridhaff und Weiswampach. Das Mobilitätsministerium weist darüber hinaus auf weitere Projekte hin: die Umgehungsstraßen von Diekirch, Ettelbrück und Heinerscheid sowie den Ausbau der B7 zwischen Schieren und Ettelbrück auf zwei mal zwei Spuren.
Außerdem können auch ländliche Gemeinden ihre Ortsdurchfahrten auf eine auf 30 Kilometer pro Stunde ausgelegte Gestaltung umbauen. Das ist aber nur dann auf ganzer Länge möglich, wenn es sich nicht um eine „national strukturierende Straße“handelt. Vielerorts sind die betreffenden Straßen allerdings Nationalstraßen wie die N7 oder die N18. Die Umgestaltung kann dort auf eine Länge von 200 Metern erfolgen.
Wie schnell und wie gut der Umstieg auf andere Verkehrsmittel im Ösling gelingt, bleibt abzuwarten – wird doch im PNM das heutige Luxemburger Straßennetz als Ergebnis von gut 60 Jahren konsequenter Planung ausschließlich im Sinne der Autofahrer beschrieben. Und im ländlichen Raum wird der öffentliche Transport vermutlich nie alle möglichen Wege umstandslos abdecken können.