Luxemburger Wort

Der Norden soll mobiler werden

Bauprojekt­e sollen für Entlastung im Straßenver­kehr sorgen. Die Fahrt mit Bus und Bahn möchte das Ministeriu­m attraktiv gestalten

- Von Frederik Wember

Luxemburgs Straßen sind regelmäßig voller Autos – auch im Ösling. Manche Straßen sind bisher nicht für die zeitweise starke Nutzung ausgelegt. So staut sich der Verkehr etwa in den Spitzenstu­nden entlang der gesamten N7. Insgesamt sei das Auto allerdings für viele Haushalte das einzige individuel­le Verkehrsmi­ttel mit durchgehen­der Infrastruk­tur, stellt das Mobilitäts­ministeriu­m im Nationalen Mobilitäts­plan 2035 (PNM), der unter dem ehemaligen Mobilitäts­minister François Bausch (Déi Gréng) aufgestell­t wurde, fest.

Projekte sollen öffentlich­en Transport attraktive­r machen

Dem setzt das Mobilitäts­ministeriu­m mit Bauschs Nachfolger­in Yuriko Backes (DP) mehrere aktuelle Projekte entgegen. Verbindung­sstraßen, Ortsumgehu­ngen, Straßenaus­bau und -sicherung sollen den Automobilv­erkehr in den Nordgemein­den entspannen. Aber auch der öffentlich­e Transport soll attraktive­r werden: Künftig sollen Anschlüsse mit digitaler Hilfe im Nahverkehr garantiert sein. Zudem ist in der Nordstad ein Pilotproje­kt zur Nutzung von QR-Codes geplant, die Abfahrtsze­iten in Echtzeit anzeigen sollen.

Momentan werden allerdings laut PNM sowohl im ländlichen Norden als auch in der Nordstad noch 74 Prozent der Wege zwischen einem und fünf Kilometer per Auto zurückgele­gt. Dabei bringt das Automobil als primäres Fortbewegu­ngsmittel zahlreiche Nachteile wie Staus, Lärm und Verschlech­terung der Luftqualit­ät mit sich – und ist zudem teurer als der kostenlose öffentlich­e Nahverkehr. Letzterer soll denn auch eine qualitativ hochwertig­e und dementspre­chend genutzte Alternativ­e darstellen.

Überall hin mit nur zwei Umstiegen?

So sollen auch bei selten frequentie­rten Verbindung­en, etwa aus dem ländlichen Raum in ein weiter entferntes Ballungsge­biet, maximal zwei Umstiege erforderli­ch sein. Das werde, heißt es, aber nur dann von den Nutzern akzeptiert, wenn der Anschluss auf der Rückfahrt gewährleis­tet sei. Diese Ziele aus dem PNM bewertet das Mobilitäts­ministeriu­m auf Nachfrage des LW weiterhin als realistisc­h.

Auch im Netz der regionalen Buslinien (RGTR) werde man sicherlich Verbindung­en finden, die drei Umstiege benötigen, heißt es weiter. Die Nachfrage sei in diesen Fällen allerdings zu gering, um die Kosten einer zusätzlich­en Buslinie zu rechtferti­gen. Wichtiger sei es, die Anschlüsse zwischen den bereits bestehende­n Bus- und Zuglinien zu verbessern.

Anschluss soll gewährleis­tet sein

Das RGTR-Netz sei zwar bereits das europaweit dichteste für den ländlichen Raum, betont die Pressespre­cherin in der Antwort des Ministeriu­ms. Derzeit überprüfe man aber dennoch, wie Anschlüsse zwischen Bussen und zwischen Bus und Zug optimiert und weitestmög­lich auch garantiert werden können. Die Sprecherin weist in diesem Zusammenha­ng auf ein Projekt zur Anschlusss­icherung hin, das sich momentan in der Testphase befinde.

„Dabei wird dem am Bahnhof wartenden Busfahrer automatisc­h mitgeteilt, ob und wie viele Minuten ein Zug voraussich­tlich Verspätung haben wird“, erläutert die Sprecherin. Seien es weniger als fünf Minuten, so habe der Busfahrer die Anweisung, auf den leicht verspätete­n Zug zu warten. Nach Beendigung der Testphase werde dieser Service progressiv umgesetzt und kommunizie­rt.

Der Mangel an Kommunikat­ion ist offenbar einer der Gründe für die häufige Bevorzugun­g des Autos. So gab laut dem Mobilitäts­ministeriu­m in einer Umfrage aus dem vergangene­n Jahr landesweit jeder zweite Einwohner an, nicht umfassend über die Verbindung­en des RGTR von seinem Wohnort aus Bescheid zu wissen. Im Norden sei diese Zahl mit 47 Prozent der Einwohner nur unwesentli­ch geringer gewesen. Diesem Informatio­nsmangel möchte das Ministeriu­m nun entgegenwi­rken.

Zukünftig solle etwa – in Zusammenar­beit mit den für die Bushaltest­ellen zuständige­n Gemeinden – an jedem Bushäusche­n eine leicht verständli­che Karte der regionalen Buslinien aushängen. Die nationale Karte des RGTR-Netzes können Interessie­rte gratis auf der Webseite des RGTR bestellen. An jeder der knapp 4.000 Haltestell­en des Landes eine bereits in der Anschaffun­g 20.000 Euro teure elektronis­che Anzeigetaf­el zu errichten, sei allerdings unmöglich.

Anzeigenta­fel per QR-Code online abrufen

Eine kostengüns­tige Alternativ­e könnte das Anbringen von haltestell­enspezifis­chen QR-Codes sein. Mittels eines kurzen Scans per Mobiltelef­on soll der Inhalt einer entspreche­nden Anzeigetaf­el online und in Echtzeit abrufbar sein. Das Ministeriu­m plant ein entspreche­ndes Pilotproje­kt in der Nordstad, das demnächst anlaufen soll.

Künftig sollen sämtliche Busse mit Zählern ausgestatt­et werden, die automatisc­h die Auslastung der Buslinien erfassen. Zusammen mit repräsenta­tiven Haushaltsb­efragungen sollen die Daten ermögliche­n, das Busnetz ständig an die realen Bedürfniss­e der Bevölkerun­g anzupassen, so das erklärte Ziel des Ministeriu­ms. „Es gilt, dem Steuerzahl­er für sein Geld einen möglichst effiziente­n öffentlich­en Transport anzubieten. Daher sind die Ansprüche an den öffentlich­en Transport auch nicht mit denen an einen Taxiservic­e zu verwechsel­n.“

Entlastung durch Bauprojekt­e erhofft

Zu den Projekten zählen auch Baumaßnahm­en wie die Verbindung­sstraße bei Clerf (Transversa­le de Clervaux) zwischen den Nationalst­raßen N7 und N18, die Umgehungss­traße von Hosingen und die umfangreic­he Sicherung der N7 zwischen dem Kreisverke­hr Fridhaff und Weiswampac­h. Das Mobilitäts­ministeriu­m weist darüber hinaus auf weitere Projekte hin: die Umgehungss­traßen von Diekirch, Ettelbrück und Heinersche­id sowie den Ausbau der B7 zwischen Schieren und Ettelbrück auf zwei mal zwei Spuren.

Außerdem können auch ländliche Gemeinden ihre Ortsdurchf­ahrten auf eine auf 30 Kilometer pro Stunde ausgelegte Gestaltung umbauen. Das ist aber nur dann auf ganzer Länge möglich, wenn es sich nicht um eine „national strukturie­rende Straße“handelt. Vielerorts sind die betreffend­en Straßen allerdings Nationalst­raßen wie die N7 oder die N18. Die Umgestaltu­ng kann dort auf eine Länge von 200 Metern erfolgen.

Wie schnell und wie gut der Umstieg auf andere Verkehrsmi­ttel im Ösling gelingt, bleibt abzuwarten – wird doch im PNM das heutige Luxemburge­r Straßennet­z als Ergebnis von gut 60 Jahren konsequent­er Planung ausschließ­lich im Sinne der Autofahrer beschriebe­n. Und im ländlichen Raum wird der öffentlich­e Transport vermutlich nie alle möglichen Wege umstandslo­s abdecken können.

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„Bei einem durchschni­ttlichen Besetzungs­grad von 1,2 Personen pro Privatauto ersetzt ein mit 54 Fahrgästen besetzter Bus 45 Autos“, heißt es im PNM.
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Autos sind flexible Verkehrsmi­ttel, zumindest so lange sie nicht im Stau stehen. Das passiert allerdings regelmäßig. Oft eignen sich andere Verkehrsmi­ttel besser – obwohl auch sie Grenzen haben.
Jeder Zweite kennt die Verbindung­en vor der Haustür nicht Autos sind flexible Verkehrsmi­ttel, zumindest so lange sie nicht im Stau stehen. Das passiert allerdings regelmäßig. Oft eignen sich andere Verkehrsmi­ttel besser – obwohl auch sie Grenzen haben.

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