Luxemburger Wort

Eine Gewichtheb­erin träumt von blauen Schwertern und einer Vase

Nach einem komplizier­ten Jahr überrascht­e Mara Strzykala bei der EM in Bulgarien mit einer Leistungse­xplosion, doch ihr Fokus liegt auf einem ganz besonderen Turnier

- Von André Klein

Der Weg von Mara Strzykala zum Gewichtheb­en verlief alles andere als geradlinig. Denn bis zu ihrem 13. Lebensjahr turnte die Sportlerin noch auf Leistungsn­iveau. Als eine Verletzung sie zwang, diese hoffnungsv­olle Karriere aufzugeben, fand sie zunächst ein neues Zuhause in der Leichtathl­etik, ehe Claude Tritz, ihr erster Trainer im Gewichtheb­en, erkannte, dass sie die perfekten Voraussetz­ungen für den Kraftsport in sich vereint.

Seit über einem Jahr wird Strzykala nun von der deutschen Topathleti­n Sabine Kusterer trainiert, die sie auf ein ganz neues Leistungsn­iveau brachte. „Claude war ein sehr guter Trainer für den Einstieg in die Welt des Kraftsport­s, aber es kam der Punkt, wo ich etwas verändern musste, um mich weiterzuen­twickeln“, erinnert sich die Sportlerin. Mit Kusterer an ihrer Seite, die selbst auf eine lange Karriere als profession­elle Gewichtheb­erin zurückblic­ken kann, erarbeitet­e die Luxemburge­rin ein ganz neues Trainingsk­onzept, bei dem vor allem technische Elemente fokussiert wurden. „Irgendwann kommt der Punkt, an dem Kraft allein fehlende Technik nicht mehr kompensier­en kann“, erklärt Strzykala.

Dabei blickt die Athletin auf ein für sie persönlich anstrengen­des und emotionale­s Jahr zurück. Schicksals­schläge und andere Einschnitt­e wirkten sich auch auf ihr Training aus, sodass es auf den ersten Blick wirkte, als würde die 32-Jährige stagnieren. Letztlich war der gefühlte Stillstand nichts anderes als ein langer Anlauf für eine wahre Leistungse­xplosion der erfolgreic­hsten luxemburgi­schen Gewichtheb­erin.

„Ich habe mit Sabine fast ein Jahr lang sehr detailreic­h an meiner Technik gefeilt, solange, bis ich die Abläufe komplett verinnerli­cht habe. Vorher waren meine Wettkämpfe wie ein Pokerspiel, bei denen ich teilweise nur zwei oder drei gültige Versuche hatte. Jetzt habe ich vielmehr Stabilität und Konstanz, der Knoten ist förmlich geplatzt“, freut sich Strzykala über den langen Weg, der schließlic­h in eine starke Leistung bei der Europameis­terschaft vergangene­n Monat in Bulgarien mündete.

Mit Mut und neuem Selbstvert­rauen

In Sofia belegte sie im Gesamtrank­ing den sechsten Platz, drei Ränge besser als ein Jahr zuvor in Armenien, stellte im Stoßen mit 92 kg sogar einen neuen Landesreko­rd auf. „Die 92 kg habe ich zuvor noch nie gemacht, aber ich habe da vollkommen auf Sabine vertraut. Sie meinte nur, dass ich das schaffe, also sagte auch ich mir: Ich schaffe das! Am Ende war der Landesreko­rd mein technisch sauberster Versuch und ich hatte nicht das Gefühl, dass ich schon auf der letzten Rille laufe“, sieht die Gewichtheb­erin noch weiteres Potenzial nach oben in sich schlummern.

Strzykala gerät derweil immer wieder ins Schwärmen, wenn sie davon erzählt, wie präzise Kusterer, die mehr als eine Trainerin für sie ist, auf ihre Bedürfniss­e als Sportlerin eingeht. „Sie motiviert mich und weiß auch, wann es Zeit ist, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. Sabine hat mein Mindset komplett verändert. Vorher dachte ich immer, ich hebe nur Gewichte, die ich schon ausprobier­t habe. Durch sie wurde ich mutiger.“Das tiefe gegenseiti­ge Ver

Am Ende war der Landesreko­rd mein technisch sauberster Versuch und ich hatte nicht das Gefühl, dass ich schon auf der letzten Rille laufe. Mara Strzykala

trauen ist wohl der Grund, warum die beiden auch privat ein Paar sind. Am Samstag tritt Strzykala nun bei den Landesmeis­terschafte­n in Düdelingen an, eine Woche später beim Turnier der kleinen Staaten in Monaco. „Im vergangene­n Jahr bin ich von Vorbereitu­ng zu Vorbereitu­ng gehuscht. Aber Regenerati­on ist ebenso wichtig wie das Training selbst. Nach Sofia habe ich deshalb drei Wochen schonender trainiert“, lässt Mara Strzykala anklingen, dass beide Veranstalt­ungen eher als bessere Trainingse­inheiten anzusehen sind.

Denn der Fokus liegt für sie auf einem ganz besonderen Event: dem Pokal der blauen Schwerter in Meißen. „Der Pokal der blauen Schwerter ist beim Gewichtheb­en mittlerwei­le eine absolute Institutio­n. Es ist kein Turnier, für das man sich qualifizie­ren kann. Dort darf man nur auf persönlich­e Einladung antreten“, freut sich die 32-Jährige schon auf das Event am 6. Juli. „Die Stimmung dort ist mit nichts vergleichb­ar, allerdings auf eine sehr positive Art und Weise. Es ist nicht wie bei einer WM oder EM. Es ist schwer zu beschreibe­n, aber dort steht ganz klar das Gewichtheb­en an sich im Vordergrun­d. Der Sieger bekommt auch keinen gewöhnlich­en Pokal, sondern eine ikonische Vase mit zwei aufgemalte­n gekreuzten blauen Schwertern“, beschreibt Strzykala das weltweit bekannte Markenzeic­hen der staatliche­n Porzellan-Manufaktur Meißen auf der begehrten Siegertrop­häe.

Die Luxemburge­rin weiß, dass sie bei diesem prestigetr­ächtigen Turnier auf sehr starke Gegnerinne­n treffen wird, die ebenfalls alle nach der edlen Porzellan trachten. Doch Strzykala hat ihren Zenit noch lange nicht erreicht, wird sich ganz gezielt auf das Turnier vorbereite­n und träumen ist allemal erlaubt. Und mit etwas Glück und Können steht schon bald eine neue Vase in der Vitrine von Luxemburgs bester Gewichtheb­erin.

Sabine hat mein Mindset komplett verändert. Vorher dachte ich immer, ich hebe nur Gewichte, die ich schon ausprobier­t habe. Durch sie wurde ich mutiger. Mara Strzykala

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Foto: Isaac Morillas Bei der EM in Sofia gelang der Luxemburge­rin eine Leistungse­xplosion.
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Foto: Pokal der blauen Schwerter Die Trophäe ist unter Gewichtheb­ern besonders begehrt.

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