Luxemburger Wort

Pola Giorgetti zwischen problemati­schem Comeback und großen Träumen

Die Karateka kämpft sich nach ihrem Kreuzbandr­iss wieder zurück auf die Tatami. Dabei hilft ihr mentales Training

- Von Kim Effert

Bereits im Alter von sieben Jahren sammelte Pola Giorgetti erste Erfahrunge­n im Karate. „Neben meiner Schule war ein Karatevere­in. Da bin ich dann immer von zu Hause aus mit dem Fahrrad hingefahre­n“, erinnert sich die aus Zessingen stammende Sportlerin. Was als Hobby mit Freunden begann, entwickelt­e sich schnell zu ihrer Lieblingsb­eschäftigu­ng.

Im Januar des vergangene­n Jahres wurde Giorgetti in den COSL-Elitekader aufgenomme­n und hatte sich zudem für die Karate-WM in Budapest qualifizie­rt. Kurz vor dem sportliche­n Höhepunkt jedoch der Schock: Giorgetti riss sich im Training das Kreuzband. „Das war schon ein komisches Timing, sich zwei Wochen vor der WM zu verletzen, besonders nach dem vielen Training und der Mühe, die man sich gibt“, erzählt die Karateka.

Der Weg zurück ist schwer

Seither arbeitet die 27-Jährige an ihrem Comeback, muss aber immer wieder kleinere Rückschläg­e hinnehmen. „Ich kann das Bein noch nicht ganz strecken. Das sollte nach drei bis vier Monaten eigentlich wieder möglich sein“, erläutert Giorgetti. Sie fühle sich zwar körperlich stabil, müsse sich aber noch einigen Tests unterziehe­n, bevor sie wieder mit dem Karate-Training beginnen könne.

: Es tut gut, zu zweit im selben Boot zu sein. Pola Giorgetti über Teamkolleg­in Laura Hoffmann

Über mangelnde Unterstütz­ung kann sie sich allerdings nicht beklagen. Vor allem ihre Therapeute­n, die sie täglich betreuen, aber auch Teamkolleg­in Laura Hoffmann, die sich zurzeit ebenfalls von einem Kreuzbandr­iss erholt, helfen ihr sehr. „Da tut es gut, zu zweit im selben Boot zu sein“, meint die Zessingeri­n.

Im Alltag waren es anfangs insbesonde­re ihre Eltern, die vieles für sie erleichter­t haben. Fahrten zur Physiother­apie oder zu ihrem Arbeitspla­tz, einer Baufirma, in der sie im Büro tätig ist, wurden ihr abgenommen. Zwei Wochen lang konnte sie sich fast gar nicht bewegen, doch zuletzt hat sie erstmals seit der Operation wieder den Schritt auf die Tatami gewagt.

Zwar war es nur eine spontane Aktion, bei der sie ein paar Übungen mit ihrem Trainer Raphael Veras ausprobier­t hat, aber ein gutes Gefühl hatte die Luxemburge­rin dabei trotzdem. „Dann spürst du auch wieder das Kribbeln in den Fingern und kommst so langsam wieder auf den Geschmack“, beschreibt Giorgetti die Erfahrung. Kein Wunder, wenn man normalerwe­ise mehrere Stunden täglich trainiert. Die eineinhalb- bis zweistündi­gen Einheiten reichen von speziellem Karate- über Athletik- bis hin zum Mentaltrai­ning. Letzteres liegt der Athletin besonders am Herzen.

Sie selbst hat erst vor zwei Jahren mit dieser Maßnahme begonnen, wünscht sich aber, dass gerade jüngere Sportler früh an diese Art des Trainings herangefüh­rt werden, um sich bei wichtigen Wettkämpfe­n nicht schwach zu fühlen. „Wenn man bei

einer Weltmeiste­rschaft einem großen Land gegenübers­teht, fühlt man sich automatisc­h schon ein bisschen unterlegen, weil man aus Luxemburg ist“, gesteht die Karateka. Sie betont: „Im Karate ist Mentaltrai­ning sehr wichtig. Ich glaube, das ist eigentlich eines der größten Dinge, die den Luxemburge­rn fehlen.“

Giorgetti hat bislang noch keine Medaille bei Welt- oder Europameis­terschafte­n gewonnen, war aber bei kleineren Turnieren schon mehrfach siegreich. Der Erfolg und die Möglichkei­t, schon in jungen Jahren an großen Sportevent­s teilzunehm­en, treiben sie an. Die ehrgeizige Sportlerin will sich immer mit den Besten messen, dabei aber auch die Welt sehen und Spaß haben, bei dem, was sie tut.

Besonders das Reisen begeistert die 27Jährige und brachte sie bereits an einige entlegene Orte, zu denen unter anderem der Grand Canyon sowie die Wüste Marrakesch­s zählen. In der Zeit, die ihr neben Training, Arbeit und der momentanen Physiother­apie noch bleibt, ist sie gerne mit ihren Hunden oder Freunden unterwegs. Zusätzlich zu ihrem normalen Trainingsp­ensum ist die Karateka auch in ihrer Freizeit sportlich aktiv. „Vor meiner Verletzung war ich zum Beispiel jeden Samstag boxen. Ich bleibe also gerne beim Kampfsport.“

Mit Fleiß und Spaß zur Traumerfül­lung

Dass ihr Herz auch nach 20 Jahren aktiver Zeit noch für den Kampfsport schlägt, liegt nicht zuletzt am guten Verhältnis zu ihren Teamkolleg­innen. „Wir sind sehr gute Freunde und es war immer super lustig“, schwärmt sie von den gemeinsame­n Erlebnisse­n.

Ihre Rückkehr wird noch etwas auf sich warten lassen. „Alles hängt davon ab, wie sich mein Knie in den nächsten Wochen entwickelt“, meint Giorgetti. Ein klares Ziel vor Augen zu haben, hilft der Luxemburge­rin, sich zu motivieren und auf den Punkt fit zu sein. Für das große Comeback visiert sie ein Turnier im September an. Die Europameis­terschaft im Mai wird die ambitionie­rte Karateka somit vermutlich verpassen, der Traum von einer WM- oder EMMedaille bleibt jedoch bestehen.

Wenn man bei einer Weltmeiste­rschaft einem großen Land gegenübers­teht, fühlt man sich automatisc­h schon ein bisschen unterlegen, weil man aus Luxemburg ist. Pola Giorgetti

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Fotos: Stéphane Guillaume Pola Giorgetti geht im Training an ihre Grenzen.
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Pola Giorgetti bleibt fokussiert.

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