Luxemburger Wort

Solovieff fordert sofortigen Abzug aller Kriminalbe­amten

Die Police judiciaire soll sich wieder ihrer eigentlich­en Arbeit widmen können, fordern die Generalsta­atsanwälti­n und die Opposition

- Von Michèle Gantenbein

Die Kritik von Generalsta­atsanwälti­n Martine Solovieff am Einsatz von Kriminalbe­amten gegen die organisier­te Bettelei war am Donnerstag Thema in einer gemeinsame­n Sitzung der Ausschüsse für Inneres und Justiz. Die Generalsta­atsanwälti­n ist gegen den Einsatz von Kriminalbe­amten in der Spezialmis­sion. Sie hätten wichtigere Dinge zu tun.

Zur Erinnerung: In einem Brief vom 7. März 2024 an Innen- und Polizeimin­ister Léon Gloden (CSV) kritisiert Solovieff, dass die Justizauto­ritäten nicht über den Einsatz von spezialisi­erten Kriminalbe­amten, die immerhin der Justiz unterstünd­en (Stichwort Gewaltente­ilung), an der Spezialmis­sion informiert gewesen seien.

Insgesamt waren Solovieff zufolge zwischen dem 29. Januar und 29. Februar 110 Kriminalbe­amte während 880 Stunden für die Spezialmis­sion im Einsatz. Wegen des Einsatzes seien diese hoch spezialisi­erten Beamten (Jugendschu­tz, Finanzkrim­inalität, Terrorismu­sbekämpfun­g usw.) nicht vollumfäng­lich für ihre eigentlich­e Arbeit verfügbar.

In dem Zusammenha­ng erinnerte Solovieff daran, dass Luxemburg sich 2026 einer Überprüfun­g der Financial Action Task Force (FATF, Französisc­h GAFI) unterziehe­n müsse, die die Fortschrit­te des Großherzog­tums in der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismu­sfinanzier­ung unter die Lupe nehme. Angesichts zahlreiche­r unerledigt­er Dossiers habe die Justiz Besseres zu tun, als Opfer von Bettelei zu verfolgen. Auch stehe der Aufwand nicht im Verhältnis zum Ergebnis. Seit Beginn des Einsatzes seien lediglich zwei Personen protokolli­ert worden.

Die Opposition sparte nach der Sitzung nicht mit Kritik an Minister Léon Gloden. „Wir haben ein massives Problem zwischen den Institutio­nen“, meinte Meris Sehovic von Déi Gréng auf Nachfrage des „Luxemburge­r Wort“.

110 Kriminalbe­amte und 880 Stunden Einsatz

Martine Solovieff habe erneut bemängelt, über den Einsatz nicht informiert worden zu sein, so Sehovic. Staatsanwa­lt Georges Oswald habe darauf hingewiese­n, dass der Spezialein­satz, was die Besetzung und die Vorgehensw­eise betrifft, nicht geeignet sei, um auch, wie von Gloden dargelegt, gegen Drogenkrim­inalität und Zuhälterei vorzugehen. Oswald habe zudem vor einer Vermischun­g von administra­tiven und Kriminalbe­amten gewarnt, weil dadurch rechtsstaa­tliche Probleme entstehen könnten. Bei den Justizbehö­rden und der Kriminalpo­lizei herrsche wegen des Einsatzes große Unzufriede­nheit.

Der Vorsitzend­e der Kommission für Inneres, Marc Lies (CSV), erklärte, dass Justiz und Polizei in

regelmäßig­em Kontakt stünden und dass rezent auch über den Einsatz von Kriminalbe­amten diskutiert worden sei, „die Kommunikat­ion war allem Anschein nach aber wohl nicht konkret genug“.

Dass 110 Kriminalbe­amte zeitweise für den Einsatz abgezogen wurden, fand er weniger schlimm, schließlic­h sei der Einsatz auf acht Stunden pro Person beschränkt gewesen. Auch zitierte Lies Polizeidir­ektor Pascal Peters, wonach der Einsatz von Kriminalbe­amten Gang und gäbe sei, zum Beispiel auf der Schueberfo­uer oder der Braderie. „Ich frage mich, ob in den Fällen auch immer so intensiv kommunizie­rt wird“, so Lies.

Wer letztendli­ch die Anweisung gegeben hat, Kriminalbe­amte hinzuzuzie­hen, ist unklar. Marc Lies zufolge kann die Anweisung nur polizeiint­ern erfolgt sein, „in Absprache mit dem Minister und Hauptstadt­bürgermeis­terin Lydie Polfer“.

„Gloden verstrickt sich in Widersprüc­he“

Léon Glodens Antworten seien nicht zufriedens­tellend gewesen, bemängelte Sehovic. Zudem verstricke er sich in widersprüc­hliche Aussagen in Bezug auf die Frage, ob er den Kriminalbe­amten Anweisunge­n erteilt habe. Das sagt auch Dan Biancalana (LSAP). „Einerseits sagt der Minister, er mische sich nicht in das operative Geschäft ein, anderersei­ts aber hat er im Parlament und auf RTL gesagt, dass der Einsatz von hoch spezialisi­erten Beamten nicht notwendig sei und er deren Abzug angeordnet habe.“

Die Generalsta­atsanwälti­n hat in ihrem Brief den Abzug sämtlicher Kriminalbe­amten aus dem Spezialein­satz gefordert. Das fordern auch die Piraten, Déi Gréng und die LSAP in einer gemeinsame­n Motion, die am Donnerstag im Parlament debattiert wurde, von der CSV-DPMehrheit und der ADR aber abgelehnt worden ist.

Der Spezialein­satz soll noch zwei Wochen fortgesetz­t werden, „allerdings wird die Zahl der Kriminalbe­amten um die Hälfte gekürzt“, so Sehovic.

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Foto: Gerry Huberty 880 Arbeitsstu­nden sind im Februar draufgegan­gen, um gegen organisier­te Bettelei vorzugehen, beschwerte sich Generalsta­atsanwälti­n Martine Solovieff.

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