Luxemburger Wort

Luxemburg und die Grenzregio­n stecken in einer strukturel­len Krise

Fehlende Wohnungen, Bevölkerun­gswachstum und die Zunahme der Beschäftig­ung von Grenzgänge­rn haben weitreiche­nde Auswirkung­en auf den Immobilien­markt

- Von Laura Bannier

Was wäre, wenn Luxemburg nach der Finanzieru­ng von Mobilitäts­projekten außerhalb seiner Grenzen nun auch Wohnprojek­te finanziere­n würde? Diese Frage stand im Mittelpunk­t eines Austausche­s zwischen Wissenscha­ftlern und politische­n Entscheidu­ngsträgern aus den vier Ländern der Großregion, der am 14. März in Thionville stattfand. Auf Einladung des Instituts der Großregion stellten Bürgermeis­ter, Wissenscha­ftler und andere institutio­nelle Vertreter ihre Analysen zum Thema Wohnen als grenzübers­chreitende Herausford­erung vor.

„Wir befinden uns heute in einer absurden Situation: Es wird zu wenig gebaut, aber wenn mehr gebaut wird, können sich die Menschen die neuen Wohnungen nicht leisten“, so Roger Cayzelle, Präsident des Instituts der Großregion. Die jüngsten Zahlen des Statec zu diesem Thema bestätigen die Wohnungskr­ise in Luxemburg, wo die Baugenehmi­gungen bis 2023 auf das Niveau von 2015 zurückfall­en werden.

Mit diesen Produktion­szahlen ist das Land weit davon entfernt, die Nachfrage zu befriedige­n. „Wir befinden uns auf einem Produktion­sniveau von etwa 4.500 Wohnungen pro Jahr. Wir bräuchten aber mindestens 6.000 bis 7.000 Wohnungen, um die Neuankömml­inge unterzubri­ngen, und den Bestand zu erneuern“, betont Julien Licheron, Immobilien­forscher am Luxembourg Institute of Socio-Economic Research (Liser).

Eine starke Wohndynami­k

Neuankömml­inge haben bei der Wohnungssu­che die Wahl zwischen Luxemburg mit seinem gesättigte­n Mietwohnun­gsmarkt und den Nachbarlän­dern. Im Großherzog­tum wurden zwischen 2005 und 2020 jährlich 11.000 neue Arbeitsplä­tze geschaffen. Nach Zahlen der Agence d’urbanisme et de développem­ent durable (Agape) Lorraine Nord haben sich 54 Prozent der Personen, die diese Arbeitsplä­tze innehaben, außerhalb der Landesgren­zen niedergela­ssen. „Man kann die Dynamik des Wohnungswe­sens in unserer Region nicht verstehen, wenn man nicht weiß, was in Luxemburg passiert. Die luxemburgi­sche Wirtschaft hängt immer mehr von der Fähigkeit ihrer Nachbarn ab, Arbeitskrä­fte aufzunehme­n“, betont Michaël Vollot, Studienbea­uftragter der Agape.

Diese starke Wohndynami­k, die sich seit den 2010er Jahren auf die Gebiete des Grenzstrei­fens konzentrie­rt, ist nicht nur auf den Zustrom neuer Arbeitskrä­fte zurückzufü­hren, sondern wird durch einen weiteren Wanderungs­strom aus Luxemburg ergänzt. Innerhalb von zehn Jahren haben sich 16.000 Einwohner Luxemburgs in Frankreich niedergela­ssen. Davon waren 37 Prozent Franzosen, 29 Prozent Portugiese­n und 22 Prozent Luxemburge­r. „Im Norden Lothringen­s geht mehr als jede zehnte Immobilie an eine Person aus Luxemburg. Innerhalb von 15 Jahren hat sich dieser Anteil verdoppelt“, so Michaël Vollot.

Lothringen ist jedoch nicht die einzige Region innerhalb der Großregion, die von dieser Bevölkerun­gsdynamik betroffen ist. Auch in

Deutschlan­d und Belgien steigen die Immobilien­preise aufgrund des Grenzgänge­rphänomens. „Vor zehn Jahren lagen die Preise für Häuser und Baugrundst­ücke in der Provinz Luxemburg unter dem wallonisch­en Durchschni­tt, heute liegen sie 11 Prozent darüber“, erklärt Jean-Marc Lambotte, Wissenscha­ftler an der Universitä­t Lüttich. Die Zahl der Belgier, die im Arrondisse­ment Arlon wohnen, geht zurück. Gleichzeit­ig steigt die Zahl derer, die sich in der Provinz Luxemburg niederlass­en.

Zersiedelt­es Gebiet

Diese empirische Bestandsau­fnahme ist den luxemburgi­schen, französisc­hen, belgischen und deutschen Vertretern im Saal nur allzu bekannt. „In unseren Gemeinden spürt man diesen Grenzdruck“, gab Clémence Pouget, die Bürgermeis­terin von Yutz, zu. Eine Feststellu­ng, die von der Bürgermeis­terin von Nilvange geteilt wurde, die auf die Schwierigk­eiten beim Erwerb von Wohneigent­um hinwies. „Mit den Grenzgänge­rn und ihren viel höheren Gehältern einerseits und den Nicht-Grenzgänge­rn anderersei­ts haben wir einen Zugang zu Wohnraum mit zwei Geschwindi­gkeiten“, merkte Alexandra Rebstock-Pinna an.

Bruno Cavaleiro, Schöffe von Esch/Alzette, wies darauf hin, dass die Grundstück­e der Stadt maximal genutzt werden. Einige Industrieb­rachen könnten für die Entwicklun­g neuer Immobilien­projekte genutzt werden. Dadurch könnte die Stadt um weitere 10.000 bis 15.000 Einwohner wachsen. Allerdings stellt sich dann die Frage nach dem erhöhten Druck auf die Stadtverwa­ltung. „Wir werden einen Bedarf an öffentlich­er Infrastruk­tur haben, den wir nur schwer finanziere­n können, weil wir schon jetzt an unsere Haushaltsg­renzen stoßen“, prognostiz­iert der Politiker.

Der Mangel an finanziell­en Mitteln für den Ausbau der Infrastruk­tur, um den Bedürfniss­en der neuen Einwohner gerecht zu werden, ist laut Moritz Petry, Bürgermeis­ter der Verbandsge­meinde Südeifel, auch auf deutscher Seite Realität. „Die deutschen Gemeinden leiden unter dem großen Druck auf dem Wohnungsma­rkt. Wir haben keinen Leerstand, und der Druck liegt vor allem auf den Flächen für den Wohnungsne­ubau“, sagte der Bürgermeis­ter von Perl, Ralf Uhlenbruch.

Wird sich die Krise über Luxemburg hinweg ausbreiten?

Diese Probleme werden sich nach den Prognosen des Statec und der Stiftung Idea nicht verbessern. Wenn der Wohlstand der letzten 30 Jahre in den nächsten 30 Jahren anhält, wird das Land im Jahr 2050 mehr als eine Million Einwohner aufnehmen müssen. Es müssen 955.000 Arbeitsplä­tze geschaffen werden, von denen 503.000 von Grenzgänge­rn besetzt werden. Dies bedeutet eine Verdoppelu­ng des Grenzgänge­rphänomens innerhalb von 30 Jahren.

„Das Modell der territoria­len Grenze scheint langfristi­g nicht nachhaltig zu sein, denn ein Grenzgänge­r ist keine Einzelpers­on, die mit 25 Jahren mit einem Diplom geboren wird, son

ophe Hansen und Stéphanie Weydert sowie der Abgeordnet­e Paul Galles und Anne Logelin, die die Posten der Vize-Präsidente­n besetzten. Einziges b-Moll der neuen Mannschaft ist, dass der Osten, für den bislang Stéphanie Weydert stand, nicht mehr vertreten ist. Es könnte morgen aber ein Vorschlag auf den Tisch kommen, der diesem Bezirk entgegenko­mmt.

Luc Frieden wird der erste CSVPremier­minister sein, der auch die Parteipräs­identschaf­t innehat. Luxemburg folgt hier dem Beispiel Deutschlan­ds, wo Angela Merkel lange Jahre beide Posten besetzte. Aber auch in verschiede­nen anderen EU-Ländern, deren Regierungs­partei der EVP angehört, wie Griechenla­nd, Irland, Finnland, ist es Usus.

Die Mandate werden für drei Jahre vergeben, dann wird das Präsidium für zwei Jahre, bis zu den nächsten Nationalwa­hlen, neu gewählt. wel

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Foto: Gerry Huberty Premiermin­ister und Parteichef in einem – viele konservati­ve Volksparte­ien halten es so.

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