EU-Staaten geben grünes Licht für Lieferkettengesetz
Nach einer politischen Hängepartie ist die Richtlinie mehrheitsfähig. Sie soll große Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen
Nach einer langen Hängepartie haben die 27 Regierungen aus den EUMitgliedstaaten am Freitag den Weg für ein EU-Lieferkettengesetz geebnet. Bei einem Treffen der EU-Botschafter aus den Mitgliedstaaten gab es ausreichend Unterstützung für die bislang umstrittene Richtlinie. Damit die Richtlinie als endgültig angenommen gilt, fehlen zwar noch einige formale Schritte, doch sollte es dabei nicht mehr zu Überraschungen kommen. „Unterschrieben!“, teilte die belgische EU-Ratspräsidentschaft, die die Verhandlungen leitete, am Freitagmittag via X mit.
Beim EU-Lieferkettengesetz geht es darum, Unternehmen stärker für Missstände in ihren Lieferketten in die Pflicht zu nehmen, etwa für Verstöße gegen Menschenrechte oder Umweltauflagen. Weil das Gesetz auch nach dem Abschluss der Verhandlungen zwischen dem EU-Parlament und den Regierungen aus den EU-Staaten umstritten blieb, hatte es in den vergangenen Wochen noch Nach-Verhandlungen gegeben, die zu einer Verwässerung des Vorhabens führten.
Unter das Gesetz werden demnach Unternehmen mit Sitz in der EU und ihre Mutterkonzerne mit mindestens 1.000 Beschäftigten fallen, die weltweit jährlich mindestens 450 Millionen Euro umsetzen.
Anfangs sollten Unternehmen mit mindestens 500 Beschäftigten darunter fallen, die jährlich 150 Millionen Euro umsetzen.
„EU-Regierungen haben die Regeln drastisch gekürzt, um Großkonzerne zu besänftigen, und haben damit Europas selbsterklärtem Ruf als Verfechter von Demokratie und Menschenrechten einen Schlag versetzt“, kritisiert deswegen die NGO Oxfam den Brüsseler Kompromiss.
„Das Gesetz ist nicht das, was es hätte sein sollen“, sagt auch Beate Beller von der NGO Global Witness, „aber es ist durch. Der Kampf geht weiter, aber wir haben den ersten Schritt gemacht.“
Luxemburg stimmt dafür
Das Gesetz ist nicht das, was es hätte sein sollen, aber es ist durch. Wir haben den ersten Schritt gemacht. Beate Beller von der NGO Global Witness
Auch die rechtsliberale luxemburgische Regierung tat sich lange – trotz Absichtserklärungen – schwer mit dem Text, der auf dem Tisch der EU-Regierungen lag. Am liebsten hätte die CSV-DP-Regierung nämlich den für Luxemburg vermeintlich wesentlichen Finanzsektor ganz vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen. Doch bis vor Kurzem waren noch einige Holdinggesellschaften im Anwendungsbereich des Regelwerkes vorhanden. Dem Vernehmen nach ist die belgische Ratspräsidentschaft allerdings in den vergangenen Tagen auf die Bedenken der luxemburgischen Regierung eingegangen, was der CSV-DP-Regierung am Freitag erlaubte, ihre Unterstützung für die Richtlinie zu signalisieren.
Laut Medienberichten enthielt sich die deutsche Bundesregierung dagegen auf Drängen des liberalen Koalitionspartners FDP bei der informellen Abstimmung am Freitag in Brüssel. Doch auch ohne Deutschland reichte es für eine Mehrheit. Nur neun Staaten gaben an, sich enthalten zu wollen.