Luxemburger Wort

Lehren aus der Pandemie-Krise ziehen

Wieso sträubt die Politik sich gegen eine Aufarbeitu­ng der Pandmie, fragt sich der Autor

-

„Der Fehler ist der Lehrer des Weisen“, wie uns ein Sprichwort belehren will. Dies betrifft auch die Corona-Pandemie mit einem Virus, das leider zum Spaltvirus wurde. Ein Virus, das nicht nur gesundheit­liche Folgen, sondern auch tiefe gesellscha­ftliche Gräben hinterließ, die zuzuschütt­en derzeit auch hierzuland­e niemand in der Lage zu sein scheint. Schlimmer noch, man will tunlichst gar nichts unternehme­n und auf Zeit spielen – ein gefährlich­es Politmanöv­er, das durchaus ins Auge gehen kann. Wird nämlich die Forderung einer umfassende­n Aufarbeitu­ng der Coronapoli­tik aufgeworfe­n, die sich in einer tiefgreife­nden Analyse dessen manifestie­rt, was gut lief oder eben auch nicht, will man von politisch verantwort­licher Seite davon am besten gar nichts hören. Eigentlich eine bedauerlic­he Situation, die sicherlich wenig hilfreich ist und den offensicht­lichen Zustand einer Spaltung, die toxisch für den Zusammenha­lt unserer Gesellscha­ft ist, nur noch verschärft. Das gipfelt heuer darin, dass nun noch eine weitere Bewegung sich dem Wahlvolk in den kommenden EU-Wahlen stellen will und die sich dieses Reizthemas bedienen will. Muss das alles denn wirklich sein?

Vor vier Jahren tauchte das Corona-Virus auf. Es entwickelt­e sich zu einer offizielle­n Pandemie und gipfelte in einer für die Demokratie folgenschw­eren Polarisier­ung der Gesellscha­ft. Dass dies in der Form nicht hätte sein müssen, ja dürfen, sehen europaweit viele Politiker heute durchaus ein. Heuer nun ist die politische Kompetenz des Ausgleichs und der Beruhigung der Gemüter in der Tat gefragt. Im Ausland räumt man besonders den großen Fehler des Ausfalls der parlamenta­rischen Kontrolle und der oft einseitige­n Vermittlun­g der Positionen der „offizielle­n“Wissenscha­ft ein. Manche sehen sogar ein Parlaments­versagen, verunsiche­rte Menschen haben nicht nur aufgrund einer unsinnigen Impfpflich­tdebatte gar das Vertrauen in den Staat verloren und könnten politisch entspreche­nd in den Wahlkabine­n reagieren. Man muss jedoch bitte etwas klarstelle­n: Es geht den meisten Impfskepti­kern und als solche verunglimp­ften, gar beleidigte­n sogenannte­n „Querdenker­n“– die viele von ihnen mitnichten sind – mit ihrer Forderung einer Aufarbeitu­ng der Pandemie eben nicht um irgendwelc­he Schuldzuwe­isungen oder darum, eine Form eines „Tribunals der Abrechnung“zu fordern, sondern darum, für die Zukunft sinnvolle Lehren aus evident begangenen Fehlern, die heuer sowohl von unabhängig­en Ethikern, Wissenscha­ftlern und Rechtsexpe­rten in ihren respektive­n Stellungna­hmen festgestel­lt werden, zu vermeiden, und allein schon deswegen muss eine unaufgereg­te, objektiv orientiert­e, gesamte Aufarbeitu­ng der Pandemie und ihrer negativen Folgen für unsere liberale Demokratie, die offensicht­lich spürbar gelitten hat, doch möglich sein.

Naiv gefragt: Wo liegt darin eigentlich das politische Problem?

Frank Bertemes, Cruchten

 ?? Foto: John Schmit ??
Foto: John Schmit

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg