Luxemburgs Kulturschätze sollen in China glänzen
Über 200 Objekte und Ensemblegruppen reisen ins Reich der Mitte und sollen in der Schau „Small but beautiful – Luxembourg Cultural Heritage Exhibition“für Zuschauerandrang sorgen
„Small but beautiful – Luxembourg Cultural Heritage Exhibition“soll die Schau heißen. Dabei ist in und um diese Ausstellung überhaupt nichts „small“. Am 27. März wird sie offiziell im Henan Museum in der chinesischen Provinzhauptstadt Zhengzhou – eine Metropole mit mehr als 12 Millionen Einwohnern – eröffnet. Bis dahin muss alles nach China versandt und aufgebaut sein. Die Zeit läuft der Abteilungsleiterin für das MNAHA-Departments „Restaurierung, Regie, Werkstätten und Lager“, Muriel Prieur, davon. „Es herrscht seit Wochen schon auch ein straffes Programm – nicht nur wegen der Ausstellung in China, sondern auch der Schauen, die in den letzten Tagen hier in Luxemburg neu anstanden.“Am Wochenende läuft der Transport.
Da war eben die Retrospektive um Kutter, als auch die neue Dauerausstellung rund um die zeitgenössische Kunst und die aktuelle Sonderschau um Edward Steichen. „Wir haben natürlich schon so weit es nur ging Arbeiten vorgezogen“, betont sie und hat doch noch in den letzten Stunden vor dem Abtransport aus dem Museumsdepot zum Cargolux-Transport alle Hände voll zu tun. Und nicht nur sie; auch ihr Kollege, der Restaurator Rainer Fischer, die Kuratoren und Verantwortlichen reisen als MNAHA-Mannschaft in Richtung Henan, damit die Stücke vor Ort sicher und fachgerecht installiert werden, die Kontakte weiter gepflegt und alles nach Plan läuft.
Tonnen an Material
Aber dauert es denn so lange, 210 Ausstellungsstücke zu verpacken? Ja, denn viele Werke und Artefakte müssen unter besonderen Bedingungen reisen – wie zum Beispiel besonders sicher in Klimakisten. „In Zusammenarbeit mit unserem Partner, einer auf Kunsttransporte spezialisierten Firma, mussten ja zum Beispiel für die Objekte Kisten und Sicherungen erdacht und gefertigt werden. Diese werden dann zum Beispiel in Anwesenheit von bei den Sicherheitsbehörden akkreditierten Personal zum Teil weit vor dem Versand geschlossen und auch versiegelt, damit sichergestellt ist, dass kein Sprengstoff mitgepackt wurde – insbesondere wenn sie zu groß
sind, um sie durch die Flughafen-Scanner zu bringen“, sagt Prieur.
Das Gewicht jeder Kiste wird genau festgehalten, die Zollpapiere vorbereitet, Versicherungsrelevantes geprüft. Eine riesige Kiste enthält allein die Dokumentationen und Zustandsberichte zu jedem einzelnen Stück. Und auch wenn ein sensibles Artefakt nur wenige Gramm wiegt, kann die Transportkiste zum Schutz ein schwerer Brocken sein. Dann wiegt auch die schwerste Kiste allein schon fast eine Tonne, also 1.000 Kilogramm.
Insgesamt mehr als 45 Kisten werden es sein; drei Lastwagen werden eng beladen werden. „Dass es 210 Ausstellungsstücke sind, heißt nicht, dass es auch 210 Einzelteile sind. Im Gegenteil. Mit Ständern, Rahmen und Teilen von Modellen kommen wir auf insgesamt 397 Objekte, die genau festgehalten werden“, betont Prieur zu der Masse an Kisten, die sich an der Transportrampe stapelt.
Kultureller Gegenbesuch nach chinesischer Schau 2018/19
Der Gegenbesuch von Luxemburgs Kulturgütern geht auf den Beginn des Austauschs mit der Schau „Ursprünge der chinesischen Zivilisation“im Nationalmuseum im Winter 2018/19 zurück. „Doch dann kam Covid und mehrfach musste die Gegenausstellung verschoben werden. Aber wir hielten an dem Wunsch einer Zusammenarbeit fest – und jetzt ist es so weit. Inzwischen sind die Kontakte sehr intensiv geworden. Man tauscht mit den chinesischen Kollegen auch mal neben den Vorbereitungen einen Scherz aus, lernt sich ein wenig privat kennen oder gibt sich gegenseitig Inspirationen. So hat die Ausstellung auch allmählich diese Breite bekommen, die erst nicht so geplant war. Dass wir in China nun diesen Querschnitt durch die Kunstund Kulturgeschichte Luxemburgs in so einem Umfang, in so unterschiedlichen Formen und Objekten zeigen, ist schon einzigartig und unterscheidet sich auch von anderen Ausstellungen“, sagt Prieur und steigt im Depot auf die Leiter, um eines der letzten Werke transportfertig zu machen.
Nüchtern steht in der Dokumentation „Pierre BLANC (1872-1946) – Mansfeld‘s Castle. Depicted place: Luxembourg City. 1927. Oil on canvas. Without frame: Height 224.5 cm; Width 167 cm; Depth 2 cm. With frame: Height 227 cm; Width 171.5 cm; Depth 4.5 cm.“– dem herrlichen Gemälde in seiner Strahlkraft wird das kaum gerecht.
„Die Ausstellung erkundet die Vergangenheit des Landes anhand einer Vielzahl archäologischer Artefakte vom Paläolithikum bis zum Mittelalter, seltener Münzen und Medaillen im Zusammenhang mit den verschiedenen Dynastien, Objekten im Zusammenhang mit der Festung Luxemburg sowie Gemälden, Keramiken, Silber und Möbeln aus der modernen und zeitgenössischen Zeit. Diese ehrgeizige Ausstellung mit über 200 Objekten, die Archäologie, Numismatik, angewandte Kunst und bildende Kunst umfasst, soll dem chinesischen Publikum ein lebendiges Bild von Luxemburg im Laufe der Zeit vermitteln“, heißt es ganz offiziell aus der Kommunikationsabteilung des Museums.
Diese ehrgeizige Ausstellung mit über 200 Objekten ... soll dem chinesischen Publikum ein lebendiges Bild von Luxemburg im Laufe der Zeit vermitteln. MNAHA zum Konzept der Schau
Und das bedeutet auch, dass in manchen Vitrinen und Sälen am Fischmarkt lediglich ein kleiner Zettel mit dem Hinweis auf den temporären Ausflug der Kulturgüter verbleibt. Aber keine Sorge: auch die Rückkehr ist längst in Planung. Doch bis August soll täglich mit mindestens 8.000 Besucher pro Öffnungstag zu rechnen sein, mit 15.000 an Spitzentagen. Das hat zumindest das chinesische Museum, das zu einem der Spitzenhäuser zur Geschichte Chinas gehört, mitgeteilt. 1.400 Quadratmeter stellen das Museum in Zhengzhou nun Luxemburg zur Verfügung – eine Fläche so groß wie das 50-Meter-Bahnen Wettkampfbecken der Coque. „Small“ist also in diesem Fall tatsächlich kaum etwas.