Die Ohnmacht des Westens
Seit Freitag sind die russischen Staatsbürger aufgefordert, wählen zu gehen, ohne dass sie tatsächlich eine Wahl hätten. Der Ausgang der Farce steht von Beginn an fest: Wladimir Putin wird der Machthaber bleiben. Dafür sorgen der ausufernde Unterdrückungsapparat und die Propagandamaschinerie des Kreml.
Zusätzlicher Rückenwind kommt für den Diktator aber auch aus einer gänzlich unerwarteten Richtung: der russischen Wirtschaft. Nach Ausbruch des Krieges waren sich die meisten Beobachter einig, dass die Ökonomie des Landes unter dem Druck der westlichen Sanktionen einknicken würden. Die EU verabschiedete bisher alleine 13 Maßnahmenpakete gegen den Aggressorstaat. 2022 zündeten die westlichen Staaten sogar die angebliche „Atombombe“unter den Wirtschaftssanktionen und schlossen wichtige russische Banken vom Zahlungssystem Swift aus.
Die Wirtschaft des Landes zeigt sich aber erstaunlich widerstandsfähig. Es gab zunächst eine Rezession, die Inflation ist hoch, doch der erwartete Kollaps blieb aus. Im vergangenen Jahr wuchs die russische Wirtschaft sogar um über drei Prozent.
Das muss dem Westen Sorgen machen, denn seine Möglichkeiten, sein ökonomisches Gewicht in politische Überzeugungskraft umzusetzen, schwinden. In der multipolaren Welt, die sich abzeichnet, werden Schurkenstaaten immer weniger auf westliche Märkte und Infrastrukturen angewiesen sein, um ihre Wirtschaft am Laufen zu halten. Alternativen tun sich überall auf. Technologie kann aus China bezogen werden, die Vereinigten Arabischen Emirate bieten einen sicheren Hafen für Geldgeschäfte.
Überraschend einfach gelang es Moskau, in Indien oder der Türkei Abnehmer für seinen Diesel zu finden, den der Westen verschmähte. Eine „Schattenflotte“von Tankern zweifelhafter Herkunft transportiert Millionen Barrel Öl über die Weltmeere. Russische Firmen beziehen weiter Komponenten und Ersatzteile aus dem Westen, nur eben über den Umweg zentralasiatischer Staaten wie Kasachstan oder Kirgisistan. Dabei gelingt es nicht nur Russland, kreative Umwege um die westlichen Sanktionen zu finden, sondern auch anderen Ländern wie Iran oder sanktionierten Kommandeuren der Hamas und der Huthis.
Auch wenn die westlichen Sanktionen verpuffen, bedeutet das nicht, dass Russland wirtschaftlich auf einem guten Weg ist. Putin ist offensichtlich nicht auf Hilfe von außen angewiesen, um sein Land zu ruinieren. Zehntausende, zum Teil gut ausgebildete, Fachkräfte haben dem Land seit Beginn des Krieges den Rücken gekehrt. Nicht-Rüstungsfirmen finden kaum noch Personal, investiert wird wenig.
Das wird die russische Wirtschaft langfristig schwächen, auf die Politik des Kreml wird das kurzfristig keinen Einfluss nehmen. Solange ihnen eine wirkliche Wahlmöglichkeit fehlt, wird unzufriedenen russischen Bürgen nichts anderes übrig bleiben, als weiterhin mit den Füßen abzustimmen.
Die Möglichkeiten des Westens, sein ökonomisches Gewicht in politische Überzeugungskraft umzusetzen, schwinden.