Déi Gréng warnen vor dem „Geist in der Flasche“
In Moutfort positionieren sich die sechs Kandidaten für die Europawahl für Nachhaltigkeit und Klimaneutralität und warnen vor Rechtspopulismus
Mit einem Appell für Fairness sowie ökologischen Umbau der Wirtschaft und mit Warnungen vor rechtspopulistischen Tendenzen haben Déi Gréng die Weichen für die Europawahlen gestellt. Bei ihrem Kongress in Moutfort präsentierte die Partei ihr Programm und die sechs Kandidaten stellten sich den 150 Mitgliedern vor. Allesamt unterstrichen sie die Notwendigkeit, auf europäischer Ebene ein Signal für Zusammenhalt zu senden.
Unter dem Slogan „Fir dech, fir muer, elo!“wollen Déi Gréng in ihre Wahlkampagne starten und die Wähler von der Bedeutung eines starken und sozial gerechten Europas überzeugen. Co-Parteipräsidentin Djuna Bernard sprach in Moutfort gar von einer „Richtungswahl, bei der es um die Zukunft unseres Kontinents geht“. Bedrohungen für das geeinte Europa sahen sie und ihr Co-Präsident Meris Sehovic zum einen von außen durch Kriege, die Klimakrise und vielerlei Konflikte in der Welt, aber auch innerhalb der Europäischen Union, nämlich durch den aufflammenden Rechtspopulismus.
Wenig Aufmerksamkeit für Klimakrise
Meris Sehovic zog eine Bilanz der Parlamentsarbeit der grünen Europaabgeordneten Tilly Metz. Die grüne Europapolitikerin habe sich erfolgreich für mehr Tierwohl eingesetzt und ein Komitee für die Überwachung von Tiertransporten mit ins Leben gerufen. Als weiteres Verdienst der EU-Abgeordneten nannte er ihr Engagement für die Offenlegung der Pharma-Verträge in der Coronakrise und für einen besseren Schienenverkehr in Europa.
Tilly Metz, die die Europaliste von Déi Gréng ein weiteres Mal anführt, sagte: „Mein Leitmotiv ist es, mich gegen Machtmissbrauch und für mehr Fairness in der Gesellschaft einzusetzen, in Europa genau wie auf globaler Ebene.“Die Spitzenkandidatin bedauerte, dass der Klimawandel in der politischen Debatte in Brüssel und Straßburg in den Hintergrund gerückt sei. „Die Klimakrise ist keineswegs gelöst, aber bei den Konservativen ist sie kein Thema mehr. Wir setzen uns konsequent für Klimaneutralität ein.“Dabei unterstrich die ehemalige Bürgermeisterin von Weilerla-Tour, dass auch ärmere Haushalte genug Geld in der Tasche haben müssten, um ihre Heizkosten zu bezahlen.
Der 29-jährige Fabricio Costa von déi jonk Gréng, auf Platz zwei der Kandidatenliste für die Europawahl, wandte sich gegen rechtsextreme Tendenzen in Brüssel. Auch in Luxemburg, so fuhr er fort, sei der politische Diskurs in den letzten Monaten lauter geworden, auch aus den Parteien der Mitte. Er erinnerte an Einlassungen von Luxemburger Politiker, in denen Flüchtlinge unter Generalverdacht gestellt worden seien. „Auch die Unabhängigkeit der Justiz wird in Frage gestellt und die Meinungsfreiheit von Künstlerinnen und Künstlern attackiert“, meinte Fabricio Costa.
„Angeekelt“von Überlegungen zu Flüchtlingen
Auch François Bausch als weiterer Kandidat für das EU-Parlament sieht ernsthafte Gefahren durch den aufkeimenden Rechtspopulismus. „Diese Parteien rufen jetzt mit Mitteln aus dem 19. Jahrhundert die Geister aus der Flasche. Als ob das die Lösungen für die Probleme des 21. Jahrhunderts sein könnten“, meinte Bausch in Moutfort. Europa müsse seine Stimme erheben für Demokratie, Freiheit und eine ökologische Marktwirtschaft.
Kandidatin Djuna Bernard, die durch ihre Arbeit in der Flüchtlingshilfe zu Déi Gréng gekommen war, sieht dieses Thema so aktuell wie zu Beginn ihres Engagements 2015. Sie pochte auf einen rechtsstaatlichen Umgang mit Flüchtlingen und prangerte ein ihren Worten nach ungerechtes Dublin-System an. Gerade zu „angeekelt“nehme sie die Überlegungen der Europäischen Volkspartei wahr, Asylbewerber in vermeintlich sicheren Drittstaaten auf die Bearbeitung ihres Antrags warten zu lassen.
Chantal Gary, die ehemalige Abgeordnete aus Grevenmacher, hatte sich besonders dem ökologischen Umbau der Landwirtschaft verschrieben und will sich in Europa für eine grundlegende Reform der Landwirtschaftspolitik einsetzen. „Mir geht es nicht darum, mit dem Finger auf die Landwirte zu zeigen, sondern Lösungen anzubieten.“Die Verbraucher hätten es verdient, mehr ökologisch erzeugte und lokale Lebensmittel in die Geschäfte und auf den Teller zu bekommen, meinte sie.
Den meisten der 150 anwesenden Parteimitgliedern unbekannt dürfte Patrick Hurst gewesen sein, der sich auf der großen Bühne vorstellte. Bis vor wenigen Tagen war der blinde EU-Kandidat der Präsident des Centre pour l’égalité de traitement (CET). Er möchte sich auf europäischer Ebene für die Rechte von Behinderten einsetzen. In der Rückschau lobte Patrick Hurst die Arbeit des ehemaligen Mobilitätsministers François Bausch, der viel für Menschen mit eingeschränkter Mobilität getan habe, zum Beispiel beim Zugang zur Tram und vielen Bahnhöfen.
Mit überwältigender Mehrheit stimmten die Parteimitglieder für die sechs Kandidaten und das Europawahlprogramm. In den nächsten Wochen soll dann die Kampagne für die Wahl am 9. Juni beginnen.