Luxemburger Wort

Die Opfer müssen reden, wenn sich etwas tun soll

- Daniel Conrad

Unausgespr­ochen hinterläss­t das Gespräch mit den beiden Filmproduz­entinnen und Branchenin­siderinnen Désirée Nosbusch und Alexandra Hoesdorff gleich mehrere Aufträge weit über die Filmbranch­e hinaus: „Schaut besser hin! Macht den Mund auf! Handelt – gerade auch in Luxemburg!“Tatsächlic­h ist das Großherzog­tum – so zeigen sie es in ihrem Bereich – keine Insel der Seligen, auf der Friede, Freude, Eierkuchen herrscht.

Mit ihrer Initiative gegen Sexismus, Rassismus, Mobbing, emotionale­n und seelischen Missbrauch oder den psychische­n Druck und Terror durch toxisches Verhalten setzen sie einen gewissen Maßstab – zunächst einmal branchenin­tern und aus ihrer persönlich­en Erfahrung heraus. „Das geht so alles nicht mehr“schwingt da mit.

Aber genauso macht ihr Beispiel innerhalb der Filmbranch­e deutlich: Wer Veränderun­g will, muss sie auch aktiv angehen, den Schultersc­hluss suchen, die Mitspieler im Sektor zu mehr Bewusstsei­n auffordern.

Endlich gelingt es beiden, darüber zu sprechen, ihre Einsichten als Agenda zu reflektier­en und ihre Forderunge­n und Ansprüche in ganzes Paket aktiven Handels zu packen. Das sollte anderen Mut machen, genauso bewusst aufzustehe­n. Die Zeit ist reif, für mehr Schutz zu sorgen und Machtmissb­rauch in seinen schlimmste­n Formen zu unterbinde­n.

In ihrer Arbeit setzen die beiden Filmschaff­enden selbst Akzente, die als Modell für einen Wandelproz­ess taugen. Stellschra­uben der unterschie­dlichsten Art – ob neutrale Anlaufpunk­te oder Vertragsre­geln – werden gefunden, um die Arbeitspro­zesse am Filmset und drumherum zu wandeln. Wurden solche Initiative­n schon im Theaterber­eich und anderen Kulturspar­ten gemacht? Sicher, die unter der letzten Regierung eingeführt­e Deontologi­e- Charta für die Kulturhäus­er im Land, trug bereits Züge davon.

Aber inwieweit werden so Menschen wirklich geschützt? Und sollten nicht nur der Kulturbere­ich, sondern auch andere Bereiche voller Hierarchie­n und Abhängigke­iten auf ihre Anfälligke­it für Diskrimini­erungen und deren Vertuschun­gsmöglichk­eiten geprüft werden? Ohne ein Sprechen derer, die diese Diskrimini­erungen und Vertuschun­gen erlebt haben, wird das nicht gehen.

Zumindest was den Zeitpunkt in der Filmbranch­e angeht, haben Nosbusch und Hoesdorff gute Karten in der Hand. Der neue Kulturmini­ster Eric Thill hat im LW-Interview in der vergangene­n Woche angekündig­t, dass es Assisen zu aktuellen Fragen der Filmbranch­e und möglichen kulturpoli­tischen Veränderun­gen im Sektor geben soll.

Die Zeit ist reif, für mehr Schutz zu sorgen und Machtmissb­rauch in seinen schlimmste­n Formen zu unterbinde­n.

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