Die Opfer müssen reden, wenn sich etwas tun soll
Unausgesprochen hinterlässt das Gespräch mit den beiden Filmproduzentinnen und Brancheninsiderinnen Désirée Nosbusch und Alexandra Hoesdorff gleich mehrere Aufträge weit über die Filmbranche hinaus: „Schaut besser hin! Macht den Mund auf! Handelt – gerade auch in Luxemburg!“Tatsächlich ist das Großherzogtum – so zeigen sie es in ihrem Bereich – keine Insel der Seligen, auf der Friede, Freude, Eierkuchen herrscht.
Mit ihrer Initiative gegen Sexismus, Rassismus, Mobbing, emotionalen und seelischen Missbrauch oder den psychischen Druck und Terror durch toxisches Verhalten setzen sie einen gewissen Maßstab – zunächst einmal branchenintern und aus ihrer persönlichen Erfahrung heraus. „Das geht so alles nicht mehr“schwingt da mit.
Aber genauso macht ihr Beispiel innerhalb der Filmbranche deutlich: Wer Veränderung will, muss sie auch aktiv angehen, den Schulterschluss suchen, die Mitspieler im Sektor zu mehr Bewusstsein auffordern.
Endlich gelingt es beiden, darüber zu sprechen, ihre Einsichten als Agenda zu reflektieren und ihre Forderungen und Ansprüche in ganzes Paket aktiven Handels zu packen. Das sollte anderen Mut machen, genauso bewusst aufzustehen. Die Zeit ist reif, für mehr Schutz zu sorgen und Machtmissbrauch in seinen schlimmsten Formen zu unterbinden.
In ihrer Arbeit setzen die beiden Filmschaffenden selbst Akzente, die als Modell für einen Wandelprozess taugen. Stellschrauben der unterschiedlichsten Art – ob neutrale Anlaufpunkte oder Vertragsregeln – werden gefunden, um die Arbeitsprozesse am Filmset und drumherum zu wandeln. Wurden solche Initiativen schon im Theaterbereich und anderen Kultursparten gemacht? Sicher, die unter der letzten Regierung eingeführte Deontologie- Charta für die Kulturhäuser im Land, trug bereits Züge davon.
Aber inwieweit werden so Menschen wirklich geschützt? Und sollten nicht nur der Kulturbereich, sondern auch andere Bereiche voller Hierarchien und Abhängigkeiten auf ihre Anfälligkeit für Diskriminierungen und deren Vertuschungsmöglichkeiten geprüft werden? Ohne ein Sprechen derer, die diese Diskriminierungen und Vertuschungen erlebt haben, wird das nicht gehen.
Zumindest was den Zeitpunkt in der Filmbranche angeht, haben Nosbusch und Hoesdorff gute Karten in der Hand. Der neue Kulturminister Eric Thill hat im LW-Interview in der vergangenen Woche angekündigt, dass es Assisen zu aktuellen Fragen der Filmbranche und möglichen kulturpolitischen Veränderungen im Sektor geben soll.
Die Zeit ist reif, für mehr Schutz zu sorgen und Machtmissbrauch in seinen schlimmsten Formen zu unterbinden.