Den lautlosen Jägern der Nacht auf der Spur
Im Raum Schüttringen haben sich gleich zwei Steinkauzpaare niedergelassen. Die Umweltorganisation natur&ëmwelt führte durch das Gebiet
Es war eine besondere Veranstaltung, die auf großes Interesse stieß: Die Organisation natur&ëmwelt lud zu der Nacht der Eulen ein. „75 Leute sind nach Schüttringen gekommen“, sagt Jim Schmitz, der Vizepräsident von natur&ëmwelt sichtlich zufrieden über das Interesse an diesen nachtaktiven Lebewesen. Die Nachtwanderung beginnt kurz nachdem die Sonne hinter dem Horizont verschwunden ist. In mehrere Gruppen aufgeteilt, brechen die Teilnehmer in die Finsternis auf.
Der Start ist an einer Kreuzung zwischen zwei Feldwegen. Die Organisatoren haben einen kleinen Infostand aufgebaut, an denen die Teilnehmer die Eulen aus der Nähe betrachten können – wenn auch nur in ausgestopfter Form. Viele Taschenlampen leuchten durcheinander, in der Ferne läutet die Glocke eines Kirchturmes. Mit zunehmender Dunkelheit wird es auf dem Feldweg immer stiller.
Langsam machen sich die Gruppen auf den Weg. Eine davon wird von dem Leichtathleten und natur&ëmwelt-Mitarbeiter Bob Bertemes begleitet. „Seien Sie nicht zu laut, dann können wir die Eulen besser hören“, bittet der Naturliebhaber. Der Steinkauz sei auf Baumhöhlen als Nistplatz angewiesen, gerne in alten Obstbäumen.
Wenn ein Ast eines Apfelbaumes durch einen Sturm abbreche und der Stumpf faule ab, dann entstehe eine kleine Höhle, in die der Steinkauz einzieht. Solche Nistplätze seien jedoch sehr selten geworden. „Es gibt weniger Bongerten als früher und die, die es gibt, werden besser gepflegt“, so Bertemes.
Im Wald nahe Schüttringen sind den Naturschützern gleich zwei Steinkauzpaare bekannt – diese gilt es nun zu finden. „Der Ruf des Männchens ist sehr attraktiv“, sagt der Guide und bleibt stehen. Er spielt der Gruppe die Aufnahme eines Steinkauzmännchens vor. „Vielleicht antwortet der richtige Steinkauz.“
Die Gruppe verstummt. 20 Ohrenpaare hören in die Nacht hinein, doch der Steinkauz scheint noch zu schlafen. Er antwortet nicht. Also geht es weiter.
Einige Eulen-Arten seien bereits in der Brutzeit angekommen und „sitzen nun auf den Eiern“. Dann höre man sie nicht mehr rufen. Der Steinkauz ist jedoch bis jetzt nicht so weit. „Steinkäuze sind sehr ortstreue Tiere, die im Prinzip auch ihrem Partner ein Leben lang treu bleiben“, sagt er und erklärt, dass diese Art für ihre „kleine Körpergröße sehr bullig und sehr stark“sei. Dabei wirke der Steinkauz, wie
alle anderen Eulen, größer, als er in Wirklichkeit ist. „Eine Eule, das sind ganz viele Federn und nur sehr wenig Vogel.“
Diese Federn seien dann auch der Grund der Lautlosigkeit, mit denen die Eulen durch die Nacht gleiten. „Man hört sie nicht fliegen“, sagt Bob Bertemes. Die Federn der Eulen seien ganz anders geformt. Er greift sich an den Kopf, denn das Anschauungsmaterial trägt der Naturführer an seiner Mütze. „Eine Eulenfeder und eine Feder eines Mäusebussards“, erklärt er. Die eine ist ganz weich, die andere eher rau.
„Eine Maus hört die Eule nicht kommen“, erklärt er weiter. Der Vogel stürzt sich auf seine Beute und zerdrückt sie mit seinen kräftigen Krallen. „Das merken wir auch, wenn wir Eulen einfangen, um sie zu beringen. Sie wehren sich mit beiden Füßen.“Dann bittet der Naturführer alle Lichter auszuschalten, denn er hört einen Waldkauz rufen. „Ach nein“, entwarnt er zugleich. „Es ist Philipp, ein anderer
Gruppenleiter. Er erklärt seinen Leuten gerade den Ruf des Waldkauzes und kann die Rufe richtig gut nachahmen.“Nach ein paar Sekunden aber hallt es aus dem dunkeln Wald zurück.
„Das ist nicht Philipp“, flüstert Bertemes. Eulen seien sehr territoriale Tiere. Wenn das Männchen ein Weibchen beeindrucken möchte, dann würde dieses es auch mit einer Gruppe Nachtwanderer aufnehmen. „Sieh nur her mein Weibchen, ich bin so laut, vor denen da unten habe ich gar keine Angst“, übersetzt Bob Bertemes die Rufe. „Er muss maximal 50 Meter in diese Richtung sitzen“, betont er immer noch ganz leise. „Wie gut, dass niemand mich hier sieht“, denke der Vogel gerade.
: Wenn in einem Krimi eine Eule zu hören ist, dann ist es meistens eine Schleiereule. Bob Bertemes, Mitarbeiter von natur&ëmwelt : Eine Eule, das sind ganz viele Federn und nur sehr wenig Vogel. Bob Bertemes, Mitarbeiter von natur&ëmwelt
Das Gleiche dachte wohl auch ein anderer Wald- und Wiesenbewohner. „Da hinten liegt ein Hase im Feld“, sagt Bertemens plötzlich und leuchtet in dessen Richtung. In der Tat ist ein kleiner brauner Haufen in einer Wiese zu erkennen – es könnte sich auch um einen Maulwurfshügel handeln. Doch Bertemes springt über den Zaun und – just in dem Moment sprintet der Hase los und verschwindet in der Dunkelheit.
Tote Mäuse und stinkende Eulen
„Junge Hasen sind die Lieblingsspeise der Uhus“, erklärt er, als er zurück über den Zaun klettert. 60 bis 80 Brutpaare gäbe es in Luxemburg. Zudem würden Uhus auch viele andere Eulenarten verspeisen. Oft würden die Naturschützer jene Ringe, mit denen sie zuvor Eulen beringten, in den Nestern von Uhus wiederfinden. „Es wäre uns lieber, sie würden Hasen erbeuten“, sagt er.
„Eulen sind keine sauberen Tiere“, gibt Bertemes weiter zu verstehen. Wenn der Eulennachwuchs keinen Hunger mehr hat, dann lässt er die Mäuse einfach liegen. Vor allem in mäusereichen Jahren könnten die Eulen „regelrecht stinken“. Diese Tatsache könne auch den unheimlichen Ruf der Eulen erklären.
„Der Ruf des Steinkauzes wurde früher mit ,Tod komm mich holen´ übersetzt“, fügt er hinzu. Zudem hielten sich die Schleiereulen sehr gerne auf Friedhöfen auf. „Es muss dort viele Mäuse gegeben haben.“Der Ruf einer Schleiereule klinge zudem sehr mystisch. Das wüssten auch die Filmemacher. „Wenn in einem Krimi eine Eule zu hören ist, dann ist es meistens eine Schleiereule“, sagt Bertemes.
Auf dem Weg zum Anfangspunkt verrät er den Besuchern noch eine kleine Sensation: „Vor nicht ganz einer Woche wurden uns zwei Raufußkauzmännchen gemeldet, die gegenseitig berufen haben.“Diese Art sei in Luxemburg eigentlich nicht heimisch. Doch ganz sicher, ob es sich wirklich um Raufußkäuze handelt, seien auch die Spezialisten sich nicht. Immerhin wurden die Tiere nur gehört, gesehen wurden sie nicht.
„Eine Eule kann auch Laute nachahmen“, so Bertemes. Beim Monitoring könne sich dies zu einem Problem entwickeln. „Wenn eine Schleiereule und eine Waldohreule sich gegenseitig zurufen und die eine Eule imitiert die Laute der anderen Eule, kann dies zu Fehlern bei der Bestimmung der Art führen.“