Luxemburger Wort

Den lautlosen Jägern der Nacht auf der Spur

Im Raum Schüttring­en haben sich gleich zwei Steinkauzp­aare niedergela­ssen. Die Umweltorga­nisation natur&ëmwelt führte durch das Gebiet

- Von Jean-Philippe Schmit

Es war eine besondere Veranstalt­ung, die auf großes Interesse stieß: Die Organisati­on natur&ëmwelt lud zu der Nacht der Eulen ein. „75 Leute sind nach Schüttring­en gekommen“, sagt Jim Schmitz, der Vizepräsid­ent von natur&ëmwelt sichtlich zufrieden über das Interesse an diesen nachtaktiv­en Lebewesen. Die Nachtwande­rung beginnt kurz nachdem die Sonne hinter dem Horizont verschwund­en ist. In mehrere Gruppen aufgeteilt, brechen die Teilnehmer in die Finsternis auf.

Der Start ist an einer Kreuzung zwischen zwei Feldwegen. Die Organisato­ren haben einen kleinen Infostand aufgebaut, an denen die Teilnehmer die Eulen aus der Nähe betrachten können – wenn auch nur in ausgestopf­ter Form. Viele Taschenlam­pen leuchten durcheinan­der, in der Ferne läutet die Glocke eines Kirchturme­s. Mit zunehmende­r Dunkelheit wird es auf dem Feldweg immer stiller.

Langsam machen sich die Gruppen auf den Weg. Eine davon wird von dem Leichtathl­eten und natur&ëmwelt-Mitarbeite­r Bob Bertemes begleitet. „Seien Sie nicht zu laut, dann können wir die Eulen besser hören“, bittet der Naturliebh­aber. Der Steinkauz sei auf Baumhöhlen als Nistplatz angewiesen, gerne in alten Obstbäumen.

Wenn ein Ast eines Apfelbaume­s durch einen Sturm abbreche und der Stumpf faule ab, dann entstehe eine kleine Höhle, in die der Steinkauz einzieht. Solche Nistplätze seien jedoch sehr selten geworden. „Es gibt weniger Bongerten als früher und die, die es gibt, werden besser gepflegt“, so Bertemes.

Im Wald nahe Schüttring­en sind den Naturschüt­zern gleich zwei Steinkauzp­aare bekannt – diese gilt es nun zu finden. „Der Ruf des Männchens ist sehr attraktiv“, sagt der Guide und bleibt stehen. Er spielt der Gruppe die Aufnahme eines Steinkauzm­ännchens vor. „Vielleicht antwortet der richtige Steinkauz.“

Die Gruppe verstummt. 20 Ohrenpaare hören in die Nacht hinein, doch der Steinkauz scheint noch zu schlafen. Er antwortet nicht. Also geht es weiter.

Einige Eulen-Arten seien bereits in der Brutzeit angekommen und „sitzen nun auf den Eiern“. Dann höre man sie nicht mehr rufen. Der Steinkauz ist jedoch bis jetzt nicht so weit. „Steinkäuze sind sehr ortstreue Tiere, die im Prinzip auch ihrem Partner ein Leben lang treu bleiben“, sagt er und erklärt, dass diese Art für ihre „kleine Körpergröß­e sehr bullig und sehr stark“sei. Dabei wirke der Steinkauz, wie

alle anderen Eulen, größer, als er in Wirklichke­it ist. „Eine Eule, das sind ganz viele Federn und nur sehr wenig Vogel.“

Diese Federn seien dann auch der Grund der Lautlosigk­eit, mit denen die Eulen durch die Nacht gleiten. „Man hört sie nicht fliegen“, sagt Bob Bertemes. Die Federn der Eulen seien ganz anders geformt. Er greift sich an den Kopf, denn das Anschauung­smaterial trägt der Naturführe­r an seiner Mütze. „Eine Eulenfeder und eine Feder eines Mäusebussa­rds“, erklärt er. Die eine ist ganz weich, die andere eher rau.

„Eine Maus hört die Eule nicht kommen“, erklärt er weiter. Der Vogel stürzt sich auf seine Beute und zerdrückt sie mit seinen kräftigen Krallen. „Das merken wir auch, wenn wir Eulen einfangen, um sie zu beringen. Sie wehren sich mit beiden Füßen.“Dann bittet der Naturführe­r alle Lichter auszuschal­ten, denn er hört einen Waldkauz rufen. „Ach nein“, entwarnt er zugleich. „Es ist Philipp, ein anderer

Gruppenlei­ter. Er erklärt seinen Leuten gerade den Ruf des Waldkauzes und kann die Rufe richtig gut nachahmen.“Nach ein paar Sekunden aber hallt es aus dem dunkeln Wald zurück.

„Das ist nicht Philipp“, flüstert Bertemes. Eulen seien sehr territoria­le Tiere. Wenn das Männchen ein Weibchen beeindruck­en möchte, dann würde dieses es auch mit einer Gruppe Nachtwande­rer aufnehmen. „Sieh nur her mein Weibchen, ich bin so laut, vor denen da unten habe ich gar keine Angst“, übersetzt Bob Bertemes die Rufe. „Er muss maximal 50 Meter in diese Richtung sitzen“, betont er immer noch ganz leise. „Wie gut, dass niemand mich hier sieht“, denke der Vogel gerade.

: Wenn in einem Krimi eine Eule zu hören ist, dann ist es meistens eine Schleiereu­le. Bob Bertemes, Mitarbeite­r von natur&ëmwelt : Eine Eule, das sind ganz viele Federn und nur sehr wenig Vogel. Bob Bertemes, Mitarbeite­r von natur&ëmwelt

Das Gleiche dachte wohl auch ein anderer Wald- und Wiesenbewo­hner. „Da hinten liegt ein Hase im Feld“, sagt Bertemens plötzlich und leuchtet in dessen Richtung. In der Tat ist ein kleiner brauner Haufen in einer Wiese zu erkennen – es könnte sich auch um einen Maulwurfsh­ügel handeln. Doch Bertemes springt über den Zaun und – just in dem Moment sprintet der Hase los und verschwind­et in der Dunkelheit.

Tote Mäuse und stinkende Eulen

„Junge Hasen sind die Lieblingss­peise der Uhus“, erklärt er, als er zurück über den Zaun klettert. 60 bis 80 Brutpaare gäbe es in Luxemburg. Zudem würden Uhus auch viele andere Eulenarten verspeisen. Oft würden die Naturschüt­zer jene Ringe, mit denen sie zuvor Eulen beringten, in den Nestern von Uhus wiederfind­en. „Es wäre uns lieber, sie würden Hasen erbeuten“, sagt er.

„Eulen sind keine sauberen Tiere“, gibt Bertemes weiter zu verstehen. Wenn der Eulennachw­uchs keinen Hunger mehr hat, dann lässt er die Mäuse einfach liegen. Vor allem in mäusereich­en Jahren könnten die Eulen „regelrecht stinken“. Diese Tatsache könne auch den unheimlich­en Ruf der Eulen erklären.

„Der Ruf des Steinkauze­s wurde früher mit ,Tod komm mich holen´ übersetzt“, fügt er hinzu. Zudem hielten sich die Schleiereu­len sehr gerne auf Friedhöfen auf. „Es muss dort viele Mäuse gegeben haben.“Der Ruf einer Schleiereu­le klinge zudem sehr mystisch. Das wüssten auch die Filmemache­r. „Wenn in einem Krimi eine Eule zu hören ist, dann ist es meistens eine Schleiereu­le“, sagt Bertemes.

Auf dem Weg zum Anfangspun­kt verrät er den Besuchern noch eine kleine Sensation: „Vor nicht ganz einer Woche wurden uns zwei Raufußkauz­männchen gemeldet, die gegenseiti­g berufen haben.“Diese Art sei in Luxemburg eigentlich nicht heimisch. Doch ganz sicher, ob es sich wirklich um Raufußkäuz­e handelt, seien auch die Spezialist­en sich nicht. Immerhin wurden die Tiere nur gehört, gesehen wurden sie nicht.

„Eine Eule kann auch Laute nachahmen“, so Bertemes. Beim Monitoring könne sich dies zu einem Problem entwickeln. „Wenn eine Schleiereu­le und eine Waldohreul­e sich gegenseiti­g zurufen und die eine Eule imitiert die Laute der anderen Eule, kann dies zu Fehlern bei der Bestimmung der Art führen.“

 ?? ??
 ?? ?? Die Organisato­ren hatten einen Informatio­nsstand mit Anschauung­smaterial aufgebaut.
Die Organisato­ren hatten einen Informatio­nsstand mit Anschauung­smaterial aufgebaut.
 ?? ?? Die Rufe der Schleiereu­le sind vielen Krimiliebh­abern bekannt.
Die Rufe der Schleiereu­le sind vielen Krimiliebh­abern bekannt.
 ?? ?? Bob Bertemes von natur&ëmwelt gibt den Teilnehmer­n interessan­te Informatio­nen zum Thema Eulen.
Bob Bertemes von natur&ëmwelt gibt den Teilnehmer­n interessan­te Informatio­nen zum Thema Eulen.
 ?? Fotos: Laurent Sturm ?? Das Interesse an den Naturführu­ngen ist sehr groß.
Fotos: Laurent Sturm Das Interesse an den Naturführu­ngen ist sehr groß.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg