Anwälte, die für mehr Humor prozessieren
Die indische Serie „Maamla Legal Hai“funktioniert, weil sie sich selbst nicht zu ernst nimmt
Sollten Sie in Indien jemals Rechtsbeistand brauchen, wenden Sie sich bloß nicht an die Anwälte des Bezirksgerichts von Patparganj. Außer, es ist egal, wie der Prozess ausgeht, so lange der Spaßfaktor im Gerichtssaal stimmt.
Und für den sorgen die quirligen Anwälte, zwischen Chai und Korruptionsversuch, zwischen Chicken Korma und Beförderungstaktieren. Mit der Serie „Maamla Legal Hai“servieren die indische Unterhaltungsindustrie und der US-Streamingdienst Netflix eine Gerichtsserie, bei der „Ally McBeal“und „Suits“sicher Pate gestanden haben. Und eine, die in ihrer Leichtherzigkeit funktioniert, weil sie sich zum Glück nicht ernst nimmt.
Die Zutaten für das rosarote Gerichts-Curry folgen dem Standardsortiment, was nicht automatisch schlecht ist. Zu dem Rudel verschrobener Anwälte von Patparganj gehören die rechtschaffende, junge Harvard-Absolventin Ananya (Naila Grewal), die zwischen Gerechtigkeit und Opportunismus schwankende Sujata (Nidhi Bisht) und VD Tyagi (Ravi Kishan), der Chef der Chaoten-Truppe, der Präsident der Anwaltskammer werden will, um den nächsten Karrieresprung zu machen.
Für die Foyer-Anwälte, sie empfangen ihre Klienten an Freiluft-Schreibtischen draußen vor dem Gericht, geht es auch darum, endlich ein richtiges Büro im Gerichtsgebäude zu bekommen – mit Klimaanlage und Namensschild.
Spielfreude der Darsteller
Auf dem Weg dahin gibt es ein paar schön absurde Fälle, ausgestattet mit jener Art von handverlesenem Landeskolorit, den ein Teil der westlichen Zuschauerschaft aus Indien erwarten dürfte – oder kennen Sie ein europäisches Gericht, vor dem zuletzt ein Papagei für sein freches Mundwerk angeklagt wurde oder an dem ein Affe einen Anwaltsstreik für bessere Arbeitsbedingungen ausgelöst hat?
Hier werden Klienten entweder von mönchsweisen oder von völlig überdrehten Juristen verteidigt, die Sprüche klopfen, die halb philosophisch oder halb verdorben sind. Da fragt Sujata mit altkluger Unschuldsmine in ihrem Plädoyer für den so dreckig daher fluchenden Papageien: „Außer in der Öffentlichkeit wird Obszönität nicht als Verstoß geahndet. Warum hinterfragen wir das?“
Gut für Manager aus der Hölle ist dieser Anwaltsspruch: „Wenn der Job würdelos ist, erhöhen Sie die Motivation.“Immerhin macht er aus einem armen Schlucker einen Regierungsbeamten, der auch dann noch als Löwe verkleidet durch die Serie springt (Die Schuld trägt der Affe. Wer sonst!).
Die gut aufgelegte und sympathische Schauspielertruppe ist auch ein Plus der Serie, spielfreudig hauen sie sich Pointen um die Ohren. Kamera und Schnitt würzen nach mit einem zwar klassischen, aber gut umgesetzten Spiel aus Großaufnahmen, Vogelperspektive und Zeitlupe. Das bringt nicht nur Abwechslung und Tempo, sondern auch jede Menge Witz.
Die Serie zeigt ein humorvoll-fluffiges Bild von Indien – das populär, aber in Teilen auch Wunschvorstellung sein dürfte –, und bedient kulturelle Klischees wohlwollend. So schlagen sich anfangs zwielichtig taktierende Anwälte auf die Seite des Guten; ein armer Bauer, der vor Gericht auch noch die Ernte verliert, lacht darüber.
Und selbst die illegale Kinderehe entpuppt sich als das Richtige, weil sich die Zwangsverheirateten lieben. Einziges Haar in dem sonst mundenden Gerichts-Zirkus-Curry sind die Melodrama-Pannen. Bei dem Versuch, Figuren wie Tyagi charakterlich Tiefe zu geben, lassen sie Schlüsselszenen unter langweiligem Pathos geradezu wegblubbern. Aber insgesamt löst „Maamla Legal Hai“das goldene Versprechen der Feelgood-Unterhaltung ein, schmackhaft und frei nach dem Motto: All‘s Well that Ends Well.
Die erste Staffel von „Maamla Legal Hai“ist in acht Folgen à rund 30 Minuten bei Netflix abrufbar.