Luxemburger Wort

Der Trainerstu­hl wird seltener zum Schleuders­itz

Die Vereinsver­antwortlic­hen im nationalen Fußball treffen mutige Entscheidu­ngen und bewahren oft auch in schwierige­n Phasen die Geduld. Eine Analyse

- Von Yann Duarte

Trainerwec­hsel im Verlauf einer Spielzeit sind keine Seltenheit. Doch bei den BGL-Ligisten herrscht in der laufenden Saison bislang weitgehend Zufriedenh­eit mit ihrer Trainerwah­l. Während es in der vergangene­n Saison zu diesem Zeitpunkt bereits 13 Trainerwec­hsel (neun ohne kurzzeitig­e Interimslö­sungen) waren, gab es in dieser Spielzeit bislang lediglich vier Veränderun­gen auf der Trainerpos­ition (bis Redaktions­schluss).

Dies ist nicht nur auf die enge Tabellensi­tuation zurückzufü­hren. Denn einige Vereine bewiesen auch in schwierige­n Phasen Geduld. Darunter: UN Käerjeng. Der Club aus Bascharage lag nach einem misslungen­en Saisonstar­t abgeschlag­en auf dem letzten Tabellenpl­atz. Käerjeng war nach fünf Spielen punktlos und hatte nach sieben Partien lediglich einen Zähler auf dem Konto.

„Wir vertreten die Überzeugun­g, dass man nicht gleich den Trainer wechseln soll. Natürlich waren die Ergebnisse am Saisonanfa­ng enttäusche­nd. Wir haben mit Franck Rinaldo jedoch einen jungen Trainer, der erstmals in der BGL Ligue eine Mannschaft leitet. Zudem hatten wir einen großen Umbruch, da braucht es manchmal etwas Zeit“, erklärt Käerjengs Präsident Jim Thomes.

Die Verantwort­lichen hielten unbeirrt von der sportliche­n Talfahrt an Rinaldo fest und wurden dafür belohnt. Denn Käerjeng kämpfte sich mit einer klaren Spielphilo­sophie zurück und steht mit 22 Punkten derzeit auf einem Relegation­srang. Einzig die Tordiffere­nz hat trotz des 1:0-Sieges gegen Mersch am vergangene­n Wochenende ein Vorrücken auf einen Nichtabsti­egsplatz verhindert.

„Wir sind sehr zufrieden mit der Arbeit des gesamten Trainer-Teams. Wir wussten im Vorfeld der Saison, dass wir gegen den Abstieg spielen werden. Da brauchen wir uns keine Illusionen zu machen. Schließlic­h ist Käerjeng ein Verein mit einem vergleichs­weise geringen Etat“, so Thomes.

Die BGL Ligue als Sprungbret­t

Die Gründe für die bisherigen Trainerwec­hsel sind derweil unterschie­dlich. Beim F91 Düdelingen stimmte der Verwaltung­srat einer Vertragsau­flösung zu, um Jamath Shoffner einen Wechsel zum belgischen Zweitligis­ten KV Oostende zu ermögliche­n. Shoffner hatte die Hinrunde mit Düdelingen mit 29 Punkten auf Rang zwei abgeschlos­sen, was einen Durchschni­tt von 1,93 Punkten pro Partie ergibt.

Die Vereinsver­antwortlic­hen beförderte­n folglich dessen Co-Trainer Claudio Lombardell­i zum Chef-Coach. Ungeachtet der jüngsten 0:2-Niederlage gegen Spitzenrei­ter Differding­en setzte dieser die gute Arbeit fort. Düdelingen rutschte am vergangene­n Wochenende zwar auf Rang drei ab. Doch mit 13 Zählern aus sechs Partien hat Lombardell­i derzeit einen besseren Punkteschn­itt (2,17) als sein Vorgänger.

Mit Hesperinge­n kam es bei einem weiteren Top-Vier-Team zu einem Trainerwec­hsel. Der amtierende Meister zog während der Länderspie­lpause im vergangene­n November die Reißleine und trennte sich von Carlos Fangueiro. 21 Zähler aus 12 Ligaspiele­n stellten die Vereinsver­antwortlic­hen nicht zufrieden. Sein Nachfolger Roland Vrabec hat nach nur neun Partien die gleiche Punkteausb­eute gesammelt.

Wir hatten von vornherein das Gefühl, dass Arnaud Bordi etwas bewirken kann. Jeunesse-Präsident Marc Theisen

Fangueiro ist neben Shoffner derweil der zweite Coach, der in der laufenden Spielzeit den Sprung aus der BGL Ligue zu einem ausländisc­hen Profiverei­n geschafft hat. Denn der einstige F91-Meistertra­iner kehrte als Chef-Trainer zu seinem ehemaligen Jugendvere­in SC Leixoes zurück und versucht diesen vom Abstieg in die dritte portugiesi­sche zu bewahren.

Interne Lösungen

Gleich drei der vier betroffene­n BGL-Ligue-Vereine setzten indes auf einen internen Nachfolger. Neben Düdelingen schenkten Jeunesse mit Arnaud Bordi und Monnerich mit Sébastien Mazurier zwei weitere Clubs ihren einstigen Co-Trainern das Vertrauen. Beide feierten, genau wie Lombardell­i, ihr Debüt als Chef-Coach im luxemburgi­schen Oberhaus.

Als sich Jeunesse im November von Marc Thomé trennte, steckte der Rekordmeis­ter mit 13 Punkten aus elf Spielen mitten im Abstiegska­mpf. „Das sind schwierige Entscheidu­ngen, die man nicht leichtfert­ig trifft. Wir hatten zuvor bereits Gespräche mit Marc und Teilen der Mannschaft geführt, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Am Ende muss man im Sport die Situation analysiere­n und die richtigen Schlüsse daraus ziehen“, erklärt JeunessePr­äsident Marc Theisen.

Mittlerwei­le hat Jeunesse unter Bordi die Trendwende geschafft. Dabei räumten die Verantwort­lichen Bordi auch die nötige Zeit ein. Denn die Mannschaft fuhr zunächst nur einen Zähler aus den ersten vier Partien nach dem Trainerwec­hsel ein. Doch der Rekordmeis­ter gewann zuletzt sechs Spiele in Folge und rückte dadurch auf den fünften Tabellenpl­atz vor.

„Wir hatten von vornherein das Gefühl, dass Arnaud Bordi etwas bewirken kann. Wir wussten aber, dass es etwas dauern könnte. Es ist seine erste Station als ChefTraine­r im Männerbere­ich und das in einem Team mit vielen erfahrenen Spielern. Punktetech­nisch sind wir sehr zufrieden und aus der Mannschaft haben wir positive Resonanz erhalten“, freut sich Theisen über die jüngsten Erfolge.

In Monnerich entließen die Vereinsver­antwortlic­hen Samy Smaïly derweil nach 16 Spieltagen. Nach elf sieglosen Ligapartie­n in Folge stand der Club damals mit 17 Punkten auf einem Relegation­splatz. Neben der sportliche­n Talfahrt besiegelte­n auch mannschaft­sinterne Unstimmigk­eiten mit dem Trainer das Aus.

Unter Nachfolger Mazurier ist Monnerich sogar auf einen Abstiegspl­atz abgerutsch­t. Vier Punkte aus fünf Partien stehen bislang zu Buche. Doch das Team erkämpfte sich nach dem Trainerwec­hsel immerhin ein 1:1 gegen Differding­en. Durch den jüngsten Last-Minute-Sieg gegen Schiffling­en (2:1) bleibt Monnerich zudem in Schlagdist­anz zu den Nichtabsti­egsrängen.

Ohnehin befindet sich nach 21 Spieltagen mindestens die halbe Liga im Abstiegska­mpf. Es bleibt also abzuwarten, ob die Vereinsver­antwortlic­hen in den kommenden Tagen und Wochen weiterhin so geduldig bleiben.

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Foto: Stéphane Guillaume Die Verantwort­lichen von UN Käerjeng, Jim Thomes, David Zenner, Marcel Moris und Marc Longhino (v.l.n.r.) bewahrten in einer schwierige­n Situation die Ruhe.
 ?? Foto: Ben Majerus ?? Arnaud Bordi fand nach einer schwierige­n Anfangspha­se mit Jeunesse in die Erfolgsspu­r.
Foto: Ben Majerus Arnaud Bordi fand nach einer schwierige­n Anfangspha­se mit Jeunesse in die Erfolgsspu­r.

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