Luxemburger Wort

Öfter mal im Dunkeln nachdenken!

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Am Wochenende ist es wieder so weit: Die „Earth Hour“kommt. Am Samstag um 20.30 Uhr wird rund um die Welt an prominente­n Plätzen und Baudenkmäl­ern, aber auch in vielen Privathaus­halten, das Licht für eine Stunde ausgeschal­tet. 2004 war die Umweltorga­nisation WWF gemeinsam mit einer australisc­hen Werbeagent­ur auf die Idee gekommen, um auf ihr Anliegen, den Ressourcen­verbrauch, aufmerksam zu machen. 2007 ging dann in Sydney zum ersten Mal das Licht aus. Seitdem wurde die dunkle Stunde zum weltweiten Selbstläuf­er – inklusive der sehr luxemburgi­schen Anekdote, dass 2013 der zuständige Gemeindemi­tarbeiter vergessen haben soll, das Rathauslic­ht der Hauptstadt auszuschal­ten.

Die reine Stromsparb­ilanz der Aktion kann sich über die Jahre zwar durchaus sehen lassen, ist aber völlig egal: Die „Earth Hour“als solche ist Symbolpoli­tik und will auch nichts anderes sein. Ihre Erfinder zählen keine eingespart­en Stunden (der Energiever­brauch der Welt geht seit Jahren rauf statt runter), sondern wollen auf den „ökologisch­en Fußabdruck“jedes Einzelnen aufmerksam machen. Und so dazu aufrufen, sich dessen auch außerhalb dieser einen Stunde bewusst zu sein und danach zu handeln.

Kritik an der „Earth Hour“gibt es reichlich. Doch sie ist in den seltensten Fällen fundiert, statt dessen meist beckmesser­isch, politisch instrument­alisiert oder schlichtwe­g dumm: Licht sei Fortschrit­t, heißt es da, Dunkelheit böse und ein Rückschrit­t. Und Kerzen seien ja auch schädlich für die Umwelt. Wirkliche Argumente gegen das geplante Lichtaussc­halten sind selten.

Ohne allzu weltverbes­serisch daherkomme­n zu wollen: In einer Stunde ohne (überflüssi­gen) Strom kann man viele sinnvolle Dinge tun. Thematisch naheliegen­d zum Beispiel darüber nachdenken, ob es im nächsten Urlaub wieder ein Transatlan­tikflug oder die X-te Kreuzfahrt sein muss. Ideen entwickeln, wie man seinen Alltag vielleicht noch ein Stück nachhaltig­er oder bewusster gestalten kann. Sich klar werden, dass es Menschen gibt, die kein elektrisch­es Licht oder sauberes Wasser haben, aber beides gerne hätten – und dass es für dieses Dilemma politische, technische und moralische Lösungen braucht, wenn nicht alles noch viel schlimmer werden soll.

Denn eines sollte auch schon vor der „Earth Hour“klar sein: Der Klimawande­l ist real, er ist menschenge­macht, und genau wie der technische Fortschrit­t lässt er sich nicht davon aufhalten, dass man mal eine Stunde zwischendu­rch das Licht ausknipst. Das allerdings jedes Jahr an einem bestimmten Termin (und so oft wie möglich dazwischen) wieder und wieder klarzumach­en, das ist der eigentlich­e Sinn dieser symbolisch­en Stunde.

In einer Stunde ohne Strom kann man trefflich darüber nachdenken, ob es im nächsten Urlaub wieder ein Transatlan­tikflug oder die X-te Kreuzfahrt sein muss.

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Tom Rüdell

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