Luxemburg soll russisches Vermögen freigeben
Denys Schmyhal dankt bei seiner Visite im Großherzogtum den Luxemburgern für die Unterstützung seines Landes und fordert „maximalen Druck“gegen Russland
Am Ende stand eine herzliche Umarmung. Auf der Pressekonferenz am frühen Dienstagnachmittag im Schloss Senningen wurde dem Beobachter schnell deutlich, dass sich hier zwei Staatsmänner verstehen. Luxemburgs Premierminister Luc Frieden (CSV) hatte es in diesem historischen Ambiente mit keinem geringeren als dem ukrainischen Regierungschef Denys Schmyhal zu tun, der zu einem Arbeitsbesuch aus dem von Russland völkerrechtswidrig angegriffenen Land in das Großherzogtum gekommen war.
Als historisch und vor allem emotional bezeichnete Frieden sodann auch das gegenseitige Aufeinandertreffen der beiden Premiers, denn Luxemburg wisse aus seiner Geschichte, was es bedeute, von einem Aggressor in seiner Existenz bedroht zu werden. „Putins Russland hat die Ukraine unprovoziert überfallen. Er will sie von der Landkarte tilgen“, sagte Frieden und zog damit Parallelen zum Schicksal des Großherzogtums im Zweiten Weltkrieg.
Und weil die Ukraine auf ihrem Territorium die westlichen, wertegeleiteten Prinzipien verteidige, müsse „Russland gestoppt“und das Land weiterhin unterstützt werden, „so lange wie nötig“. Der Westen habe nach der Annexion der Krim 2014 nicht verstanden, zu was Putin noch fähig sein würde. Dies habe man 2022 „auf die harte Tour gelernt“. Ergebnisse aus dieser Erkenntnis seien auf Luxemburger Seite in konkreten politischen Maßnahmen aufgegangen.
So habe das Großherzogtum die Ukraine politisch, militärisch, humanitär und finanziell unterstützt und werde dies auch weiterhin tun, wie Frieden bekräftigte. Politisch habe Luxemburg auf europäischer Ebene den Status der Ukraine als EU-Beitrittskandidaten unterstützt, militärisch beteilige sich das Land an Waffen- und Munitionslieferungen, humanitär helfe es unter anderem durch die Aufnahmen von ukrainischen Flüchtlingen und Hilfe vor Ort. Schließlich finanziell, indem Luxemburg zum Internationalen Währungsfonds beiträgt, mithilfe dessen die ukrainische Wirtschaft stabilisiert und aufrechterhalten wird.
Russisches Auslandsvermögen für die Ukraine
Tatsächlich sind Luxemburgs Beiträge zur Unterstützung der Ukraine nicht unbe
trächtlich – wenn auch längst nicht gemäß dem NATO-Ziel. So seien 2023 insgesamt 16 Prozent des jährlichen Verteidigungsetats, der sich 2024 auf 647 Millionen Euro (0,77 Prozent des BIP) beläuft, für das von Russland angegriffene Land freigemacht worden. Nach offiziellen Angaben sind im Haushaltsentwurf für 2024 Militärhilfen in Höhe von 69,5 Millionen Euro vorgesehen – mit Luft nach oben. Zum Vergleich: In 2022 kaufte Luxemburg Militärgüter im Wert von 74,4 Millionen Euro, in 2023 waren es 96 Millionen Euro. Einer Reduzierung der Ukraine-Unterstützung erteilte Frieden eine Absage. Im Gegenteil. Derzeit liefen Gespräche mit dem Außen- und Verteidigungsministerium mit dem Ziel
eines höheren Verteidigungsetats, so Frieden.
Insbesondere die luxemburgische Beteiligung an der „Artillerie-Koalition“, in dessen Rahmen mehrere Länder auf Initiative der Tschechischen Republik mit der Beschaffung von 800.000 Artilleriegranaten die ukrainische Munitionskrise beenden wollen, sorgte innerhalb der NATO jüngst für Aufsehen. Wie viel genau Luxemburg aus seinem Verteidigungsbudget hierfür freimachen wird, ist noch nicht klar. Eine entsprechende Abstimmung mit den belgischen und niederländischen Partnern stehe noch aus.
Mit auffällig umfangreichen Worten dankte Denys Schmyhal sowohl den luxemburgischen Regierungen als auch der Bevölkerung für die bisher geleistete Unterstützung. Gleichzeitig forderte er „maximalen Druck auf den Metall-, Finanz-, Energie- und Landwirtschaftssektor Russlands“. Es brauche jetzt einen umfassenden Einfuhrstopp russischer Lebensmittel in die EU, ein Embargo auf russisches Öl und Gas, enge Kontrollen der Möglichkeiten des Unterlaufens jener Sanktionen.
Als eines der „Schlüsselthemen“bezeichnete Schmyhal die Freigabe von in Luxemburg deponierten geschätzten 6 Milliarden
Euro russischen Auslandsvermögens. Man sei bereits einer Lösung nahe, zunächst die Profite, die mit diesem Auslandsvermögen generiert werden, der Ukraine zur Verfügung zu stellen. „Wir danken Luxemburg für die Unterstützung dieser Initiative“, sagte Schmyhal. Allerdings sehe sein Land dies lediglich als ersten Schritt einer vollständigen Übergabe des russischen Auslandsvermögens an. Die Konfiszierung russischer Vermögenswerte sei „ein wichtiges Element der globalen Sicherheitsarchitektur“und es müsse ein Präzedenzfall geschaffen werden, in dem ein „Aggressor bestraft wird und für seine Aggression bezahlen muss“.
Kurz nach seinem Termin im Schloss Senningen unterzeichnete Denys Schmyhal im Außenministerium einen Vertrag über „technische und finanzielle Zusammenarbeit“.
Es braucht jetzt einen umfassenden Einfuhrstopp russischer Lebensmittel in die EU, ein Embargo auf russisches Öl und Gas, enge Kontrollen der Möglichkeiten des Unterlaufens jener Sanktionen. Denys Schmyhal, Ukrainischer Premierminister