Ein Appell an alle Luxemburger
Luxemburgs Fußball-Nationalmannschaft hat in den kommenden Tagen eine historische Chance. Wenn sich die FLF-Auswahl am heutigen Donnerstag (18 Uhr) in Tiflis gegen Georgien durchsetzt und fünf Tage später gegen den Sieger des zweiten Halbfinales zwischen Griechenland und Kasachstan gewinnt, fährt das Team von Trainer Luc Holtz zur Europameisterschaft nach Deutschland. Damit das Wunder gelingt, muss die ganze Nation hinter der Mannschaft stehen.
Obwohl sich das FLF-Team kontinuierlich verbessert, ist das Verhältnis vieler Luxemburger zur Nationalmannschaft zwiespältig. Ähnlich wie in Deutschland entsteht oft der Eindruck, dass sich manche Beobachter sogar eher über Misserfolge freuen.
Die Ressentiments, die hauptsächlich auf Facebook und Co. zu spüren sind, haben viele Gründe. Zum einen stehen Fußballer derzeit generell in einem schlechten Licht. Das viele Geld und die regelmäßigen Skandale schaden dem Ruf einer ganzen Berufsgruppe, deren einzelne Protagonisten oft gar keinen Einfluss auf die Entwicklung haben. Bei der FLFAuswahl kommt die negative Grundeinstellung gegenüber einzelnen Spielern oder dem Nationaltrainer hinzu.
Luc Holtz darf kritisiert werden. Angesichts seiner Verdienste als FLF-Trainer erschien es jedoch absurd, dass vor seiner Vertragsverlängerung eine Beendigung der Zusammenarbeit gefordert wurde. Holtz hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Luxemburg nicht nur schönen, sondern auch erfolgreichen Fußball spielt.
Einer seiner Schützlinge sorgt mit seinem Verhalten abseits des Platzes für negative Schlagzeilen. Nicht wenige fordern deshalb, den wegen Körperverletzung in drei Fällen und der Beleidigung von Polizisten angeklagten Gerson Rodrigues aus der Nationalmannschaft zu verbannen. Bis zum Urteilsspruch, der absurderweise nächsten Mittwoch fällt, also einen Tag nach dem möglichen Endspiel um das EM-Ticket, gilt die Unschuldsvermutung.
Sollte Luxemburgs Rekordtorjäger schuldig gesprochen werden, muss tatsächlich darüber diskutiert werden, ob ein verurteilter Straftäter für die FLF-Auswahl spielen sollte. Dafür ist es aber jetzt noch zu früh.
Dass einige seiner FLF-Teamkollegen in der Vergangenheit wenig Zuspruch erhielten, hat andere Gründe. Anthony Moris und Maxime Chanot werden schneller kritisiert als andere Leistungsträger. Wer einen Spieler nur anfeuern kann, wenn er die Nationalhymne mitsingt, sollte sich nicht als Fan bezeichnen.
Die treuesten Anhänger sind heute in Tiflis, um die FLF-Auswahl zu unterstützen. Über 400 Fans sollen die weite Reise auf sich genommen haben. Im Nationalstadion werden sie es schwer haben, sich verbal gegen die knapp 55.000 Georgier durchzusetzen. Doch wenn die Mannschaft um Kapitän Laurent Jans schon im Vorfeld spürt, dass ein ganzes Land hinter ihr steht, könnte sie dem Wunder ein Stück näher kommen.
Wer einen Spieler nur anfeuern kann, wenn er die Nationalhymne mitsingt, sollte sich nicht als Fan bezeichnen.