Anhebung der Petitionshürde spaltet die Parteien
Die zuständige Kommission wurde sich gestern nicht einig, wie viele Unterschriften Petenten künftig sammeln müssen. Die Vorstellungen gehen weit auseinander
Die Politik könnte sich künftig weniger mit den Anliegen der Bürger auseinandersetzen. Das liegt daran, dass Petenten in Zukunft wohl mehr Unterschriften brauchen werden. Aktuell muss eine Petition das Quorum von 4.500 Unterschriften erreichen. Erst danach kann es von der Chamber öffentlich angehört werden und der Petent den Abgeordneten sein Anliegen in Person schildern. So schafften im vorigen parlamentarischen Jahr 19 Petitionen von insgesamt 400 den Sprung über die Unterschriften-Hürde.
Sollten die aktuellen Debatten in der Petitionskommission jedoch Realität werden, könnte diese Zahl zurückgehen. Am Mittwoch ist zwischen den Mitgliedern der Kommission eine Diskussion darüber entbrannt, wie hoch das Quorum künftig sein soll. Die Vorstellungen der Parteien liegen aktuell jedoch weit auseinander. Eine Entscheidung konnte bisher nicht getroffen werden, berichtet die Präsidentin der Petitionskommission Francine Closener (LSAP) dem „Luxemburger Wort“gegenüber. Die Mitglieder der Kommission wurden nun gebeten, sich mit ihren politischen Gruppierungen bis zur nächsten Sitzung abzusprechen. Erst dann soll entschieden werden.
Doch warum schlägt jetzt eigentlich die Zahl des Quorums so hohe Wellen, wenn eine objektive mathematische Formel dahinter steckt? Doch die gibt es eben nicht. 2013 wurde das Quorum von 4.500 Unterschriften ohne jegliche Grundlage festgelegt – auch nicht auf Basis einer Rechnung, erzählt Closener dem „Wort“.
Retroaktiv habe die Kommission dann versucht, Sinn aus der Zahl zu machen. Dabei sei man darauf gekommen, dass 4.500 Unterschriften 2011 einer Ratio von 0,6 Prozent der Einwohnerzahl plus Grenzgänger entsprochen hat. Dreizehn Jahre und ein Bevölkerungswachstum von 25 Prozent später entsprechen diese 0,6 Prozent 5.500 Menschen, so Closener. Das auf Basis der Zahlen der 37. Volkszählung der Nationalen Statistikbehörde Statec.
Drei Sitzungen und immer noch keine Entscheidung
Mit den Vorschlägen, das Quorum anzuheben, sind bisher nicht alle einverstanden. Und das, obwohl mehrere Vorschläge auf dem Tisch liegen. Von 3.000 bis sogar 6.000 Unterschriften. Letzteres soll die DP ins Spiel gebracht haben, bestätigen mehrere Mitglieder der Kommission. Nächste Woche sei die DP dann eingelenkt und hätte wieder 5.500 Unterschriften vorgeschlagen. Die DP-Abgeordnete Barbara Agostino bestätigt den 6.000er-Vorschlag der DP jedoch nicht. Ihre Partei wäre von Anfang an für ein Quorum von 5.500 Unterschriften eingetreten.
„Das ist für mich, die aus der Privatwirtschaft kommt, völlig neu, dass solche Zahlen neu verhandelt werden müssen, statt dass einfach ein System dahinter steckt“, kommentiert Agostino das Hin und Her rund um das Quorum. Dass bisher drei ganze Sitzungen gebraucht wurden, um trotzdem keine Einigung gefunden zu haben, stört Agostino.
Auch Déi Gréng wird nachgesagt, ihre Meinung geändert zu haben. Sie hätten erst einen Verbleib bei 4.500 unterstützt, eine Woche später dann für 5.000 plädiert. Me
ris Sehovic gibt auf Nachfrage vom „Wort“jedoch an, sich für die 4.500er-Marke starkgemacht zu haben.
Unter den Kleinparteien hätten sich die Piraten zudem einen Verbleib bei 4.500 Unterschriften gewünscht – oder sogar einen Rückgang, erzählt Marc Goergen dem „Wort“: „Jeder Mensch soll Zugang zur Demokratie haben.“Bloß, weil Minister „keine Lust haben, sich den Wählern zu stellen“, sei das noch kein Grund, das Quorum unrealistisch anzuheben, sagt er.
Déi Lénk hätten ebenso einen Verbleib bei 4.500 unterstützt, Wagner erklärt jedoch, dass seine Partei auch aufgrund des Bevölkerungswachstums der letzten Jahre eine Anhebung auf 5.000 akzeptieren würde. „Nur es muss objektive und verständliche Regeln geben, wie diese Zahl verändert wird.“Jede Legislaturperiode müsse das Quorum angepasst werden.
„Das sind auf einmal 1.000 Unterschriften mehr“
Warum die Parteien sich jedoch nicht unbedingt mit dem ausgerechneten Quorum von 5.500 Unterschriften zufriedengeben
wollen: „Wir können den Menschen nicht auf einmal einen Sprung von 4.500 auf 5.500 in so kurzer Zeit erklären. Wir wollen nicht, dass sie glauben, wir wollen ihnen den Weg zur Chamber versperren“, kommentiert Wagner. Für Kommissionspräsidentin Closener sei es wichtig, sich auf eine Zahl zu einigen, die dem Bevölkerungswachstum Luxemburgs gerecht wird, „aber wichtiger ist, dass wir endlich einen Kompromiss finden“.
Auch bei der CSV hat es Diskussionen um das Quorum gegeben. Die Vizepräsidentin der Kommission, Nancy Arendt (CSV), war bei den ersten Sitzungen dazu nicht anwesend. Am Mittwoch sei sie über die Zahl 5.500 erschrocken gewesen. „Das sind auf einmal 1.000 Unterschriften mehr. Die Bürger müssen doch mitsprechen können und an Debatten teilnehmen. Das gehört zu einer lebendigen Demokratie“, sagt sie. Zwar könne sie mit 5.300 leben, doch wären ihr 5.000 lieber. Der Sprung auf 5.500 sei allerdings ein regelrechter „Eingriff“. Das sage sie jedoch in ihrem Namen und nicht stellvertretend für ihre Partei.
„So ist das in dieser Kommission eigentlich immer gewesen. Wir haben das Parteipolitische herausgelassen.“An dem aktuellen Hin und Her über das Quorum sei jedoch erkennbar, dass das nicht mehr der Fall sei, bedauert sie den parteipolitischen Hickhack in der Kommission. „Und das, obwohl es sich beim Quorum um die allerwichtigste Information für die Petenten handelt.“Wichtig sei jetzt, dass sich die Parteien unter sich beraten, und man in der nächsten Kommission endlich eine Zahl für die Öffentlichkeit parat habe.
Wir können den Menschen nicht auf einmal einen Sprung von 4.500 auf 5.500 in so kurzer Zeit erklären. David Wagner, Déi Lénk