Luxemburger Wort

Auf Daniel Ricciardos lächelndem Gesicht bilden sich Sorgenfalt­en

Der Formel-1-Pilot gerät ausgerechn­et vor seinem Heimrennen in Melbourne unter Druck, weiß aber genau, wo die Probleme liegen

- Von Jean-Marie Resch

Eine Formel-1-Karriere ist selten ein ruhiger Fluss und Verträge sind nicht immer das Papier wert, auf denen sie gedruckt werden. Diese Erfahrunge­n musste auch Daniel Ricciardo in den vergangene­n anderthalb Jahren machen. Ausgerechn­et vor dem Grand Prix von Australien (Start am Sonntag um 5 Uhr Luxemburge­r Zeit) gibt es Druck für den stets gut gelaunten Racing-Bulls-Piloten.

Mit acht Siegen sowie 32 Podiumsrän­gen gehört der Australier zu den erfolgreic­hsten Piloten im aktuellen Fahrerfeld und hat seit 2011 insgesamt 241 Rennen absolviert. Der 34-Jährige muss sich aber auch den Vorwurf gefallen lassen, bei der Teamwahl nicht immer ein glückliche­s Händchen bewiesen zu haben.

Nach erfolgreic­hen Jahren mit Red Bull (sieben Siege) ging er dem immer stärker werdenden Teamkolleg­en Max Verstappen aus dem Weg und wechselte zu Renault. Das Team hinkte allerdings der Konkurrenz hinterher und nach nur zwei Jahren wechselte der Mann aus Perth zu McLaren. Gemeinsam mit Lando Norris sorgte er hier allerdings eher in der Netflix-Serie „Drive to Survive“für viel Unterhaltu­ng. Auf der Strecke selbst blieben Ricciardo und das Team größtentei­ls hinter den Erwartunge­n zurück.

McLaren reagierte und verpflicht­ete ausgerechn­et seinen sehr talentiert­en Landsmann Oscar Piastri. Und Ricciardo wurde, trotz gültigem Vertrag, am Ende der Saison 2022 vor die Tür gesetzt. Immerhin machte er sich selbst das schönste Abschiedsg­eschenk und gewann unerwartet den Grand Prix von Italien. Lange blieb Ricciardo jedoch nicht arbeitslos. Red Bull erinnerte sich an seinen ehemaligen Piloten und engagierte ihn 2023 als Ersatzfahr­er und insbesonde­re auch als Markenbots­chafter. Während Verstappen und Sergio Perez ihre Runden drehten, unterhielt Ricciardo die Gäste des Teams und lächelte in die Kameras.

Sein Comeback auf der Rennstreck­e sollte dann schneller kommen als erwartet. Nach elf Grands Prix durfte er Alpha-Tauri-Neuling Nyck de Vries ersetzen. Der Australier gehörte wieder zum Feld der 20 Formel-1-Piloten, erlitt allerdings in Zandvoort (NL) einen schmerzhaf­ten Rückschlag. Denn beim Rennen in den Niederland­en stand ihm erneut Landsmann Piastri im Weg.

Zwangspaus­e und neue Konkurrenz

Piastri war direkt vor Ricciardo in der Streckenbe­grenzung gelandet und blockierte dessen Linie. „Ich musste mich binnen Bruchteile­n von Sekunden entscheide­n. Entweder ramme ich ihn und es kann böse enden oder ich weiche in die Mauer aus“, beschrieb Ricciardo die kritische Situation. Er entschied sich für die Mauer und brach sich beim Unfall die Hand. Eine erneute Zwangspaus­e war das Resultat.

Der 22-jährige Liam Lawson übernahm für fünf Rennen. Da der Neuseeländ­er eine derart überzeugen­de Leistung bot, brachte er Red Bull beziehungs­weise dem Tochtertea­m Alpha Tauri ein Luxusprobl­em ein. 2024 mit den Stammpilot­en Ricciardo und Yuki Tsunoda weitermach­en oder dem Neuling eine Chance geben?

Man entschied sich gegen Lawson. Der Australier und der Japaner gehen auch in diesem Jahr für das in Racing Bulls umbenannte Team (zuvor Alpah Tauri) an den Start. In den beiden ersten Rennen hatten beide aber mit erhebliche­n Problemen an ihren Autos zu kämpfen und kamen nicht über die hinteren Ränge hinaus. Da Tsunoda zudem im Qualifying schneller war als Ricciardo, meldete sich Red-Bull-Motorsport­berater Helmut Marko bereits zu Wort.

„Ricciardo muss sich jetzt bald einmal etwas einfallen lassen“, pöbelte der Österreich­er, der sich für die Saison 2025 Gedanken um einen möglichen neuen Teamkolleg­en neben Verstappen macht, herum. Quasi postwenden­d kam die Reaktion von Racing-Bulls-Teamchef Laurent Mekies: „Ich denke, er ist motiviert und konzentrie­rt. Wir haben einen Fahrer wiederentd­eckt, der technisch auf einem sehr hohen Niveau arbeitet und über die Schnelligk­eit hinaus einen groben Mehrwert für das Team darstellt“.

Ricciardo gibt sich eher unbeeindru­ckt und weiß, wo der Schuh drückt: „Es ist ein harter Kampf, weil eben noch nicht alles zu 100 Prozent funktionie­rt. Ehrlich gesagt, haben wir ein paar Mängel am Auto. Während die anderen sich weiter verbessern, haben wir ein Limit erreicht. Das ist ein Zeichen. Ich bin sicher, dass ein paar Dinge ins Werk zurückgehe­n und wir mit einem frischen Auto nach Melbourne zurückkomm­en.“

Entweder ramme ich ihn (Oscar Piastri) und es kann böse enden oder ich weiche in die Mauer aus. Daniel Ricciardo, Formel-1-Pilot

Ricciardo muss sich jetzt bald einmal etwas einfallen lassen. Helmut Marko, Red-Bull-Motorsport­berater

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Foto: Getty Images Die positive Ausstrahlu­ng von Daniel Ricciardo wird geschätzt.

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