Unzumutbare Zustände beim Adapto
Verspätungen, falsche Ziele, unqualifizierte Busfahrer: Die Kritik am öffentlichen Fahrdienst reißt nicht ab. Ministerin Yuriko Backes verspricht Verbesserungen
Es war wie ein Déjà-vu. Bereits 2020 schaffte eine Petition zum Fahrdienst Adapto den Sprung in die Chamber. Die Forderung damals: Der Bus-Dienst, der Menschen mit einer Behinderung an ihr gewünschtes Ziel fährt, soll gratis werden. Diese Forderung wurde zwar eingelöst, dennoch mussten sich die Abgeordneten gestern wieder mit dem Adapto beschäftigen. „Es wäre uns lieber gewesen, man hätte uns 2020 richtig zugehört, dann müssten wir heute nicht erneut hier sitzen“, stellte Petitionärin Ana Pinto klar. Die Petition 2.749, die fast 5.600 Stimmen erreichte, war recht einfach formuliert: „Für einen Adapto-Dienst, der wirklich funktioniert“.
Dass er das nicht immer tut, wurde während der gestrigen Sitzung mehr als deutlich. Denn die Liste an Problemen beim Adapto ist lang: Busse kommen zu spät oder gar nicht oder fahren Kunden an die falschen Ziele. Im vergangenen Jahr sorgte etwa ein Fall für Aufsehen, bei dem eine Rollstuhlfahrerin alleine am CFL-Logistikzentrum in Bettemburg abgesetzt wurde. Entgegen den Aussagen des Ministeriums handele es dabei nicht um einen Einzelfall. „Solche Zwischenfälle sind nämlich mittlerweile chronisch und systematisch geworden“, klagte Joël Delvaux, der Ana Pinto begleitete.
Negativbeispiele häufen sich
In der Sitzung wurden nämlich zahlreiche weitere Beschwerden beschrieben. „Ich kenne einen Fall, bei dem eine Mutter entlassen wurde, weil sie zu oft zu spät zur Arbeit kam. Der Grund dafür war, dass sie jeden Tag auf den verspäteten Adapto-Bus für ihren Sohn warten musste“, berichtete Martine Kirsch. Martine Eischen von der Organisation Trisomie 21 berichtete von einem weiteren Fall, bei dem der Bus bereits vor dem festgelegten Termin abgefahren ist. „Der Bus war für 18 Uhr bestellt, kam dann jedoch schon um 17.30 Uhr und fuhr zehn Minuten später wieder ab“, so Eischen. Die Nutzer blieben dann zurück.
Auch wurde Kritik an den Fahrern geäußert. „Ihnen fehlt zum Teil die nötige Ausbildung“, so Patrick Hurst. Sein Mitstreiter Marcel Laschette ergänzte: „Manche Fahrer wissen nicht, wie man einen Rollstuhl im Bus richtig befestigt. Mir ist ein Fall bekannt, bei dem der Bus eine Vollbremsung hinlegen musste und der Rollstuhlfahrer dann durch den ganzen Bus gefallen ist, mit entsprechenden Verletzungen und materiellen Schäden“.
„Teilweise ist es auch so, dass Fahrer weder Luxemburgisch noch Französisch oder Deutsch verstehen und nur gebrochenes Englisch sprechen“, fährt Hurst fort. Dies stelle viele Menschen mit einer Behinderung vor sprachliche Hürden, die kaum zu überwinden seien.
Kritik an Busfahrern
Ein weiterer Kritikpunkt: Manche Nutzer verlieren die Berechtigung, um den Dienst weiterhin nutzen zu können. Grund dafür sind medizinische Tests. „In einem Fall musste eine Person bei einem solchen Test von einer Ecke des Raumes in eine andere gehen und sich dann die Schuhe schnüren. Nachdem die Person das geschafft hatte, wurde ihr gesagt, sie sei mobil genug und bräuchte den Adapto daher nicht mehr“, beschreibt Delvaux das fragwürdige Vorgehen.
Dass sich nicht nur Menschen mit einer Behinderung um die Zustände beim Adapto sorgen sollten, stellte indes Ana Pinto klar. „Vor zwei Monaten hatte ich eine Wirbelsäulen-OP. Der Arzt sagte mir, dass, wenn ich erst einen Tag später gekommen wäre, dann wäre ich im Rollstuhl gelandet“, berichtet sie und schließt daher die
Es wäre uns lieber gewesen, man hätte uns 2020 richtig zugehört, dann müssten wir heute nicht wieder hier sitzen. Ana Pinto, Antragstellerin der Petition zum Adapto-Dienst
Schlussfolgerung: „Niemand weiß, ob er nicht auch einmal auf den Adapto angewiesen sein wird. Dass der Dienst zuverlässig funktioniert, geht also jeden was an“.
Die Petitionärin und ihre Mitstreiter stellten daher mehrere Forderungen. Die App solle besser funktionieren und der Dienst allgemein zuverlässiger werden. Um die Probleme identifizieren zu können, bräuchte es zudem ein externes Audit. „Wichtig ist auch, dass die betroffenen Menschen, also die Nutzer, mit am Tisch sitzen, denn sie wissen am besten, wo der Schuh drückt“, so Ana Pinto.
Ministerin stellt Verbesserungen in Aussicht
Bei den Abgeordneten fanden die Petitionäre Gehör. Auch die zuständige Mobilitätsministerin Yuriko Backes (DP) stellte Verbesserungen in Aussicht. Sie stellte jedoch auch klar, dass es in den vergangenen Jahren zahlreiche Änderungen gab, die Auswirkungen auf das Angebot gehabt hätten: „Die Anzahl der Nutzer hat sich in den vergangenen vier Jahren verdoppelt. Im vergangenen Jahr wurden 173.000 Fahrten angeboten. Der Dienst wurde zudem kostenlos“.
Dennoch sei jeder Fehler ein Fehler zu viel, so Backes, die zumindest Verbesserungen in der Adapto-App in Aussicht stellte. „Diese Verbesserungen sollen noch in diesem Jahr kommen“, so die Ministerin. Auch seien weitere Posten im Call-Center des Mobilitätsdienstes vorgesehen. Um die Probleme besser identifizieren zu können, werde eine Befragung der Nutzer durchgeführt, berichtete Backes.
Das Adapto-Angebot soll allgemein aufgebessert und zuverlässiger werden, damit die Menschen ihr Vertrauen in den Dienst wieder zurückgewinnen können, so der Wunsch der Mobilitätsministerin. Dies sei auch im Koalitionsabkommen zwischen CSV und DP festgehalten worden.