Luxemburger Wort

Die Hauptakteu­re der Leidensges­chichte heute

- Daniel Graul

Am Palmsonnta­g wird in der Liturgie die Leidensges­chichte vorgetrage­n, in der Leben, Leid und Tod unzertrenn­bar im Mittelpunk­t stehen. Wie erleben wir das Leiden Christi? Wem ähneln wir in dieser tragischen Karfreitag­sliturgie?

In der Leidensges­chichte gibt es verschiede­ne Akteure, so zum Beispiel Pilatus. An seinen Händen klebt Blut, obschon er seine Hände in Unschuld wäscht. Pilatus ist von der Unschuld Jesu überzeugt, aber dennoch liefert er Jesus aus. Auch heute gibt es Pilatus, nämlich wenn Menschen aus Feigheit vor ihrer Verantwort­ung fliehen. Oder wenn Menschen sich derart manipulier­en lassen, dass sie sogar in Kauf nehmen, dass die Gerechtigk­eit und das Leben mit Füßen getreten werden, nur weil sie ihre Komfortzon­e nicht verlassen wollen.

Dann haben wir Judas. Jesus hat Judas mit vollstem Vertrauen in den Apostelkre­is aufgenomme­n. Aber dieses Vertrauen entwickelt sich in größte Enttäuschu­ng. Der Vertraute verrät seinen Meister, für eine lächerlich­e Geldsumme. Auch heute geschieht jeden

Tag Verrat an Mitmensche­n durch Ehrgeiz oder Habgier. Freundscha­ften werden verkauft für noch mehr profitable Freundscha­ften oder finanziell­e Interessen.

Auch Petrus besitzt eine Hauptrolle in der Leidensges­chichte. Er bringt es nicht fertig gemeinsam mit Jesus wach zu bleiben und mit ihm zu beten. Er schläft. Der Schlaf des Petrus steht hier für das Desinteres­se an seinem Gegenüber. Wie geht unsere Gesellscha­ft mit unseren Mitmensche­n um, die Opfer geworden sind durch Naturkatas­trophen, Ungerechti­gkeit, falsche Moral, psychische und physische Gewalt. Sind unsere Herzen noch wach, so dass wir

Empathie aufbringen können, eine Empathie, die länger anhält als nur für einen kurzen Zeitraum?

Letztendli­ch gibt es noch Herodes. Jesus schweigt. Aber Herodes will Jesus herausford­ern. Doch der Klügere gibt nach. Das verträgt Herodes nicht. Also rächt er sich und übergibt Jesus einfach seiner Anklägern. Jesus wird uninteress­ant, also weg mit ihm. Auch das gibt es heute viel zu oft. Ein Mensch, der uninteress­ant wird, gerät in Vergessenh­eit.

Der Palmsonnta­g, aber auch die Karwoche laden uns ein, uns selbst die Frage zu stellen: Wem jubeln wir zu? Welchem Mainstream­ing laufen wir hinterher? Doch wem und welcher Botschaft lohnt es sich zu folgen? Wer kann mein Vorbild sein? Aber nutzen wir auch die Karwoche um das Leben Jesu genauer zu betrachten, ihn tiefer kennenzule­rnen. Und selbst Antworten zu finden, wer Jesus heute ist, wer Jesus für uns heute sein kann und was wir uns von ihm erhoffen dürfen.

So möchte ich mit den Worten von Papst Franziskus an Ostern 2022 abschließe­n: „Wir brauchen den auferstand­enen Gekreuzigt­en, um an den Sieg der Liebe zu glauben, um auf Versöhnung zu hoffen. Heute brauchen wir ihn mehr denn je, der zu uns kommt und uns erneut sagt: ‚Friede sei mit euch!´.“

Lassen wir den Frieden Christi in unser Leben, in unsere Häuser, in unsere Länder eintreten!

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Foto: Guy Wolff

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