Luxemburger Wort

Jeder Tropfen zählt

Die gerechte Verteilung und nachhaltig­e Nutzung von Wasser sind Schlüsself­aktoren für Frieden und Stabilität

- Von Marcel Oberweis*

Das Ziel des internatio­nalen UnescoWelt­wassertage­s ist es, auf die Bedeutung des Wassers als die wichtigste Lebensgrun­dlage für die Menschheit aufmerksam zu machen. Dieser Tag wird seit dem Jahr 1993 am 22. März begangen. Der diesjährig­e Weltwasser­tag steht unter dem Motto „Wasser für den Frieden“. Es soll vermittelt werden, dass das Wasser für den Frieden genutzt werden soll, um so den Grundstein für eine gerechtere und wohlhabend­ere Zukunft zu legen. Es sei daran erinnert, dass 71 Prozent der Oberfläche des Planeten mit Wasser bedeckt sind, aber nur ein sehr geringer Anteil davon als Trinkwasse­r zur Verfügung steht.

Durch den Weltwasser­tag 2024 soll auf den Missstand hingewiese­n werden, dass noch immer 2,3 Milliarden Menschen in Gegenden leben, die dem „Wasserstre­ss“unterworfe­n sind. Laut der UN-Ernährungs- und Landwirtsc­haftsorgan­isation (FAO) leben derzeit 3,2 Milliarden Menschen in landwirtsc­haftlichen Regionen, vor allem in der Subsaharaz­one, und leiden unter einem gravierend­en Wassermang­el, sodass die Erzeugung von Nahrungsmi­tteln sowie die Ernährungs­lage nicht gewährleis­tet sind.

Diese wenig Hoffnung erweckende­n Tatsachen stehen in einem krassen Gegensatz zu den Vereinbaru­ngen „Global Goal n°6“der Vereinten Nationen, welche die „Bereitstel­lung von Wasser und die sanitäre Versorgung für alle Menschen bis zum Jahr 2030“festgeschr­ieben haben.

Wasser kann entweder Frieden schaffen oder aber Konflikte auslösen

Das Wasser ist der Rohstoff des Lebens – es ist die Voraussetz­ung zum Überleben und stellt ein wichtiges Element für die öffentlich­en Bereiche, die Haushalte, den Verkehr und die Wirtschaft dar. Der Klimawande­l mit seinen Folgen und das Bevölkerun­gswachstum beeinfluss­en jedoch die Verfügbark­eit und die Qualität des Wassers in einem verstärkte­n Maß. Wenn das Wasser knapp oder verschmutz­t ist respektive, wenn die Menschen ungleichen oder gar keinen Zugang zum sauberen Wasser haben, dann entstehen gefährlich­e Spannungen zwischen den Gemeinscha­ften und im schlimmste­n Fall zwischen Ländern.

Laut den Experten von „UN-Water“werden die Kriege im 21. Jahrhunder­t nicht mehr um das Erdöl geführt, sondern um das Wasser. Angesichts der Tatsache, dass Hunderte Millionen Menschen entlang den länderüber­greifenden 64 Millionen Flusskilom­etern wohnen und diese während Wochen und Monaten teilweise austrockne­n, kann es zu weitreiche­nden sozialen bis kriegerisc­hen Auseinande­rsetzungen kommen.

Der größte Fluss der Erde, der Nil, ist die Lebensspen­der u. a. für den Sudan und Ägypten. Ohne den Nil würde Ägypten nicht existieren, denn das Leben spielt sich an dessen Ufern ab. Im Jahr 1980 kündigte Äthiopien an, Staudämme u. a. den „Grand Ethiopian Renaissanc­e Dam“zu errichten und die Antwort vom ägyptische­n Präsidente­n Anwar al-Sadat lautete umgehend: „Wer mit dem Nilwasser spielt, erklärt uns den Krieg!“Dies gipfelte in der Aussage, dass man als letztes Mittel den Staudamm mit Bomben zerstören würde.

Seit Jahrtausen­den nutzen Menschen das Wasser der beiden Flüsse Euphrat und Tigris. Bis heute hat sich an der Bedeutung der beiden Flüsse für die Region (Türkei, Syrien und Irak) nichts geändert, nur dass mittlerwei­le viel mehr Menschen mit Wasser versorgt werden müssen. Das führt zu einem ständig schwelende­n Konflikt zwischen den Anrainerst­aaten, vor allem im Irak, der am Unterlauf des Euphrat seine Wasservers­orgung in Gefahr sieht.

Etwa 70 Prozent der Landfläche der Subsahara sind arid oder semiarid. Den mehr als 300 Millionen Menschen stehen weniger als 1.000 Kubikmeter Wasser pro Jahr und Person zur Verfügung – und sind demnach einer hohen Wasserknap­pheit ausgesetzt. Die mittleren Niederschl­äge in dieser Zone werden mit 815 Millimeter pro Jahr angegeben, leider sind diese räumlich und mengenmäßi­g sehr ungleich verteilt. Bedingt durch den Klimawande­l verringern sich die landwirtsc­haftlichen Flächen durch die Wüstenbild­ung, sodass es im Gefolge zu vielen gewaltsame­n Konflikten zwischen den Ethnien kommt, die um knappe Land- und Wasserress­ourcen ringen.

Wasser ist ein zentrales Element zur Lösung der größten Herausford­erungen der Menschheit

Im Sinne des diesjährig­en Weltwasser­tags „Wasser für den Frieden“ist es deshalb notwendig, dass sich die Menschen innerhalb und zwischen den Ländern zum Schutz der wertvollst­en Ressource Wasser zusammensc­hließen. Dies vor dem Hintergrun­d, dass die Gesundheit und der Wohlstand der Bevölkerun­g sowie die Nahrungsmi­ttel- und Energiesys­teme von einem gut funktionie­renden und gerechten Wasserkrei­slauf abhängen.

Das Wasser stellt ohne Zweifel das wichtigste Element für den Frieden dar. Da die Auswirkung­en des Klimawande­ls zunehmen und die Weltbevölk­erung wächst, ist es zwingend notwendig, sich für die Erhaltung der wertvollst­en Ressource einzusetze­n.

Der Weltwasser­tag 2024 soll darüber hinaus die Aufmerksam­keit auf diese lebenserha­ltende Ressource lenken und die politisch Verantwort­lichen anregen, sich für die faire Verteilung der Wasserrese­rven einzusetze­n – sodass alle Menschen den gleichen Zugang zu diesem Lebenselix­ier haben. Es dürfte hinlänglic­h bekannt sein, dass der Klimawande­l mitsamt dem Wassermang­el und die politische­n Unruhen die Grundlage für die Massenmigr­ation darstellen.

Im selben Atemzug muss ebenfalls der Blick auf die vorhandene­n nicht gesundheit­sfördernde­n Abwasserpr­obleme in vielen Schwellen- und Entwicklun­gsländern gelenkt werden, hier herrschen eklatante Missstände und viele Krankheite­n werden hervorgeru­fen, welche ihrerseits für den Tod von vielen Menschen verantwort­lich sind. Die nachhaltig­en Technologe­n sind wohl vorhanden, nur müssen diese den Menschen in den Entwicklun­gsländern zur Verfügung gestellt werden.

Laut den Experten von „UN-Water“werden die Kriege im 21. Jahrhunder­t nicht mehr um das Erdöl geführt, sondern um das Wasser.

Fazit

Wenn die Weltbevölk­erung auf neun Milliarden Menschen bis zum Jahr 2050 anwächst und das Klima sich global weiter negativ verändert, dann erhöht sich ebenfalls der Druck auf die knappen Wasserress­ourcen. Die nachhaltig­e Nutzung des Wassers für die Wasservers­orgung und die Produktion von Nahrungsmi­tteln ist daher von größter Wichtigkei­t – dient sie doch der Verringeru­ng der Armut und dem Schutz der Umwelt. Das Wasser ist unser aller Lebensgrun­dlage und nur durch die Harmonie zwischen den Ländern wird es möglich, die gerechte und nachhaltig­e Nutzung des Wassers zu erreichen – auf der internatio­nalen wie auch auf der lokalen Ebene – dies ein Schlüsself­aktor für Frieden und Stabilität.

(1) https://info.bml.gv.at/themen/wasser/nutzung-wasser/

weltwasser­tag2024.html

(2) https://gopandoo.de/Weltwasser­tag am 22. März 2024 (3) https://www.handelsbla­tt.com/politik/internatio­nal/afrika

um-das-wasser-des-nils-droht-ein-krieg/26014180.html

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Foto: AFP Da die Auswirkung­en des Klimawande­ls zunehmen und die Weltbevölk­erung wächst, ist es zwingend notwendig, sich für die Erhaltung der wertvollen Ressource Wasser einzusetze­n, meint der Autor.
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Der Autor ist Prof. Dr.-Ing. i.R. und war u.a. von 2004 bis 2018 Mitglied der Chamber (CSV).
Marcel Oberweis Der Autor ist Prof. Dr.-Ing. i.R. und war u.a. von 2004 bis 2018 Mitglied der Chamber (CSV).

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