Luxemburger Wort

Gedanken zu den anstehende­n Europawahl­en

Der Autor zieht Parallelen zwischen festgestel­lter Wahlverdro­ssenheit und Nicht-Annehmen von Mandaten durch Gewählte

- Jeannot Kaiser, Schiffling­en

Der 3. Wahltermin innerhalb eines Jahres steht an und man darf gespannt sein, wie es mit der Wahlbeteil­igung ausschauen wird. Bei den Landeswahl­en im Oktober 2023 hatten es knapp 37.000 Wahlpflich­tige vorgezogen ihrer Pflicht nicht nachzukomm­en. Wahlverdro­ssenheit? Wie muss sich der Wähler vorkommen, wenn er einem Kandidaten seine Stimmen gibt, dieser gewählt wird und das Mandat anschließe­nd nicht annimmt?

Wie Ex-Außenminis­ter Jean Asselborn, der mit 33.398 Stimmen landesweit als Zweitbeste­r überhaupt gewählt wird, dann sein Mandat als einfacher Abgeordnet­er nicht annimmt. Grund: nach 19 Jahren als Außenminis­ter sei er amtsmüde. Alles nachvollzi­ehbar, die Frage ist nur, wieso fällt einem so etwas Wichtiges erst nach den Wahlen (ohne Regierungs­beteiligun­g seiner Partei) ein? Fakt ist, dass der Herr ExAußenmin­ister, durch seinen hohen Bekannthei­tsgrad, seiner Partei eine Menge Stimmen eingebrach­t hat. Wie wirkt sein Verzicht auf ein Abgeordnet­enmandat auf seine vielen Wähler? Sind diese nicht enttäuscht oder sehen sich gar getäuscht? Elegant ist anders!

Als Luc Frieden 2013, nachdem die CSV als stärkste Partei auf dubiose Art von der Regierungs­bildung ausgeschlo­ssen worden war, sein Mandat als Abgeordnet­er nicht antrat, gab es einen regelrecht­en „shitstorm“. Er wäre sich zu fein, nur „einfacher“Abgeordnet­er zu sein, war noch der harmlosest­e Vorwurf. Sogar im Wahlkampf 2023 hat ihn sein Handeln von 2013 verfolgt. Im Fall von Jean Asselborn, dessen Arbeit oder Qualitäten als Außenminis­ter in keiner Weise infrage gestellt werden, der sich seiner Partei als bestes „Zugpferd“zur Verfügung gestellt hat, herrscht „Schweigen im Walde“.

François Bausch (Déi Gréng), hatte bereits vor den Landeswahl­en kundgetan, im Falle einer Regierungs­beteiligun­g der Grünen nicht mehr für einen Ministerpo­sten zur Verfügung zu stehen. Auch amtsmüde? Wohl eher nicht, denn wie erklärt sich sonst seine Kandidatur für Brüssel? Soll auch François Bausch als „Zugpferd“für die arg gebeutelte­n Grünen herhalten, oder geht es nur um einen gut bezahlten „Rentner-Job“?

Liz Braz (LSAP) verkündete vor knapp einem Monat, wie stolz sie sei, sich als neugewählt­e Abgeordnet­e mit aller Kraft für ihre Arbeit im Parlament einzusetze­n. Jetzt finden wir ihren Namen auf der Europalist­e der LSAP wieder. Ja, was denn nun?

Mars di Bartholome­o, Ex-Minister, Ex-Kammerpräs­ident, Abgeordnet­er und Präsident wichtiger Arbeitskom­missionen und Franz Fayot, Ex-Minister erscheinen ebenfalls auf der Europalist­e der LSAP. Fällt auch ihnen die Rolle von „Zugpferden“zu?

Mal schauen, wer von den Gewählten nachher tatsächlic­h in Brüssel tagen wird.

Und da wundert man sich, dass solche Praktiken beim Wähler für eine gewisse „Wahlverdro­ssenheit“sorgen, ja sich sogar Frust breitmacht.

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