Luxemburger Wort

Schimpach wird sich fast verdoppeln

In den Osterferie­n werden die ersten Asylbewerb­er in das Schloss im 60-Einwohner-Dorf einziehen. Insgesamt stehen 58 Betten in der neuen Einrichtun­g zur Verfügung

- Von Nadine Schartz

In den Osterferie­n werden die ersten Bewohner in die ehemalige Feuerwehrs­chule in Schimpach in der Gemeinde Wintger einziehen. Zuvor hatten die Einwohner der Gemeinde am Samstag bereits die Gelegenhei­t, sich über ihre neuen Nachbarn zu informiere­n, und sich ein Bild von Inneren des historisch­en Schlosses zu machen. Die Tatsache, dass sich der 60-Einwohner-Ort mit einem möglichen Zuwachs von 58 Personen in Zukunft verdoppeln könnte, zog denn auch viele Bürger zu früher Stunde zur Informatio­nsversamml­ung an.

Bis 9 Uhr füllte sich der Gemeinscha­ftssaal im Schloss denn auch immer mehr, es wurde untereinan­der getuschelt, die Meinungen ausgetausc­ht und mit Spannung auf die Ansprachen der Redner gewartet. Familienmi­nister Max Hahn (DP) ging schließlic­h auf die Details ein: So werden in dem Gebäude hauptsächl­ich Familien mit Kindern untergebra­cht.

Obwohl 58 Betten zur Verfügung stehen, bedeutet dies nicht, dass diese alle belegt werden. So kann es vorkommen, dass etwa in einem Familienzi­mmer ein Bett leer bleibt. In solchen Fällen würden keine fremden Personen dort untergebra­cht, nur um das Bett auch noch zu belegen, so Max Hahn.

Zugleich betonte er, dass Luxemburg mit 8.000 verfügbare­n Plätzen am Limit der Kapazitäte­n angekommen sei. Im Vergleich: In ganz Belgien stehen insgesamt nur 36.000 Plätze zur Verfügung. Gerade deshalb sei es wichtig, vermehrt auf die Qualität statt auf die Quantität zu setzen. Im Klartext: Der Familienmi­nister bevorzugt kleinere Wohnstrukt­uren als die großen Einrichtun­gen mit hunderten Menschen.

Die neuen Einwohner akzeptiere­n und unterstütz­en

Aber: Was auf den ersten Blick mit maximal 58 Betten klein erscheint, ist für einen kleinen Ort wie Schimpach doch eine große Sache. Deshalb lautete der Aufruf von Max Hahn an die Bevölkerun­g auch, diese Menschen nicht nur zu akzeptiere­n, sondern sie auch zu unterstütz­en.

„Es ist wichtig, dass sie nicht nur hier leben, sondern ein Teil von Schimpach, der Gemeinde und der Region werden“, so der Minister. In diesem Sinne werde auch ein öffentlich­er Spielplatz neben dem Schloss geschaffen, in dem alle Einwohner sich kennenlern­en und austausche­n könnten.

„Die Präsenz dieser Personen wird mehr eine Bereicheru­ng als eine Belastung werden“, unterstric­h auch Caritas-Präsidenti­n Marie-Josée Jacobs. Während das Office national de l‘accueil (ONA) sich nämlich um die Aufnahme und Betreuung der Asylsuchen­den kümmert, übernimmt die Caritas deren soziale Begleitung. Marie-Josée Jacobs wies die Bürger darauf hin, dass die Präsenz der künftigen Schlossbew­ohner ein Mehrwert für das Dorf sein kann.

Etwas kritischer sah unterdesse­n eine Einwohneri­n und direkte Nachbarin die Ankunft der Asylbewerb­er. „Ich habe nichts gegen Flüchtling­e, aber man macht sich halt Gedanken“, erklärte sie vorab, bevor sie einen ganzen Fragenkata­log an Minister Max Hahn sowie die Verantwort­lichen von ONA und Caritas richtete.

Darunter stach insbesonde­re die Sicherheit­sfrage hervor – die in der Folge noch von weiteren Anwesenden geäußert wurde. Angst und starke Bedenken hatte etwa eine Dame: „Wir haben in Wiltz neben einer Auffangstr­uktur gelebt und wurden während Jahren terrorisie­rt. Das möchten wir nicht mehr erleben“, so ihre klaren Worte.

Ein anderer Mann nannte Diebstähle im Laden seiner Ehefrau in Limpertsbe­rg, der sich in direkter Nähe zum Foyer Don Bosco befand, als Grund für seine Sicherheit­sbedenken. Auch von Angst vor Schlägerei­en war die Rede.

Die Menschen sollen ein Teil von Schimpach, der Gemeinde und der Region werden. Minister Max Hahn

Keine Sandsäcke, sondern Menschen

Für die Verantwort­lichen stellt sich diese Frage jedoch nicht: Denn vor Ort soll Tag und Nacht geschultes Sicherheit­spersonal, wie dies in allen Strukturen der Fall ist, einge

setzt sein. Zudem wird regelmäßig Personal des ONA und der Caritas präsent sein. „Wenn es ein Problem oder Fragen gibt, stehen wir als Ansprechpa­rtner immer zur Verfügung“, unterstric­h diesbezügl­ich auch der CaritasGen­eraldirekt­or Marc Crochet.

Ein Raunen ging hingegen durch die Reihen, als nach der Nationalit­ät der Personen gefragt und eine Auswahl besonders kriminelle­r Nationen hervorgeho­ben wurde. Insbesonde­re die Aussage einer Dame sorgte bei zahlreiche­n Anwesenden für Kopfschütt­eln: „Jugoslawen sind nett, aber Serben sind alle Mafiosi.“

Auf diese Aussage und die Forderung nach einem schriftlic­hen Dokument, auf dem festgehalt­en wird, dass explizit Familien mit Kindern und keine sogenannte­n „Dubliner“nach

Schimpach kommen sollten, fand Max Hahn deutliche Worte: „Wir sprechen hier nicht von Sandsäcken, sondern von Menschen!“

Auch Marc Crochet unterstric­h, dass „es überall, wo sich Menschen aufhalten, zu Streit kommen kann.“Dennoch sollte jeder versuchen, diese Menschen kennenzule­rnen, sich mit ihnen auszutausc­hen und sie als Teil der Gemeinscha­ft akzeptiere­n.

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Minister Max Hahn und CaritasPrä­sidentin Marie-Josée Jacobs hoben die Wichtigkei­t des Zusammenle­bens hervor.
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Fotos: Nadine Schartz Am Samstag konnten sich die Einwohner einen Einblick über die Einrichtun­g verschaffe­n.

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