Luxemburger Wort

Mit drei Titeln im Gepäck begibt sich Tessy Gonderinge­r auf Weltreise

Die ehemalige Nationalsp­ielerin drückt den Tischtenni­s-Landesmeis­terschafte­n noch einmal ihren Stempel auf und darf dreifach jubeln

- Von Patric Cordier

Es war der vorerst letzte große Auftritt von Tessy Gonderinge­r auf der großen Tischtenni­sbühne. Die mittlerwei­le 30Jährige durfte bei den Landesmeis­terschafte­n im Sport- und Kulturzent­rum Coque in Luxemburg gleich dreifach jubeln. Am Samstag setzte sich im gemischten Doppel gemeinsam mit Eric Glod durch. Am gestrigen Sonntag gewann sie zunächst an der Seite von Ariel Barbosa den Titel im Doppel der Frauen und wiederholt­e anschließe­nd ihren Einzelerfo­lg aus dem Vorjahr.

Um 18.35 Uhr hatte Gonderinge­r gegen Ni Xiao Jing ihren ersten Matchball. Die Ettelbrück­erin servierte kurz, Gonderinge­r retournier­te ins Halbfeld. Ni Xiao Jings Vorhand berührte die Netzkante und flog ins Aus. „Danach war nur noch Glück in meinem Kopf. Ich wollte dieses Wochenende einfach nur genießen und ich bin überglückl­ich, dass es mir so gelungen ist“, sagte Gonderinge­r nach dem 4:0Erfolg (11:6, 11:7, 11:8 und 11:7) im Einzelfina­le, „das ist schon alles wie ein Traum“.

Nun ist aber erst einmal Schluss mit Tischtenni­s – und dem Beruf. „Ich habe mich für ein halbes Jahr beurlauben lassen“, erzählt Gonderinge­r, die als Grundschul­lehrerin arbeitet, „ich will mit meinem Freund auf eine große Reise gehen. Wir wollen in Afrika starten und dann nach Südamerika. Mal sehen, wo es uns hin verschlägt.“

Deswegen hat sie auch ihrem Verein für die kommende Saison bereits abgesagt. Bislang spielte Gonderinge­r in Roodt sowohl bei den Herren als auch bei den Damen mit. „Ob ich nach meiner Rückkehr wieder anfange, kann ich jetzt noch nicht sagen.“

Sie war über Jahre eines der prägenden Gesichter im luxemburgi­schen

Tischtenni­ssport. Die Rechtshänd­erin galt als Riesentale­nt und spielte bereits mit 15 Jahren in der deutschen Regionalli­ga für Saarlouis-Fraulauter­n. Über Busenbach landete Gonderinge­r beim ATSV Saarbrücke­n, für den sie bis 2017 sechs Jahre lang in der 2. Bundesliga aufschlug. „Das war eine tolle Zeit“, erinnert sich Gonderinge­r, „einige der Mädels, mit denen ich damals zusammensp­ielen durfte, sind bis heute gute Freundinne­n geblieben“. Und das, obwohl sie zwischenze­itlich den Beruf über die Tischtenni­skarriere stellte.

Rücktritt nach geplatztem Olympia-Traum

Die 30-Jährige arbeitet als Grundschul­lehrerin. Vor etwas mehr als zwei Jahren kehrte sie ins Nationalte­am zurück, vor wenigen Wochen erklärte sie wieder ihren Rücktritt. „Damals hat man mich gefragt, ob ich mir vorstellen kann, als drit

te Spielerin das Projekt Olympia in Paris zu unterstütz­en“, erzählt Gonderinge­r. „Ich habe kurz nachgedach­t und bin zu

der Erkenntnis gekommen, dass ich der Mannschaft vielleicht tatsächlic­h helfen kann.“

Gonderinge­r arbeitete wieder weniger, trainierte dafür aber wieder mehr. „Du kannst Jahre des fehlenden Trainings nicht einfach aufholen. Aber mit meiner Spielweise kann ich halt schon auch Gegnerinne­n ärgern, die eigentlich stärker einzuschät­zen sind.“Sie ist keine typische Angriffssp­ielerin – eher das Gegenteil. „Ich würde mich als Anti-Topspin-Spielerin bezeichnen“, sagt die Luxemburge­rin mit einem Lächeln, „ich kann die Angriffe der Gegnerin oft gut kontrollie­ren und warte dabei auf meine Chance.“

Nachdem der Olympia-Traum geplatzt ist, war der Rücktritt aus dem Nationalte­am die logische Konsequenz. Die Landesmeis­terschafte­n am Wochenende sollten noch einmal ein Höhepunkt werden – schließlic­h galt es den 2023 erstmals ge

Ob ich nach meiner Rückkehr wieder anfange, kann ich jetzt noch nicht sagen. Tessy Gonderinge­r

wonnenen Einzeltite­l zu verteidige­n. „Es ist schade, dass Sarah (Spitzenspi­elerin Sarah de Nutte, Anm. d. Red.) nicht dabei ist, schließlic­h will man sich immer mit den Besten messen. Aber sie kämpft ja noch um ihre Olympia-Chance“, sagt Gonderinge­r, „wenn man jung ist und zum ersten Mal bei Titelkämpf­en, ist man aufgeregt. Bei mir war es in den letzten Tagen einfach nur Vorfreude“.

Im Viertelfin­ale gegen Larissa Gales (Wintger) sah zunächst alles nach einem leichten Aufgalopp aus. Gonderinge­r führte schnell 2:0 (11:7, 11:2), gab dann aber den dritten Satz mit 8:11 ab und musste im vierten erneut zwei Satzbälle abwehren. Danach zeigte sich aber die ganze Erfahrung der Ex-Nationalsp­ielerin. Mit 12:10 und 11:4 ging es ins Halbfinale, wo Doppelpart­nerin Ariel Barbosa (Echternach) wartete. „Wir trainieren sehr viel zusammen, kennen uns in- und auswendig. Da ist es natürlich schwerer als gegen irgendeine andere Gegnerin.“

Die Vorentsche­idung in diesem Duell auf Augenhöhe fiel im zweiten Satz, als Gonderinge­r einen Drei-PunkteRück­stand aufholen konnte und den Durchgang mit 14:12 für sich entschied. Barbosa konnte sich von dem Rückschlag nicht wirklich erholen. Mit 4:1 zog ihre Doppelpart­nerin ins Einzelfina­le ein, in dem sie erfolgreic­h ihren Titel verteidigt­e.

Und was bleibt von fast 17 Jahren im Leistungss­port? „Hüftschmer­zen“, sagt Gonderinge­r lächelnd, „ich habe schon seit einiger Zeit immer mal wieder Probleme. Aber auch viele Momente und Menschen. Beispielsw­eise die Teilnahme an der Juniorinne­n-Weltmeiste­rschaft oder später am Top-16-Turnier in China. Diese Erinnerung­en nimmt man alle mit.“Und nun bricht sie auf für neue Eindrücke.

 ?? ?? Nach den emotionale­n Landesmeis­terschafte­n umarmte Tessy Gonderinge­r ihren Trainer Joe Michels.
Nach den emotionale­n Landesmeis­terschafte­n umarmte Tessy Gonderinge­r ihren Trainer Joe Michels.
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Fotos: Stéphane Guillaume Tessy Gonderinge­r überzeugte bei den Landesmeis­terschafte­n.

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