Mit drei Titeln im Gepäck begibt sich Tessy Gonderinger auf Weltreise
Die ehemalige Nationalspielerin drückt den Tischtennis-Landesmeisterschaften noch einmal ihren Stempel auf und darf dreifach jubeln
Es war der vorerst letzte große Auftritt von Tessy Gonderinger auf der großen Tischtennisbühne. Die mittlerweile 30Jährige durfte bei den Landesmeisterschaften im Sport- und Kulturzentrum Coque in Luxemburg gleich dreifach jubeln. Am Samstag setzte sich im gemischten Doppel gemeinsam mit Eric Glod durch. Am gestrigen Sonntag gewann sie zunächst an der Seite von Ariel Barbosa den Titel im Doppel der Frauen und wiederholte anschließend ihren Einzelerfolg aus dem Vorjahr.
Um 18.35 Uhr hatte Gonderinger gegen Ni Xiao Jing ihren ersten Matchball. Die Ettelbrückerin servierte kurz, Gonderinger retournierte ins Halbfeld. Ni Xiao Jings Vorhand berührte die Netzkante und flog ins Aus. „Danach war nur noch Glück in meinem Kopf. Ich wollte dieses Wochenende einfach nur genießen und ich bin überglücklich, dass es mir so gelungen ist“, sagte Gonderinger nach dem 4:0Erfolg (11:6, 11:7, 11:8 und 11:7) im Einzelfinale, „das ist schon alles wie ein Traum“.
Nun ist aber erst einmal Schluss mit Tischtennis – und dem Beruf. „Ich habe mich für ein halbes Jahr beurlauben lassen“, erzählt Gonderinger, die als Grundschullehrerin arbeitet, „ich will mit meinem Freund auf eine große Reise gehen. Wir wollen in Afrika starten und dann nach Südamerika. Mal sehen, wo es uns hin verschlägt.“
Deswegen hat sie auch ihrem Verein für die kommende Saison bereits abgesagt. Bislang spielte Gonderinger in Roodt sowohl bei den Herren als auch bei den Damen mit. „Ob ich nach meiner Rückkehr wieder anfange, kann ich jetzt noch nicht sagen.“
Sie war über Jahre eines der prägenden Gesichter im luxemburgischen
Tischtennissport. Die Rechtshänderin galt als Riesentalent und spielte bereits mit 15 Jahren in der deutschen Regionalliga für Saarlouis-Fraulautern. Über Busenbach landete Gonderinger beim ATSV Saarbrücken, für den sie bis 2017 sechs Jahre lang in der 2. Bundesliga aufschlug. „Das war eine tolle Zeit“, erinnert sich Gonderinger, „einige der Mädels, mit denen ich damals zusammenspielen durfte, sind bis heute gute Freundinnen geblieben“. Und das, obwohl sie zwischenzeitlich den Beruf über die Tischtenniskarriere stellte.
Rücktritt nach geplatztem Olympia-Traum
Die 30-Jährige arbeitet als Grundschullehrerin. Vor etwas mehr als zwei Jahren kehrte sie ins Nationalteam zurück, vor wenigen Wochen erklärte sie wieder ihren Rücktritt. „Damals hat man mich gefragt, ob ich mir vorstellen kann, als drit
te Spielerin das Projekt Olympia in Paris zu unterstützen“, erzählt Gonderinger. „Ich habe kurz nachgedacht und bin zu
der Erkenntnis gekommen, dass ich der Mannschaft vielleicht tatsächlich helfen kann.“
Gonderinger arbeitete wieder weniger, trainierte dafür aber wieder mehr. „Du kannst Jahre des fehlenden Trainings nicht einfach aufholen. Aber mit meiner Spielweise kann ich halt schon auch Gegnerinnen ärgern, die eigentlich stärker einzuschätzen sind.“Sie ist keine typische Angriffsspielerin – eher das Gegenteil. „Ich würde mich als Anti-Topspin-Spielerin bezeichnen“, sagt die Luxemburgerin mit einem Lächeln, „ich kann die Angriffe der Gegnerin oft gut kontrollieren und warte dabei auf meine Chance.“
Nachdem der Olympia-Traum geplatzt ist, war der Rücktritt aus dem Nationalteam die logische Konsequenz. Die Landesmeisterschaften am Wochenende sollten noch einmal ein Höhepunkt werden – schließlich galt es den 2023 erstmals ge
Ob ich nach meiner Rückkehr wieder anfange, kann ich jetzt noch nicht sagen. Tessy Gonderinger
wonnenen Einzeltitel zu verteidigen. „Es ist schade, dass Sarah (Spitzenspielerin Sarah de Nutte, Anm. d. Red.) nicht dabei ist, schließlich will man sich immer mit den Besten messen. Aber sie kämpft ja noch um ihre Olympia-Chance“, sagt Gonderinger, „wenn man jung ist und zum ersten Mal bei Titelkämpfen, ist man aufgeregt. Bei mir war es in den letzten Tagen einfach nur Vorfreude“.
Im Viertelfinale gegen Larissa Gales (Wintger) sah zunächst alles nach einem leichten Aufgalopp aus. Gonderinger führte schnell 2:0 (11:7, 11:2), gab dann aber den dritten Satz mit 8:11 ab und musste im vierten erneut zwei Satzbälle abwehren. Danach zeigte sich aber die ganze Erfahrung der Ex-Nationalspielerin. Mit 12:10 und 11:4 ging es ins Halbfinale, wo Doppelpartnerin Ariel Barbosa (Echternach) wartete. „Wir trainieren sehr viel zusammen, kennen uns in- und auswendig. Da ist es natürlich schwerer als gegen irgendeine andere Gegnerin.“
Die Vorentscheidung in diesem Duell auf Augenhöhe fiel im zweiten Satz, als Gonderinger einen Drei-PunkteRückstand aufholen konnte und den Durchgang mit 14:12 für sich entschied. Barbosa konnte sich von dem Rückschlag nicht wirklich erholen. Mit 4:1 zog ihre Doppelpartnerin ins Einzelfinale ein, in dem sie erfolgreich ihren Titel verteidigte.
Und was bleibt von fast 17 Jahren im Leistungssport? „Hüftschmerzen“, sagt Gonderinger lächelnd, „ich habe schon seit einiger Zeit immer mal wieder Probleme. Aber auch viele Momente und Menschen. Beispielsweise die Teilnahme an der Juniorinnen-Weltmeisterschaft oder später am Top-16-Turnier in China. Diese Erinnerungen nimmt man alle mit.“Und nun bricht sie auf für neue Eindrücke.