„Et bleiwt näischt méi an der Keess!“
Seit dem Ausbruch der Pandemie kämpft das Gastgewerbe ums Überleben, erklärt Alain Rix, Präsident des Gastronomieverbands
Die stetig wachsenden Kosten erleichtern die Sache nicht, im Gegenteil. Licht am Ende des Tunnels suchen die Gewerbetreibenden trotz Kundschaft vergebens. Auch wenn man den Eindruck hat, dass Restaurants gut besucht sind und die Branche hohe Umsätze einfährt. Genau das Gegenteil ist der Fall, wie Alain Rix, Präsident des Horesca-Verbandes im Vorfeld der Jahreshauptversammlung dem Luxemburger Wort verrät.
Die Gewinnmarge ist mittlerweile auf nur noch vier bis fünf Prozent gesunken. Schuld daran sind die explodierenden Kosten für Löhne, Strom, Energie und Wasser sowie ein Preisanstieg von über 25 Prozent bei den Lebensmitteln. Aktuell seien die Strompreise seitens der Regierung gedeckelt. Wenn diese Preisbremse im kommenden Jahr abgeschafft wird, können wir die Türen schließen, sagt Alain Rix. Bereits heute würde es sich für viele Unternehmer im Gastgewerbe nicht mehr lohnen. Dass die Betreiber die Reißleine ziehen und ihren Betrieb einstellen, sei verständlich, so Rix.
Die Kostenexplosion wirkt sich ebenfalls auf die allgemeine Kaufkraft aus. Viele Kunden hätten ihre Anzahl an Restaurantbesuchen eingeschränkt. Ein weiteres Problem für das Gastgewerbe stellt das Homeoffice dar. Wer zu Hause arbeitet, geht mittags nicht ins Restaurant, unterstreicht Horesca-Präsident Rix. So hat sich ein lange Zeit verlässlicher Kundenzustrom mit den geänderten Arbeitsgewohnheiten spürbar verringert.
Die Pandemie sorgt immer noch für Nachwehen im Gastgewerbe. Viele Betriebe müssen Darlehen oder die suspendierten Sozialausgaben mit erheblichen monatlichen Raten begleichen. „Et bleiwt näischt méi an der Keess“, schlussfolgert Rix. An die Kundschaft könne man die Kosten nicht umlenken, wolle man nicht noch mehr Kunden verlieren, fährt der Präsident fort.
Vom Fachkräftemangel zur Teufelsspirale
Eine zusätzliche Belastung stellt der Fachkräftemangel dar. Es fehle an qualifiziertem Personal – und überhaupt an Personal. Kaum einer möchte noch im Horesca-Sektor arbeiten, obwohl Schulabgänger bestens in der nationalen Hotelschule sowie im Lycée Technique de Bonnevoie ausgebildet wurden, ärgert sich Rix.
Der Fachkräftemangel führt etliche Betriebe in einen Teufelskreis. Sie können ihre Türen nur noch an vier oder fünf Tagen pro Woche öffnen. Infolgedessen sinken die Umsätze. Ausgebildetes Personal verliere die Branche an Dienstleister, die sich auf Catering, Gemeinschaftsverpflegung und Facilitymanagement spezialisiert hätten. Betriebskantinen, Kindertagesstätten, Krankenhäusern oder Alters- und Pflegeheime punkten zumindest in Sachen geregelter Arbeitszeiten, weil dort die Arbeitszeitunterbrechung wegfalle, verdeutlicht Rix.
Ein weiteres Thema, das Gastronomen Sorgen bereitet, sei der Mentalitätswandel der Kunden. Oftmals werde das Personal grob von oben herab behandelt, um es milde auszudrücken. Reservierungen werden nicht eingehalten und rechtzeitige Absagen werden immer seltener, empört sich der Horesca-Vorsitzende. Nicht zuletzt machen Convenience Food und Systemgastronomie den Gastronomen das Leben schwer. Die Menschen haben kaum noch Zeit zum Essen. Die Ironie ist dem Hotelexperten nicht entgangen. „Zum Glück gibt es gute Backöfen und Mikrowellen“, lacht Rix. Ein Tagesmenü ist aber sicher gesünder, weil es frisch gekocht und frei von chemischen Zutaten ist. Das nun auch noch die Gemeinden in den Horesca-Sektor drängen, sieht Alain Rix mit gemischten Gefühlen. Immer mehr Gemeinden würden in Kulturzentren oder historischen Gebäuden ein komplett ausgestattetes Restaurant einrichten und dieses für ein geringes Entgelt an einen Betreiber verpachten. Dies schaffe Arbeitsplätze und Perspektiven für Anfänger in der Branche. Es sei jedoch ein unfairerer Wettbewerb gegenüber Kleinunternehmer, die auf sich selbst gestellt sind. Letztere sind aufgrund gestiegener Zinsen nicht mehr in der Lage zu modernisieren, schließt Rix die Beschwerdeliste ab.
Lösungsansätze und Wünsche
Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, setzt der Horesca-Dachverband seine Kampagne „Dreamjobs Ambassadors“fort. Diese geht nun in die dritte Runde und soll der breiten Öffentlichkeit die schöne Seite der Berufswelt in der Gastronomie vorführen. Arbeitswilligen, aber unqualifizierten Menschen bietet der Verband eine Schnellausbildung in der Bedienung an.
Der Dialog mit der neuen Regierung sei gut und konstruktiv. Wünsche des Horesca-Verbandes – wie auch anderer Wirtschaftszweige – sind ein schnelles Fortschreiten der „simplification administrative“. Denn Bürokratie raubt nicht nur Zeit, sondern kostet auch Geld. Hoteliers und Gastronomen erwarten sich jedenfalls mehr Unterstützung seitens der Kommunen und des Staates, so wie das beispielsweise in Österreich der Fall ist. Im Tourismus muss es zu Innovationen kommen, indem neue „Eyecatcher“geschaffen werden. Viele Ideen würden aufgrund administrativer und unverständlicher Hürden aber scheitern. So kommen wir nicht weiter, schlussfolgert Rix, der meint „Die Schweizer haben verstanden, welcher Mehrwert ein Tourist bringt“.