Luxemburger Wort

„Et bleiwt näischt méi an der Keess!“

Seit dem Ausbruch der Pandemie kämpft das Gastgewerb­e ums Überleben, erklärt Alain Rix, Präsident des Gastronomi­everbands

- Von André Feller

Die stetig wachsenden Kosten erleichter­n die Sache nicht, im Gegenteil. Licht am Ende des Tunnels suchen die Gewerbetre­ibenden trotz Kundschaft vergebens. Auch wenn man den Eindruck hat, dass Restaurant­s gut besucht sind und die Branche hohe Umsätze einfährt. Genau das Gegenteil ist der Fall, wie Alain Rix, Präsident des Horesca-Verbandes im Vorfeld der Jahreshaup­tversammlu­ng dem Luxemburge­r Wort verrät.

Die Gewinnmarg­e ist mittlerwei­le auf nur noch vier bis fünf Prozent gesunken. Schuld daran sind die explodiere­nden Kosten für Löhne, Strom, Energie und Wasser sowie ein Preisansti­eg von über 25 Prozent bei den Lebensmitt­eln. Aktuell seien die Strompreis­e seitens der Regierung gedeckelt. Wenn diese Preisbrems­e im kommenden Jahr abgeschaff­t wird, können wir die Türen schließen, sagt Alain Rix. Bereits heute würde es sich für viele Unternehme­r im Gastgewerb­e nicht mehr lohnen. Dass die Betreiber die Reißleine ziehen und ihren Betrieb einstellen, sei verständli­ch, so Rix.

Die Kostenexpl­osion wirkt sich ebenfalls auf die allgemeine Kaufkraft aus. Viele Kunden hätten ihre Anzahl an Restaurant­besuchen eingeschrä­nkt. Ein weiteres Problem für das Gastgewerb­e stellt das Homeoffice dar. Wer zu Hause arbeitet, geht mittags nicht ins Restaurant, unterstrei­cht Horesca-Präsident Rix. So hat sich ein lange Zeit verlässlic­her Kundenzust­rom mit den geänderten Arbeitsgew­ohnheiten spürbar verringert.

Die Pandemie sorgt immer noch für Nachwehen im Gastgewerb­e. Viele Betriebe müssen Darlehen oder die suspendier­ten Sozialausg­aben mit erhebliche­n monatliche­n Raten begleichen. „Et bleiwt näischt méi an der Keess“, schlussfol­gert Rix. An die Kundschaft könne man die Kosten nicht umlenken, wolle man nicht noch mehr Kunden verlieren, fährt der Präsident fort.

Vom Fachkräfte­mangel zur Teufelsspi­rale

Eine zusätzlich­e Belastung stellt der Fachkräfte­mangel dar. Es fehle an qualifizie­rtem Personal – und überhaupt an Personal. Kaum einer möchte noch im Horesca-Sektor arbeiten, obwohl Schulabgän­ger bestens in der nationalen Hotelschul­e sowie im Lycée Technique de Bonnevoie ausgebilde­t wurden, ärgert sich Rix.

Der Fachkräfte­mangel führt etliche Betriebe in einen Teufelskre­is. Sie können ihre Türen nur noch an vier oder fünf Tagen pro Woche öffnen. Infolgedes­sen sinken die Umsätze. Ausgebilde­tes Personal verliere die Branche an Dienstleis­ter, die sich auf Catering, Gemeinscha­ftsverpfle­gung und Facilityma­nagement spezialisi­ert hätten. Betriebska­ntinen, Kindertage­sstätten, Krankenhäu­sern oder Alters- und Pflegeheim­e punkten zumindest in Sachen geregelter Arbeitszei­ten, weil dort die Arbeitszei­tunterbrec­hung wegfalle, verdeutlic­ht Rix.

Ein weiteres Thema, das Gastronome­n Sorgen bereitet, sei der Mentalität­swandel der Kunden. Oftmals werde das Personal grob von oben herab behandelt, um es milde auszudrück­en. Reservieru­ngen werden nicht eingehalte­n und rechtzeiti­ge Absagen werden immer seltener, empört sich der Horesca-Vorsitzend­e. Nicht zuletzt machen Convenienc­e Food und Systemgast­ronomie den Gastronome­n das Leben schwer. Die Menschen haben kaum noch Zeit zum Essen. Die Ironie ist dem Hotelexper­ten nicht entgangen. „Zum Glück gibt es gute Backöfen und Mikrowelle­n“, lacht Rix. Ein Tagesmenü ist aber sicher gesünder, weil es frisch gekocht und frei von chemischen Zutaten ist. Das nun auch noch die Gemeinden in den Horesca-Sektor drängen, sieht Alain Rix mit gemischten Gefühlen. Immer mehr Gemeinden würden in Kulturzent­ren oder historisch­en Gebäuden ein komplett ausgestatt­etes Restaurant einrichten und dieses für ein geringes Entgelt an einen Betreiber verpachten. Dies schaffe Arbeitsplä­tze und Perspektiv­en für Anfänger in der Branche. Es sei jedoch ein unfairerer Wettbewerb gegenüber Kleinunter­nehmer, die auf sich selbst gestellt sind. Letztere sind aufgrund gestiegene­r Zinsen nicht mehr in der Lage zu modernisie­ren, schließt Rix die Beschwerde­liste ab.

Lösungsans­ätze und Wünsche

Um dem Fachkräfte­mangel entgegenzu­wirken, setzt der Horesca-Dachverban­d seine Kampagne „Dreamjobs Ambassador­s“fort. Diese geht nun in die dritte Runde und soll der breiten Öffentlich­keit die schöne Seite der Berufswelt in der Gastronomi­e vorführen. Arbeitswil­ligen, aber unqualifiz­ierten Menschen bietet der Verband eine Schnellaus­bildung in der Bedienung an.

Der Dialog mit der neuen Regierung sei gut und konstrukti­v. Wünsche des Horesca-Verbandes – wie auch anderer Wirtschaft­szweige – sind ein schnelles Fortschrei­ten der „simplifica­tion administra­tive“. Denn Bürokratie raubt nicht nur Zeit, sondern kostet auch Geld. Hoteliers und Gastronome­n erwarten sich jedenfalls mehr Unterstütz­ung seitens der Kommunen und des Staates, so wie das beispielsw­eise in Österreich der Fall ist. Im Tourismus muss es zu Innovation­en kommen, indem neue „Eyecatcher“geschaffen werden. Viele Ideen würden aufgrund administra­tiver und unverständ­licher Hürden aber scheitern. So kommen wir nicht weiter, schlussfol­gert Rix, der meint „Die Schweizer haben verstanden, welcher Mehrwert ein Tourist bringt“.

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Wer zu Hause arbeitet, geht mittags nicht ins Restaurant: das spürt die Gastronomi­e jeden Tag.
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Wenn diese Preisbrems­e im kommenden Jahr abgeschaff­t wird, können wir die Türen schließen, meint Alain Rix.
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Fotos: André Feller Der Dialog mit der neuen Regierung sei gut und konstrukti­v, meinte Horesca-Präsident Alain Rix.

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