Pearls-Prozess: Doppeltes Strafmaß in zweiter Instanz
Die Berufungsrichter erhöhen die Haftstrafen für drei beschuldigte Frauen auf 36 Monate. Das Urteil gegen drei Fahrer wird bestätigt. Der Vollzug bleibt zur Bewährung ausgesetzt
Wer in Berufung geht, erhofft sich zumeist ein geringeres Strafmaß. Das kann passieren, muss aber nicht. Um diese Erfahrung sind nun auch die Betreiber eines Trierer Bordells, das zumindest den Radiohörern ein Begriff sein dürfte, reicher.
Denn hier hat der Pearls Club im Norden der Römerstadt jahrelang im Abendprogramm geworben – denn ganz klar: Luxemburger gehörten hier schon immer zum Zielpublikum.
Doch während in Deutschland Sexarbeit und deren gewerblicher Betrieb undifferenziert legal ist, stehen in Luxemburg organisierte Ausbeutung, Organisation und Beihilfe zur Prostitution unter Strafe: Zuhälterei, Menschenhandel und Geldwäsche lauteten daher auch in erster und zweiter Instanz die Vorwürfe gegen insgesamt sechs Personen, die für den Club Pearls auf Bestellung Hausbesuche von Prostituierten bei Freiern in Luxemburg organisierten.
Vollzug von Haftstrafen zur Bewährung
Wie schon in erster Instanz sprachen die Berufungsrichter gestern eine leitende Empfangsdame sowie zwei weitere Frauen in Führungspositionen, darunter die heutige Besitzerin des inzwischen umbenannten Bordells, schuldig. Für drei angeklagte Fahrer bestätigte der Appellationshof die Strafen aus erster Instanz: Für Viorel P., Alexandru P. und Daniel C. bleibt es bei einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollzug aber in vollem Umfang zur Bewährung ausgesetzt wird.
Nina C. und Fabienne C. waren zu 18 Monaten Haft verurteilt worden, Fabienne C. zu zwölf Monaten. Das Berufungsgericht verdoppelt nun aber in zweiter Instanz das Strafmaß für zwei Frauen und verdreifacht es für die dritte Frau auf 36 Monate. Und auch deren Geldbuße wird von jeweils 1.000 Euro auf 2.500 Euro erhöht. Auch für sie bleibt es aber in zweiter Instanz beim Sursis intégral. Demnach bleibt ihnen der Antritt der Haftstrafe erspart, wenn sie nicht gegen die Bewährungsauflagen verstoßen.
600.000 Euro Werbebudget für RTL und Luxbazar
Den Verurteilten steht nun noch der Gang vor den Kassationshof und den Menschenrechtsgerichtshof frei. Hierbei geht es dann aber nicht mehr um die Strafsache an sich, sondern nur um prozedurale und rechtliche Formfragen. Im Prozess hatten die Angeklagten behauptet, die luxemburgische Rechtslage nicht gekannt zu haben. Dem schenkten die Berufungsrichter offenbar ebenso wenig Glauben wie die Richter der ersten Instanz.
Wie lukrativ das Geschäft des Pearls Club mit Luxemburger Kunden gewesen sein muss, lässt sich bereits am Werbebudget ablesen: Die Ermittlungen ergaben, dass das Budget für Werbung im Anzeigenblatt Luxbazar und bei RTL Radio Lëtzebuerg rund 600.000 Euro betrug – obwohl Werbung für Prostitution in Luxemburg illegal ist. Hinzu kam ein Trikotsponsoring für den Hauptstadt-Fußballverein RM Hamm Benfica.
Im Prozess konnten die Ermittler der Kriminalpolizei Hinweise auf insgesamt 41 illegale Dienstfahrten zu Freiern in Luxemburg nachweisen. Die Dunkelziffer wird jedoch auf ein Vielfaches geschätzt. Die Hausbesuche im Großherzogtum sollen rund 15 Prozent der Einnahmen des Club Pearls ausgemacht haben. Im Prozess wurde die Differenz damit erklärt, dass nur die Telefongespräche eines kleinen Kreises von Verdächtigen überwacht werden konnten, dies auch nur während fünf Monaten und nur, wenn sie das Luxemburger Mobilfunknetz nutzten.
Nicht angeklagt wurde übrigens der eigentliche Hauptverantwortliche, der ehemalige Pearls-Besitzer Rigo Wendt. Der Mann war auf Drängen der luxemburgischen Strafverfolgungsbehörden kurzfristig auf die Liste der meistgesuchten Verbrecher Europas gesetzt worden. Deutschland weigerte sich jedoch, Wendt auszuliefern.