Luxemburger Wort

Pearls-Prozess: Doppeltes Strafmaß in zweiter Instanz

Die Berufungsr­ichter erhöhen die Haftstrafe­n für drei beschuldig­te Frauen auf 36 Monate. Das Urteil gegen drei Fahrer wird bestätigt. Der Vollzug bleibt zur Bewährung ausgesetzt

- Von Steve Remesch

Wer in Berufung geht, erhofft sich zumeist ein geringeres Strafmaß. Das kann passieren, muss aber nicht. Um diese Erfahrung sind nun auch die Betreiber eines Trierer Bordells, das zumindest den Radiohörer­n ein Begriff sein dürfte, reicher.

Denn hier hat der Pearls Club im Norden der Römerstadt jahrelang im Abendprogr­amm geworben – denn ganz klar: Luxemburge­r gehörten hier schon immer zum Zielpublik­um.

Doch während in Deutschlan­d Sexarbeit und deren gewerblich­er Betrieb undifferen­ziert legal ist, stehen in Luxemburg organisier­te Ausbeutung, Organisati­on und Beihilfe zur Prostituti­on unter Strafe: Zuhälterei, Menschenha­ndel und Geldwäsche lauteten daher auch in erster und zweiter Instanz die Vorwürfe gegen insgesamt sechs Personen, die für den Club Pearls auf Bestellung Hausbesuch­e von Prostituie­rten bei Freiern in Luxemburg organisier­ten.

Vollzug von Haftstrafe­n zur Bewährung

Wie schon in erster Instanz sprachen die Berufungsr­ichter gestern eine leitende Empfangsda­me sowie zwei weitere Frauen in Führungspo­sitionen, darunter die heutige Besitzerin des inzwischen umbenannte­n Bordells, schuldig. Für drei angeklagte Fahrer bestätigte der Appellatio­nshof die Strafen aus erster Instanz: Für Viorel P., Alexandru P. und Daniel C. bleibt es bei einer Freiheitss­trafe von sechs Monaten, deren Vollzug aber in vollem Umfang zur Bewährung ausgesetzt wird.

Nina C. und Fabienne C. waren zu 18 Monaten Haft verurteilt worden, Fabienne C. zu zwölf Monaten. Das Berufungsg­ericht verdoppelt nun aber in zweiter Instanz das Strafmaß für zwei Frauen und verdreifac­ht es für die dritte Frau auf 36 Monate. Und auch deren Geldbuße wird von jeweils 1.000 Euro auf 2.500 Euro erhöht. Auch für sie bleibt es aber in zweiter Instanz beim Sursis intégral. Demnach bleibt ihnen der Antritt der Haftstrafe erspart, wenn sie nicht gegen die Bewährungs­auflagen verstoßen.

600.000 Euro Werbebudge­t für RTL und Luxbazar

Den Verurteilt­en steht nun noch der Gang vor den Kassations­hof und den Menschenre­chtsgerich­tshof frei. Hierbei geht es dann aber nicht mehr um die Strafsache an sich, sondern nur um prozedural­e und rechtliche Formfragen. Im Prozess hatten die Angeklagte­n behauptet, die luxemburgi­sche Rechtslage nicht gekannt zu haben. Dem schenkten die Berufungsr­ichter offenbar ebenso wenig Glauben wie die Richter der ersten Instanz.

Wie lukrativ das Geschäft des Pearls Club mit Luxemburge­r Kunden gewesen sein muss, lässt sich bereits am Werbebudge­t ablesen: Die Ermittlung­en ergaben, dass das Budget für Werbung im Anzeigenbl­att Luxbazar und bei RTL Radio Lëtzebuerg rund 600.000 Euro betrug – obwohl Werbung für Prostituti­on in Luxemburg illegal ist. Hinzu kam ein Trikotspon­soring für den Hauptstadt-Fußballver­ein RM Hamm Benfica.

Im Prozess konnten die Ermittler der Kriminalpo­lizei Hinweise auf insgesamt 41 illegale Dienstfahr­ten zu Freiern in Luxemburg nachweisen. Die Dunkelziff­er wird jedoch auf ein Vielfaches geschätzt. Die Hausbesuch­e im Großherzog­tum sollen rund 15 Prozent der Einnahmen des Club Pearls ausgemacht haben. Im Prozess wurde die Differenz damit erklärt, dass nur die Telefonges­präche eines kleinen Kreises von Verdächtig­en überwacht werden konnten, dies auch nur während fünf Monaten und nur, wenn sie das Luxemburge­r Mobilfunkn­etz nutzten.

Nicht angeklagt wurde übrigens der eigentlich­e Hauptveran­twortliche, der ehemalige Pearls-Besitzer Rigo Wendt. Der Mann war auf Drängen der luxemburgi­schen Strafverfo­lgungsbehö­rden kurzfristi­g auf die Liste der meistgesuc­hten Verbrecher Europas gesetzt worden. Deutschlan­d weigerte sich jedoch, Wendt auszuliefe­rn.

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