„Rente ist keine Option für mich“
Schauspieler Bill Mockridge über das Aus der Krimiserie „Rentnercops“, den Jugendwahn im Fernsehen, die „Lindenstraße“und das Comeback seines Sohns Luke
Sie sind zwar schon etwas älter, gehören aber noch lange nicht zum alten Eisen: Seit 2015 gehen die „Rentnercops“im Ersten auf Verbrecherjagd. Doch bald ist Schluss mit rüstig – die beliebte Krimiserie mit Hartmut Volle und Bill Mockridge als ermittelndes Rentnerduo Schmitz und Bielefelder wird eingestellt, sie fällt einer ARD-Programmreform zum Opfer. Heute startet die letzte Staffel der „Rentnercops“, die finalen sechs Folgen sind immer mittwochs um 18.50 Uhr im Vorabendprogramm zu sehen.
Bill Mockridge, wie finden Sie es, dass Ihre Serie „Rentnercops“eingestellt wird?
Ich bedaure das außerordentlich. Das Format ist toll, wir haben eine große Fangemeinde, die Figuren sind gut und auch zeitgemäß, weil es ja immer mehr ältere Menschen gibt, die berufstätig sind. Ich glaube, wir hätten noch ganz viele Geschichten erzählen können und finde es sehr schade, dass die ARD die Serie eingestellt hat. Ich hätte ganz gern noch ein paar Jährchen drangehängt. nicht verraten, nur so viel: Ganz am Schluss quittieren sie den Dienst und gehen tatsächlich in Rente.
Sie sind 76 und noch nicht im Ruhestand. Wann wollen Sie in Rente gehen?
Das ist noch keine Option für mich, weil ich diesen Beruf einfach wahnsinnig gerne ausübe. Ich habe schon mit sieben Jahren gewusst, dass ich mal Schauspieler werde, so ist es dann gekommen, und ich bin nach wie vor mit großer Freude dabei. Ich bekomme immer noch Angebote, gehe neue Projekte an, also an Arbeit fehlt es mir nicht. Wenn meine Frau mal zu mir sagt: „Bill, es ist soweit, du bist nicht mehr gut“, dann höre ich auf. Wobei wir Schauspieler uns ja immer für großartig halten, ganz egal, was jemand über uns sagt. (lacht) Aber Spaß beiseite: Wenn Sie das sagt, dann beiße ich in den sauren Apfel und höre auf.
Was wird aus der speckigen Lederweste, die Sie in „Rentercops“immer tragen?
Die durfte ich als Abschiedsgeschenk aus dem Fundus mitnehmen, und die trage ich jetzt auch privat ab und zu. Bielefelders Mütze habe ich übrigens auch mitgenommen. Ich bin privat gar nicht so viel anders als in der Rolle. (lacht)
Die meisten Zuschauer sind älter als 50, das sind die Leute, die noch regelmäßig lineares Fernsehen gucken – und um die müssen wir uns doch hauptsächlich kümmern.
Vermissen Sie schon Bielefelders süßen Dackel Yoda?
Und ob, das ist ein ganz toller Hund, mit dem ich wahnsinnig gerne gespielt habe. Ein echter Profi. Wir hatten ein tolles Verhältnis, aber er lebt natürlich bei seinem Besitzer.
Wie geht es Ihrem Sohn, dem Komiker Luke Mockridge, der sich nach den von seiner Ex-Freundin erhobenen Vorwürfen der versuchten Vergewaltigung für längere Zeit aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte und jetzt wieder im Showgeschäft Fuß fasst?
Dem geht es nach der großen Ungerechtigkeit, die ihm da widerfahren ist, Gott sei Dank wieder gut. Die meisten Leute lieben den Luke nach wie vor, er bekommt bei seinen Auftritten Standing Ovations. Juristisch ist ja schon längst alles geklärt, das Verfahren gegen ihn wurde in zwei Instanzen eingestellt, er ist unschuldig.
Konnten Sie ihm in der schweren Zeit Halt geben?
Klar, wir waren viel zusammen und haben viel darüber gesprochen. Wenn es einem Sohn schlecht geht, ist man als Vater natürlich da. Aber nicht nur ich, die ganze Familie hat zu ihm gehalten, er hat ja fünf Brüder, die immer für ihn da waren. Nicht zu vergessen seine Freunde und seine Mutter – meine Frau ist ja Italienerin, und für sie gibt es nichts Wichtigeres als ihre Familie. Sie telefoniert mindestens einmal am Tag mit jedem unserer sechs Söhne, und sie war natürlich ein ganz wichtiger Halt für Luke.
Die „Rentnercops“gehen jetzt zu Ende, bekannt wurden Sie einem breiten Publikum aber mit der legendären und mittlerweile eingestellten ARD-Serie „Lindenstraße“, in
der Sie fast 25 Jahre mitgespielt haben. Mit welchen Gefühlen denken Sie an die „Lindenstraße“zurück?
Es war eine wunderbare, allerdings auch ziemlich anstrengende Zeit. Die Kollegen vor und hinter der Kamera wurden zu einer zweiten Familie für mich. Wenn du 25 Jahre von derselben Maskenbildnerin geschminkt wirst, dann ist das irgendwann nicht mehr nur die Heidi für dich, sondern dann weißt du alles über sie. Du kennst ihre Kinder, weißt von ihren Sorgen und Freuden. Der Abschied von der „Lindenstraße“fiel mir schwer.
Haben Sie noch Kontakt zu Marie-Luise Marjan alias Mutter Beimer, die in der Serie mit dem von Ihnen gespielten Erich Schiller verbandelt war?
Aber sicher, wir telefonieren so alle zwei Monate miteinander. Und nicht nur mit ihr, auch mit anderen Kollegen und Kolleginnen aus der „Lindenstraße“stehe ich noch in Verbindung.
Zur Person
Der Kanadier Bill Mockridge wurde 1947 in Toronto geboren, arbeitete als Schauspieler in seinem Heimatland und kam 1970 nach Deutschland, wo er für verschiedene Theater tätig war. 1982 gründete er in Bonn das Improvisationstheater „Springmaus“. Einem breiten Publikum wurde Mockridge durch die ARD-Serie „Lindenstraße“bekannt, in der er von 1991 bis 2015 eine der Hauptfiguren spielte. Seit 2020 verkörpert er bei den „Rentnercops“den sarkastischen Kommissar Reinhard Bielefelder. Bill Mockridge ist mit der Schauspielerin Margie Kinsky verheiratet, hat sechs erwachsene Söhne und lebt in Bonn.