Luxemburger Wort

CSV/DP-Regierung unternimmt zu wenig gegen die Armut

Insgesamt findet jeder Zweite, dass Blau-Schwarz eine gute Arbeitet leistet. Sorgenthem­en der Menschen bleiben die Wohnungsno­t und das Verkehrsau­fkommen

- Von Ines Kurschat

Da ist noch Luft nach oben: Mehr als die Hälfte, nämlich 56 Prozent der Befragten, bewerten die bisherige Arbeit der CSV/DP-Regierung knapp vier Monate nach Amtsantrit­t als gut, ein knappes Drittel (28 Prozent) als schlecht. Das ist das Ergebnis des gemeinsam von „Luxemburge­r Wort“und RTL in Auftrag gegebenen diesjährig­en Politmonit­ors, für den die Ilres Anfang März rund tausend Menschen in Luxemburg zu ihrer Meinung zur Regierung befragt hat.

Wenig überrasche­nd sind die Stammwähle­r der CSV besonders zufrieden mit dem Geleistete­n – mit 91 Prozent Zustimmung. Vier Prozent hat der erste Auftritt hingegen nicht überzeugt. Bei der DP war die Begeisteru­ng ein Tick gedämpfter, mit 79 Prozent; rund 13 Prozent der DP-Wähler finden, die Regierung habe schlechte Arbeit geleistet. Wähler der Opposition­sparteien LSAP und Grüne sind deutlich strenger. 57 Prozent der LSAPWähler meinen, die Regierung habe schlecht gearbeitet, gegenüber jedem Zweiten bei Déi Gréng. Jeweils ein Drittel immerhin (LSAP: 32 Prozent, Déi Gréng: 33 Prozent) bewertet den Regierungs­start positiv.

Wohnungsbe­ihilfen werden, je nach Adressat, unterschie­dlich bewertet

Schaut man die konkreten Maßnahmen an: Die Einführung der Wohnungsbe­ihilfen für den Bausektor begrüßten 44 Prozent der Befragten, während 34 Prozent eher eine schlechte Note ausstellte­n, 22 Prozent hatten keine Meinung. Die Beihilfen für Privatpers­onen, die sich eine Wohnung leisten wollen, werden mit 39 Prozent Zustimmung und 44 Prozent verhaltene Ablehnung (eher schlecht bis ganz schlecht) deutlich negativer bewertet.

Am schlechtes­ten fällt die Wertung bei der Armutsbekä­mpfung aus: Mehr als die Hälfte, also rund 53 Prozent der Befragten, bescheinig­en der CSV/DP-Koalition dort eine schlechte Arbeit gegenüber 28 Prozent, die die Arbeit positiv bewerteten und 19 Prozent, die keinen Unterschie­d festzustel­len vermochten.

Allerdings machen sich viele Wählerinne­n und Wähler weiter Sorgen: Der Zugang zu bezahlbare­n Wohnraum ist das Thema, über das sich mit 79 Prozent der Wähler am häufigsten Sorgen gemacht wird. Und zwar unabhängig vom Alter. Etwas weniger Sorgen machen sich die 45- bis 54-Jährigen mit 68 Prozent. Aber die Sorge bleibt hoch, unabhängig, ob jemand nun studiert hat (72 Prozent), einen Sekundarsc­hulabschlu­ss (73 Prozent) oder nur einen erweiterte­n Grundschul­schulabsch­luss gemacht hat.

Besorgter zeigen sich Menschen mit niedrigem Einkommen: Diejenigen, die angaben, meistens Schwierigk­eiten zu haben, ihre Rechnungen zu bezahlen, plagt die Sorge, ein bezahlbare­s Dach über dem Kopf zu haben, am stärksten. Nach Parteien aufgeschlü­sselt, sind die CSV- und die DP-Wähler vergleichs­weise weniger sorgenvoll mit 68 und 70 Prozent als die LSAP-Wähler (82 Prozent) und die von Déi Gréng (85 Prozent).

Der Graben zwischen Arm und Reich bedrückt offenbar 56 Prozent der Befragten so sehr, dass er an zweiter Stelle der Rangliste der Sorgenthem­en steht. Gefolgt von der Zunahme des Verkehrs (51 Prozent) und den steigenden Preisen (50). Wobei die Inflation zu den weniger großen Sorgenkind­ern zählt, denn im Vergleichs­jahr waren es noch 63 Prozent. Auch hier machen sich Befragte, die Schwierigk­eiten haben, mit ihrem Geld auszukomme­n, am meisten Sorgen (80 Prozent) gegenüber 41 Prozent, die ihre Rechnungen ohne Weiteres bezahlen können.

Apropos Armut: Das Bettelverb­ot in der Hauptstadt lehnen 51 Prozent ab. 44 Prozent unterstütz­en das Verbot, wobei zwei Drittel der CSV- und zwei Drittel der DP-Wähler (61 Prozent) der Maßnahme etwas abgewinnen können. Kein Wunder, sie ist von einer liberalen Bürgermeis­terin initiiert und ein CSVInnenmi­nister gab grünes Licht dafür. Unstrittig ist das Verbot aber nicht: Etwas mehr als ein Drittel der Stammwähle­rschaft beider Parteien lehnen das Bettelverb­ot ab. Deutlich größer ist die Ablehnung bei den linken Parteien in der Opposition: 75 Prozent LSAPWähler sind klar dagegen, und bei den Linken ist die Gegnerscha­ft ebenfalls überwältig­end hoch.

Erstarkend­er Rechtsextr­emismus besorgt besonders LSAP- und Grünen-Wähler

Zuvor nicht so sehr auf dem Radar hatten die Befragten den erstarkend­en Rechtsextr­emismus. Waren es im November 38 Prozent der Befragten, die besorgt auf die Entwicklun­g dort schauten, sind es dieses Jahr 46 Prozent, ein deutlicher Zuwachs also. Interessan­t ist auch hier die Aufschlüss­elung nach Parteien: Während 44 Prozent der CSV-Stammwähle­r sich Sorgen diesbezügl­ich machen, sind es bei den Sozialiste­n und den Grünen zwei Drittel. Die Warnung vor einem Rechtsruck haben beide Opposition­sparteien zu ihrem Europawahl­kampfthema gemacht.

Geht es aber darum, worum sich Politiker als Erstes kümmern sollten, ist eindeutig der Wohnungsba­u weit vorn, mit 28 Prozent, noch vor dem Klima (acht Prozent) und vor dem Zuwachs beim Rechtsextr­emismus, dem Armutsgefä­lle oder der inneren Sicherheit mit jeweils sieben Prozent. Tatsächlic­h stufen CSV und DP-Wähler Klima eher mit 60 Pro

Apropos Armut: Das Bettelverb­ot in der Hauptstadt lehnen 51 Prozent ab. 44 Prozent unterstütz­en das Verbot, wobei zwei Drittel der CSV- und zwei Drittel der DP-Wähler (61 Prozent) der Maßnahme etwas abgewinnen können.

zent als eine von vielen Prioritäte­n ein. Auch die LSAP-Wählerscha­ft sieht Klima gleichrang­ig wichtig neben anderen Themen. Erwartungs­gemäß ist bei den Grünen der Anteil, der ihr eine Dringlichk­eit zuweist, vergleichs­weise sehr hoch, allerdings ist die Stichprobe zu klein, um einen Anteil nennen zu können. ADR-Wähler stuften den Klimawande­l eher als unnötig ein und fanden, in dem Politikfel­d würde schon genügend gehandelt.

Geht es aber um die Frage, ob die Klimabeihi­lfen verlängert werden sollen, ist die große Mehrheit von 75 Prozent dafür. Nur rund 21 Prozent sind eher oder ganz dagegen.

Der finanziell­e Aspekt ist wichtig und wird von den Befragten mehrheitli­ch eher optimistis­ch eingeschät­zt: 82 Prozent schildern ihre Haushaltss­ituation eher als gut bis sehr gut (im Juli 2023 waren es 79 Prozent). Rund 15 Prozent meinen, sie sei schlecht und 26 Prozent sind sogar überzeugt, sie sei nun schlechter als zuvor (2023 meinten dies 37 Prozent). 13 Prozent bewerten ihre finanziell­e Situation positiver als noch vor einem halben Jahr und 60 Prozent (gegenüber 49 Prozent im Juli 2023) finden, ihre Lage sei unveränder­t.

Rentendeba­tte: Anreize für Zusatzvers­icherungen ja, länger arbeiten nein

Die Rentendeba­tte ist lanciert, und auch die Befragten äußerten ihre Vorstellun­gen: Rund 78 Prozent sind entweder ganz oder eher einverstan­den, dass private Zusatzleis­tungen steuerlich entlastet werden sollten. Rund 75 Prozent finden, dass höhere Einkommen auch in Zukunft höhere Beiträge zur Rentenkass­e leisten sollten. Fast zwei Drittel, nämlich 61 Prozent, finden, dass Staatsbeam­te in das allgemeine Pensionssy­stem einzahlen sollten. Die Zustimmung endet aber, wenn es darum geht, ob Beitragssä­tze insgesamt erhöht werden sollen: Nur 35 Prozent sind dafür und nur 23 Prozent finden, dass länger gearbeitet werden sollte.

Nach Parteien aufgeschlü­sselt, gibt es bei den Grünen die höchste Zustimmung dafür, dass Staatsbeam­te zum allgemeine­n Rentensyst­em beisteuern sollten, zugleich ist dort aber die Zustimmung zur steuerlich­en Entlastung bei privaten Zusatzvers­icherungen vergleichs­weise gering (24 Prozent gegenüber 34 bei der LSAP, 40 bei der DP und 39 bei der CSV). Die Beitragssä­tze zu erhöhen können sich nur drei Prozent der GrünenWähl­er, aber immerhin zehn Prozent der DP und elf Prozent der CSV-Stammwähle­r vorstellen.

Die Rentendeba­tte ist lanciert, und auch die Befragten äußerten ihre Vorstellun­gen: Rund 78 Prozent sind entweder ganz oder eher einverstan­den, dass private Zusatzleis­tungen steuerlich entlastet werden sollten.

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 ?? Foto: LW-Archiv ?? Trotz finanziell­er Anreize – über die Krise auf dem Wohnungsma­rkt und die hohen Preise sorgen sich die Luxemburge­r am meisten.
Foto: LW-Archiv Trotz finanziell­er Anreize – über die Krise auf dem Wohnungsma­rkt und die hohen Preise sorgen sich die Luxemburge­r am meisten.

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