Luxemburger Wort

Jean-Michel Clement und Cathy Thill erinnern an den „Vergessene­n Krieg“

Gedenktafe­ln ehren das Andenken zweier im Korea-Krieg gefallener Luxemburge­r Soldaten. Ein Gespräch mit einem Veteranen und einer Veteranenw­itwe über prägende Erlebnisse

- Von Luc Ewen

Die Luxembourg-Korean Associatio­n (LKA) hat kürzlich zwei Gedenktafe­ln zu Ehren zweier luxemburgi­scher Soldaten, die im Koreakrieg ums Leben kamen, eingeweiht. Das „Luxemburge­r Wort“hat dies zum Anlass genommen, sich mit Zeitzeugen zu treffen.

„Ich lag mit meinem Maschineng­ewehr am Anschlag im Hang des Hügels“, erinnert sich Jean-Michel Clement daran, wie er bei einer Rettungsak­tion von Kriegskame­raden, zu denen zu diesem Zeitpunkt kein Kontakt mehr bestand, unter Beschuss geriet. Während er dort lag, erkannte er einen amerikanis­chen Tank, der auf der schmalen Straße näher kam. „Sie sahen mich und konnten nicht wenden. Links und rechts des Weges waren Reisfelder. Dann schoss einer auf mich.“Mit Müh und Not gelang es ihm, eine Fahne zu schwenken, um zu signalisie­ren, dass er Freund und nicht Feind sei.

Dies Erlebnis hat den heute 92-Jährigen offensicht­lich bis heute stark geprägt. Von seinen Erinnerung­en an den Koreakrieg zu erzählen, kostet den Veteranen viel Kraft.

Das gilt auch für Cathy Thill. Sie ist die Witwe eines „Koreakrieg­ers“und lebt heute im selben Pflegeheim wie Clement. Beide passen aufeinande­r auf, sagt sie. Dass nun zwei Gedenkplat­ten an den Koreakrieg eingeweiht wurden, ist beiden wichtig. Dennoch, einige Wunden heilen nie. Das zeigt das emotionsge­ladene Gespräch, bei dem Worte immer wieder in die Waagschale gelegt werden. Alte Wunden reißen in Gedanken auf. So manche Enttäuschu­ng geht mit dem Krieg einher.

So hätten viele den Einsatz mit Hoffnungen verbunden, erzählen sie. Sei es persönlich­er Natur, die manchmal auch mit der eigenen Familienge­schichte zu tun hatten, sei es mit konkreten Versprechu­ngen, die laut Aussagen einiger Betroffene­r, nicht immer erfüllt worden seien. Statt Anerkennun­g habe so mancher nach seiner Rückkehr eher Spott und Häme ertragen müssen, heißt es weiter.

Wenn Cathy Thill von Korea erzählt, dann geht es allerdings vor allem um

eine Reise, die sie 1977 mit ihrem 2007 verstorben­en Mann Paul unternahm. „Zum Kriege selbst, kann ich ja nicht viel sagen. Wir haben erst geheiratet, als er im Oktober 1951 zurück war“, erklärt sie. Sofort danach habe er den Wunsch geäußert, Cathy die Orte des Geschehens zu zeigen. „Wir hatten damals nichts“, erinnert sie sich.

Ihr Mann wollte sein Sprachenst­udium fortsetzen. „Als er aber aus Korea zurückkam, haben wir uns kennen- und lieben gelernt.“Bald stand Nachwuchs ins Haus, und damals bedeutete dies: Heirat und dass der

Traum vom Studium ausgeträum­t war. Paul wurde Eisenbahne­r.

25 Jahre später, zur goldenen Hochzeit, erfüllte sich das Paar den langgehegt­en Wunsch und reiste 1977 endlich nach Korea. Einige andere Veteranen schlossen sich ihnen an. „Wir sind dort außergewöh­nlich liebevoll und zuvorkomme­nd empfangen worden“, erinnert sich Cathy Thill. Die Dankbarkei­t des koreanisch­en Volkes und der Regierung seien überall zu spüren gewesen. „Wir bekamen Anstecker, die uns als Veteranen oder deren Angehörige auswiesen und ein Auto mit Fahrer zur Verfü

gung gestellt.“So gelangte die Reisegrupp­e zu den Orten ihrer Erinnerung­en.

„Paul zeigte mir den Bach, in den er verletzt gefallen war, und aus dem er sich nicht mehr aus eigener Kraft befreien konnte“. Ein belgischer Priester zog ihn trotz laufender Kampfhandl­ungen aus dem Gewässer und rettete ihn so vor dem Ertrinken.

Die Erinnerung an den „Vergessene­n Krieg“wachhalten

Kürzlich wurden die Gedenktafe­ln zu Ehren der beiden einzigen luxemburgi­schen Soldaten eingeweiht, die nach dem Zweiten Weltkrieg im Kriegseins­atz in ChokkoRi ums Leben kamen. Einer davon war Roger Stütz, der am 22. August 1952, etwas mehr als zwei Monate nach seiner Beförderun­g zum „Caporal“, während seines Dienstes als Fahrer für einen Bataillons­kommandant­en durch Granatensp­litter starb. Der zweite gefallene Soldat war „Sergent tit.“Robert Mores, der am 26. September 1952, beim Versuch verschütte­te Kameraden zu retten, durch eine Granate ums Leben kam.

Max Stoffel, Sekretär der LKA, erinnert im Gespräch mit dem LW auch an Menschen, die sich nach der Heimkehr der Luxemburge­r Soldaten aus Korea für diese einsetzten, auch wenn das damals nicht selbstvers­tändlich war. So etwa den Chef des ersten Luxemburge­r Kontingent­es, Joseph „Tun“Wagner.

Das Datum der Einweihung der Tafeln sei nicht zufällig gewählt, weil die beiden Soldaten, fast auf den Tag genau 72 Jahre zuvor, aus Korea nach Luxemburg repatriier­t worden waren. Beide Tafeln wurden an den Gräbern der Soldaten angebracht, das von Roger Stütz in Rollingerg­rund und das von Robert Mores in Rambrouch.

 ?? ?? 1949 wurde Jean-Michel Clement in den Militärdie­nst einberufen. Er blieb bis 1956 Soldat, danach wurde er Minenarbei­ter im Süden des Landes.
1949 wurde Jean-Michel Clement in den Militärdie­nst einberufen. Er blieb bis 1956 Soldat, danach wurde er Minenarbei­ter im Süden des Landes.
 ?? Fotos: Anouk Antony ?? Cathy Thill berichtet von ihrem Ehemann Paul Thill, der bis zum Januar 1951 Soldat erster Klasse und danach „Caporal“war.
Fotos: Anouk Antony Cathy Thill berichtet von ihrem Ehemann Paul Thill, der bis zum Januar 1951 Soldat erster Klasse und danach „Caporal“war.
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Die Tafeln wurden an den Gräbern von Roger Stütz in Rollingerg­rund und von Robert Mores in Rambrouch angebracht.

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