Jahr des Königs
Neuer Wind im Königshaus – Vor einem Jahr hat Felipe VI. die Macht übernommen
Um Spaniens Monarchie steht es nicht gut, aber viel besser als viele erwartet haben. Mit seiner seriösen und bedächtigen Art hat Felipe VI. die Monarchie aus einer schweren Krise geführt und konsequent an die heutige Zeit angepasst. Am Freitag, 19. Juni, ist der König genau ein Jahr im Amt.
Madrid – dpa. König Felipe VI. und Königin Letizia haben in ihrem ersten Amtsjahr das Image der Monarchie aufpoliert. Von Elefantenjagden und Ehekrisen ist keine Rede mehr. Mit seiner bedächtigen und diskreten Art hat der Monarch das Ansehen des Königshauses wiederhergestellt. Über die Abschaffung der Monarchie wird nicht mehr debattiert.
Eine Feier wollte der König nicht. Der 47-Jährige bleibt seinem Stil treu. Auch bei seiner Krönung verzichtete er auf eine prunkvolle Zeremonie und lud keine Royals und Staatschefs aus anderen Ländern nach Madrid. Am 18. Juni 2014 hatte König Juan Carlos nach fast 39-jähriger Amtszeit seine Abdankung unterzeichnet, tagsdrauf legte Felipe den Amtseid ab.
Der Monarch ist angetreten mit dem Versprechen, eine „erneuerte Monarchie für eine neue Zeit“zu schaffen und das Königshaus wieder zu einer moralischen Instanz zu machen. Diesem Ziel scheint er ein gutes Stück näher gekommen zu sein. Felipe kürzte sein eigenes Gehalt, er untersagte den Mitgliedern des Königshauses, für private Firmen zu arbeiten, und er erließ einen Verhaltenskodex für die Annahme von Geschenken. Seiner wegen des Verdachts des Steuerbetrugs angeklagten Schwester Cristina erkannte er den Titel Herzogin von Palma de Mallorca ab.
75 Prozent der Spanier billigen nach einer Umfrage der Zeitung „El Mundo“die Amtsführung des Königs. „Nicht einmal die größten Optimisten hatten erwartet, dass Felipes erstes Jahr so gut verlaufen würde“, sagte ein früherer hoher Beamter des Königshauses. Wirklich begeistert von der Monarchie sind die Spanier aber nicht. Nach einer Studie des Forschungsinstituts CIS rangiert das Königshaus in der Beliebtheitsskala der Institutionen hinter der Polizei, der Armee und den Medien.
Die frühere TV-Moderatorin Letizia Ortiz hat sich – als Spaniens erste Königin aus bürgerlichem Haus – nach übereinstimmender Einschätzung der Kommentatoren in ihrem Amt zum Positiven verändert. Die 42-Jährige wirkt gelöster, freundlicher und umgänglicher als früher. „Aus der traurigen Prinzessin ist eine glückliche Königin geworden“, konstatierte „El Mundo“. Juan Carlos soll an ihrer Eignung seine Zweifel gehabt haben. Aber die nach Perfektion strebende Letizia legte die Angst vor Vergleichen mit ihrer Vorgängerin Sofía ab und gewann neues Selbstbewusstsein.
Letizia ist dabei, in der Rolle der Königin, die in der Verfassung nicht festgelegt ist, einen eigenen Stil zu entwickeln. Dabei möchte sie nicht als eine protokollarische Figur verstanden werden. Allerdings wird sie in der Öffentlichkeit in erster Linie nach ihrem Aussehen, ihrer Kleidung und ihren Frisuren beurteilt.
Leonor abgeschirmt
Die neunjährige Kronprinzessin Leonor ist die jüngste Thronfolgerin in Europa. Felipe und Letizia schirmen sie und die achtjährige Schwester Sofía von der Öffentlichkeit weitgehend ab. Es kommt zuweilen vor, dass die Spanier die blonden Königstöchter monatelang nicht zu sehen bekommen. Die Mädchen sollen, so wollen es die Eltern, eine möglichst normale Kindheit haben. Sie haben keine eigenen Lehrer, sondern besuchen mit anderen Kindern eine private Schule.
Ex-König Juan Carlos tritt seit seiner Abdankung nur noch wenig öffentlich in Erscheinung. Der 77- Jährige trägt ehrenhalber weiterhin den Titel eines Königs. Ab und zu nimmt er als Repräsentant des Königshauses offizielle Termine wahr. Er trifft sich häufig mit Freunden, besucht Stierkämpfe oder Sportveranstaltungen und unternimmt Reisen ins Ausland. Mit seiner Frau Sofía ist er nur bei seltenen Anlässen zu sehen. Das frühere Königspaar versucht nicht mehr zu verheimlichen, dass es ein getrenntes Leben führt.
Ex-Königin Sofia ist auch in den Hintergrund, aber nicht in den Ruhestand getreten. König Felipe VI. legt viel Wert darauf, dass seine populäre Mutter weiterhin Aufgaben für das Königshaus wahrnimmt. In einem Thema gibt es aber offensichtlich Differenzen: Während Felipe die Kontakte zu seiner Schwester Cristina weitgehend abgebrochen hat, besucht die 76-Jährige bisweilen ihre Tochter und deren Familie in Genf.
Die Infantinnen Elena (51) und Cristina (50) gehören offiziell nicht mehr zum Königshaus. Felipe entschied, dass seine Schwestern kein Geld mehr aus der Palastschatulle erhalten und praktisch keine offiziellen Termine mehr wahrnehmen.
Damit wollte der König verhindern, dass der Finanzskandal um Cristina und deren Ehemann Iñaki Urdangarin das Ansehen der Monarchie ankratzt. Das Paar ist vor einem Gericht in Palma de Mallorca angeklagt. Der Prozess gegen insgesamt 18 Angeklagte wird voraussichtlich Anfang nächsten Jahres eröffnet.
Felipe VI. ist angetreten,
um eine „erneuerte Monarchie für eine neue
Zeit zu schaffen“.