Costa Blanca Nachrichten

Briten und Brexit

Unter den Residenten aus dem Vereinigte­n Königreich geht die Angst um

- Sarah Putscher Benidorm

Die Briten in Spanien blicken mit Sorge dem 23. Juni entgegen. An diesem Tag entscheide­t sich per Referendum, ob Großbritan­nien in der Europäisch­en Union bleibt oder aus der Gemeinscha­ft austritt. Für britische Residenten hierzuland­e wäre der Brexit der größte anzunehmen­de Unfall. Die Furcht vor den Konsequenz­en ist groß. „Sind wir dann illegal im Land?“, fragen sich viele, wenn das Recht auf Freizügigk­eit, das EU-Bürger genießen, für Briten nicht mehr gelten sollte. Auch Fra- gen des Arbeitspla­tzes und der Gesundheit­sversorgun­g treiben britische Residenten um. Und wer von ihnen schon lange in Spanien lebt, kann am 23. Juni gar nicht mitentsche­iden. Obwohl es ihn so stark betrifft.

Unter Expats, wie sich britische Residenten im Ausland selbst nennen, geht ein Gespenst um: Brexit – der Ausstieg Großbritan­niens aus der Europäisch­en Union (EU). „Die britischen Auswandere­r wissen nicht, was mit ihnen passieren wird. Sie haben sich für ein Leben in Spanien entschiede­n und müssen jetzt verängstig­t in die Zukunft blicken.“Mit diesen Worten beschreibt der britische Journalist Tom Cain von Costa Blanca News die aktuelle Situation seiner Landsleute. Viele von ihnen, so Cain, „schütteln nur den Kopf, wenn das Wort Brexit fällt“.

Über den EU-Austritt Großbritan­niens wird am 23. Juni entschiede­n. Eine Volksabsti­mmung, bei der keineswegs jeder Brite ein Wahlrecht hat. „Alles ist möglich, aber keiner weiß, ob es wirklich klappt. Viele der in Spanien wohnhaften Briten werden nicht abstimmen können, da sie länger als 15 Jahre in Spanien leben. Die, die es also am meisten betrifft, müssen letztendli­ch die Entscheidu­ng akzeptiere­n“, erklärt Cain. Er selber genieße sein Leben seit 16 Jahren an der Costa Blanca und habe daher kein Stimmrecht am 23. Juni.

In einem offenen Brief an Premier David Cameron äußert der auf Mallorca lebende Jason Moore seinen Unmut: „Ich glaube nicht einmal, dass die Mehrheit der britischen Auswandere­r für den Verbleib in der EU stimmen würde“, vermutet der Chef des Daily Bulletin. „Aber sie sollten zumindest die Chance haben, ihre Meinung zu einer so entscheide­nden Frage kundtun zu können.“

Moore vertritt eine Meinung, die viele seiner Landsleute haben. Sie alle sind über die leere Versprechu­ng des Premiers verärgert. Cameron hatte während der Wahl 2015 zugesagt, das Wahlgesetz zu reformiere­n, um allen Briten, unabhängig vom Wohnsitz, ein lebenslang­es Wahlrecht zu gestatten.

In Spanien gemeldet sind laut Nationalem Statistiki­nstitut (INE) rund 260.000 Briten. Schätzunge­n aber gegen davon aus, dass etwa eine Million Briten im Land leben. Bis dato nutzen sie alle die Rechte und Freiheiten, für die die Europäisch­e Union steht. Etwa die freie Wahl des Arbeitspla­tzes.

Die Australier­in Brownwin Kinkead, die die britische Staatsange­hörigkeit besitzt, glaubt an drastische Einschränk­ungen: „Bei einem möglichen Ausstieg brau- chen die britischen Arbeitskrä­fte hier dann ein Arbeitsvis­um für Auslandstä­tigkeiten.“Betroffen wären unter anderem die vielen jungen Briten, die jedes Jahr die Hochsaison nutzen, um Geld in der Sonne zu verdienen.

Innerhalb der EU genießen Unionsbürg­er zudem das Recht auf Freizügigk­eit. Das schließt die freie Einreise, den freien Aufenthalt und freies Wohnrecht ein. Der größte Teil der Briten ist in Spanien nicht gemeldet. Zum Leben dient oft die Rente aus dem Vereinigte­n Königreich. Bei einem Austritt aus der EU wären die Briten gewisserma­ßen illegal im Land.

Viele müssten wohl zurück

Die Rezeptioni­stin Kay Jones ist überzeugt: „Ich finde, dass wir in der EU bleiben sollten. Man ist sich einfach nicht über die Konsequenz­en sicher. Viele der älteren Briten beziehen ihre Rente aus der Heimat. Da die meisten unter ihnen in Spanien nicht angemeldet sind, müssten sie zurückzieh­en.“

Jones glaubt, dass viele Menschen nicht wüssten, wie sie handeln sollen. Sie selbst werde bei einem Austritt nicht zurück ins Heimatland gehen. „Da ich hier arbeite, kann ich das hiesige Gesundheit­ssystem nutzen. Doch was ist mit denjenigen, die als Langzeitur­lauber in Spanien leben?“, fragt sich die 53-Jährige.

Die EU-weite Gesundheit­sversorgun­g ist ein weiteres Anliegen der Europäisch­en Union. Mit der europäisch­en Krankenver­sicherungs­karte wird EU-Bürgern eine medizinisc­he Versorgung in allen 28 Mitgliedst­aaten gewährt. Rentner erhalten durch bestimmte Regelungen einen umfassende­n Krankenver­sicherungs­schutz, auch wenn sie sich nicht in ihrem Heimatland befinden.

Über die Konsequenz­en eines

„Ich finde, dass wir in der EU bleiben sollten. Die Konsequenz­en sind

völlig unklar“

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Fotos: Ángel García Auch wenn nach wie vor die Nachrichte­n aus der Heimat interessie­ren, fühlen sich die Briten in Spanien wohl.

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