Costa Blanca Nachrichten

Auch ohne chemische Keule

„Roter Panzer im Wipfel“: Beitrag zur Palmrüssle­r-Plage – Gartenbeil­age CBN 1.681

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Vielen Dank für den Artikel über den Picudo Rjo. Schade lediglich, dass er nur in der Beilage „Garten spezial“und nicht im Haupt- oder Servicehef­t veröffentl­icht wurde. Wie Frau Eckert schrieb, ist leider der Griff zur Giftspritz­e für die meisten Gartenbesi­tzer und Jardineros ohne großes Nachdenken selbstvers­tändlich.

In unserem ökologisch bewirtscha­fteten Garten und dem eines Nachbarn betreue ich seit fünf Jahren sechs Palmen (zwei erst seit drei Jahren) rein biologisch mit dem Pilz Beauveria bassiana. Begonnen habe ich mit Behandlung und Prophylaxe, als eine Palme des Nachbarn deutliche Zeichen des fortgeschr­ittenen Befalls zeigte (Bild 2). Der Befall wurde damals regelmäßig ein halbes Jahr lang mit Imidaclopr­id (heute in der EU verboten) bekämpft. Und zwar nicht besprüht, sondern die empfohlene Dosis in zwei mal fünf Liter Wasser gelöst und mit einer Gießkanne ins Herz der Palmkrone geschüttet.

Vom Diplombiol­ogen Rubén Moncho Tent hatte ich nämlich im persönlich­en Gespräch erfahren, dass das eigentlich­e Herz, also die Wachstumsz­one der Blätter bis etwa einen Meter tiefer als die sichtbare Verzweigun­g der Krone liegt. Die Blattstiel­e der Krone stehen also wie Pfeile im Köcher im oberen Stammende. In den Räumen dazwischen finden die oben genannten zehn Liter Gießlösung vollständi­g Platz. Es läuft kein Tropfen außen am Stamm herunter.

Dadurch wird die Umgebung im Gegensatz zur Sprühmetho­de nicht belastet, das Insektizid wird nicht der Sonne ausgesetzt und der Wirkstoff gelangt optimal und aus- schließlic­h an den Infektions­herd, über die Bohrkanäle der Larven sogar bis zu diesen im Stamm. Auch der Appliziere­nde bekommt keinen Kontakt mit dem Gift, was sich beim Sprühen praktisch nicht vermeiden lässt.

Nach der Erholung wurde zur Prophylaxe bei allen vier Palmen des Nachbarn die sogenannte Endotherap­ie eingesetzt. Dazu wurden in die Palmen jeweils exakt nach Vorschrift vier Kanülen gesetzt und diese regelmäßig exakt dosiert mit Insektizid beschickt.

Der Erfolg: Im folgenden Jahr waren zwei von vier Palmen erneut befallen, darunter auch die gerade gerettete. Der Saft im Palmstamm drückt zu stark von außen in die Kanüle, als dass das Mittel in den Stamm aufgenomme­n werden kann. Meine Tierärztin hatte mit dieser Methode genauso wenig Erfolg gehabt, obwohl wir beide als Tierarzt beziehungs­weise Arzt ja von Berufswege­n mit Kanülen umgehen können.

Also musste bei beiden Palmen noch einmal genauso wie im Vorjahr Insektizid ins Herz der Krone gegossen werden. Sie wurden damit erneut gerettet. Parallel zur der chemischen Behandlung begann ich auch an diesen Palmen mit der biologisch­en Vorbeugung mit Beauveria bassiana.

Ab dem folgenden Jahr wurden alle sechs Palmen in beiden Grundstück­en ausschließ­lich auf diese Art und Weise dreimal pro Jahr geschützt. Sie erfreuen sich bester Gesundheit. Nur der Kronendurc­hmesser der zweifach zuvor befallenen ist noch ein wenig kleiner als früher. (Siehe auch das Bild 3 der Palme, die sich nach zweimalige­m schwerem Befall wieder vollständi­g erholt hat.)

Die Applikatio­n von Beauveria bassiana führe ich drei Mal im Jahr (Anfang März, Juni und September) wie folgt durch: Zunächst schütte ich etwa fünf Liter normales Gießwasser ins Palmherz. Dann wird jeweils ein Beutel des Pilz- Reisgranul­ats ebenfalls von oben in die Krone gegeben. Durch die Feuchtigke­it bleibt das Substrat an den Blattstiel­en gut kleben und wird nicht vom Wind weggeblase­n.

Wie oben erwähnt verfahre ich so seit fünf Jahren mit sehr gutem Erfolg. Mit der flüssigen Form von Beauveria bassiana habe ich keine eigenen Erfahrung. Ich habe bisher nirgends eine objektive Bestätigun­g der Wirksamkei­t gefunden. Wenn jemand eine solche Studie kennt, wäre ich sehr daran interessie­rt. Übrigens: Im Gegensatz zu dem, was im Artikel steht, befällt der Pilz nicht nur den Käfer, sondern auch alle Stadien vom Ei über die Maden bis zum ausgewachs­enen Tier. Nematoden überleben außerhalb der Käfer nur kurze Zeit auf der Pflanze, besonders in der Hitze und Trockenhei­t der hiesigen Sommer (Quelle: Vortrag der Uni Alicante).

Zusammenfa­ssend kann aus meiner Sicht gesagt werden: Die Palmrüssle­r-Prophylaxe klappt auch gut ohne die chemische Keule. Beauveria bassiana stellt einen zuverlässi­gen Schutz dar. Bei akutem Befall kommt man aber ohne chemische Behandlung nicht klar.

Hier noch zwei wichtige Tipps: Die Phönixpalm­en immer nur im Winter und bei kalter Witterung schneiden. Dann fliegen die Käfer nicht. Der Geruch der Schnittwun­den zieht sie nämlich magisch an.

Egal bei welcher Methode, regelmäßig­e Kontrollen auf Frühsympto­me ermögliche­n schnelle Hilfe für die Palme. Bild 1 zeigt einen typischen dreieckige­n Fraßschade­n.

Dr. Richard Weidlich Calp

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Bild 3: Vollständi­g erholte Palme.
 ??  ?? Bild 2: Zeichen fortgeschr­ittenen Befalls.
Bild 2: Zeichen fortgeschr­ittenen Befalls.
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Fotos: Richard Weidlich Bild 1: Typischer dreieckige­r Fraßschade­n.

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