Fasten und Festen
Am Ende des Fastentags serviert die Islamische Gemeinde in Teulada-Moraira 1.001 Köstlichkeit
Gläubige Muslime auf der ganzen Welt feiern zurzeit den Fastenmonat Ramadan. Wenn nach dem Einbruch der Dunkelheit wieder gegessen und getrunken werden darf, wird dies mit einem Festmahl gefeiert. Zu Gast bei der Islamischen Gemeinschaft in TeuladaMoraira.
Andächtiger arabischer Sprechgesang erfüllt den Raum. Imam Mohammed Ziate rezitiert aus dem Koran. Gut hundert Muslime, mehrheitlich Marokkaner in traditionellen Gewändern, haben auf den Teppichen in der Moschee von TeuladaMoraira Platz genommen und lauschen dem Vortrag gebannt.
Noch bis zum 5. Juli ist Ramadan, der muslimische Fastenmonat, eine der fünf Säulen des Islam. Für gläubige Muslime gehört er neben der Wallfahrt zu der wichtigsten Zeit im islamischen Jahreskreis. Von Sonnenauf- bis bis Untergang darf weder gegessen noch getrunken werden. Auch Genüsse wie Zigaretten, Kaugummi oder Sex sind Tabu. Süße Energiebomben Die Fastenpflicht beginnt mit der Pubertät, Entschuldigungsgründe sind zum Beispiel Krankheit, Schwangerschaft oder Reise. Zwar gibt es Muslime die den Ramadan nicht so streng, sonder einfach als Zeit der Mäßigung sehen. Doch laut Hassan El Kennaki, Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaft von Teulada-Moraira, gilt beim Ramadan grundsätzlich: „Ganz oder gar nicht.“Es sei zwar nicht immer leicht, mit leerem Magen zu Arbeiten, meint El Kennaki. „Aber wir haben uns daran gewöhnt, und viele Chefs zeigen sich verständnisvoll“, sagt der Spanier mit marokkani- schen Wurzeln. „Da der Ramadan der heiligste Monat ist, sind unsere Seelen erfüllt, und wir sind freundlicher“, meint El Kennaki. Einige bekämen insbesondere wegen dem Tabak-Entzug aber auch schlechte Laune, gibt er lachend zu.
Haben die Muslime die perfekte Diät entwickelt? „Ich habe hier letztes Jahr im Ramadan wohl etwa zehn Kilo zugenommen“, erzählt Scheich Abu Adam, der in Deutschland lebt und in Moraira ein Ferienhaus hat, lachend. Schuld sind, so zeigt sich bald, die enorme Gastfreundschaft und die vorzüglichen Kochkünste der Marokkaner.
Denn um 21.18 Uhr, zum Abendgebet, erfolgt das Fastenbrechen. Als erste Stärkung werden Datteln und Milch serviert. Davon hatte sich Prophet Mohammed in der Wüste ernährt, außerdem sind die süßen Früchte wahre Energiebomben und helfen, den Zuckerspiegel wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Doch danach erwartet die geduldigen Gläubigen ein wahres Festmahl, das Hanane Ait Lhassane und Nawal Kasraoui, die Frauen von Hassan El Kennaki und Imam Ziate, zubereitet haben. Aufgetischt werden Hühnersuppe, Salate, eine große Auswahl an Teigtaschen, Fladenbrot und im TajineTopf serviertes Lammfleisch. Danach gibt es Früchte und Kuchen sowie Pfefferminztee.
Gäste herzlich willkommen
Nach einer Verdauungspause, die auch bitter nötig ist, hält Scheich Abu Adam aus Leipzig einen Vortrag. Aktuelle Themen und konkrete Probleme werden angesprochen. Eine Handvoll Kinder springt schreiend herum und spielt Verstecken zwischen den Gläubi- gen. Niemand scheint sich an ihnen zu stören. Immer wieder wird gelacht. Es herrscht eine überraschend ungezwungene Stimmung.
Neben spirituellen habe ein Imam auch weltliche Aufgaben, erzählt Hassan El Kennaki. „Zum Beispiel hilft er den Leuten, sich zu integrieren.“Der Vositzende der Islamischen Gemeinschaft nutzt die Gunst der Stunde, um den prominenten Besuch aus Deutschland um Rat zu bitten. Wiederholt hätten Leute auf den Teppichen geschlafen. „Sag ihnen, die Moschee ist kein Hotel“, rät der Scheich.
Der bekannte Imam betont aber, dass jeder in der Moschee willkommen sei, auch Andersgläubige. Schließlich habe der Prophet zu Toleranz gegenüber anderen Religionen aufgerufen. „Unsere Türen stehen allen offen“, sagt der redegewandte Prediger mit palästinensischen Wurzeln. „Kommt und redet mit uns, kritisiert uns!“, lautet seine Einladung.